Bad Mergentheim, Schauplatz eines Mordes? Was kann denn nur in der Kurstadt vorgefallen sein, dass es soweit gekommen ist? Doch keine Sorge. Der Mord ist nicht wirklich passiert. Es handelt sich um einen Kriminalroman.
Alles, was man für einen Krimi braucht, ist ein guter Anfang und ein Telefonbuch, damit die Namen stimmen.“ Diesen Satz des belgischen Schriftstellers Georges Simenon hat Uwe-Reiner Röber nicht nur auf Seite fünf seines aktuellen Kriminalromans abdrucken lassen. Er ist auch quasi das persönliche Mantra des Autors. Denn dieser Satz steht sinnbildlich dafür, wie Röber zum Schreiben gekommen ist – nämlich wie die Jungfrau zum Kinde. Soll heißen: Der 60-Jährige hatte bis zum Jahr 2011 keinerlei Berührungspunkte mit diesem Metier, nicht einmal hobbymäßig – außer natürlich, dass er schon immer gerne gelesen hat, vor allem Krimis.
Selbstläufer
Doch selbst etwas zu verfassen, das hatte der Tauberbischofsheimer nie ausprobiert. Das änderte sich nach einem Schlaganfall, den er erlitten hatte. Damals legte seine Frau Block und Stift vor ihn hin. „Ich sollte es einfach mal probieren, hatte sie zu mir gesagt. Auch, um einfach das Schreiben an sich zu üben“, erzählt der gebürtige Würzburger ganz offen bei einer Tasse Kaffee. Also tat er es. Was dabei herauskam, war ein Kriminalroman mit dem Titel „Tot auf dem Schlossplatz“, der in Tauberbischofsheim spielt und für den Röber vier Monate gebraucht hat. „Ich habe das Manuskript einem Nachbarn zum Lesen gegeben und der fand es gut“, erinnert sich der Autor. Schließlich habe er sein Werk an fünf Verlage geschickt – drei davon hatten Interesse. Entschieden habe er sich für den Triga-Verlag aus dem hessischen Gelnhausen, der seither seine Bücher herausgibt.
Das Schreiben wurde für Röber zum Selbstläufer, ein Krimi jagte den nächsten. Insgesamt sieben hat er bereits veröffentlicht, der achte steht in den Startlöchern. „Nichts ist besser, als wenn man selbst schreibt“, ist der Vater eines Sohnes überzeugt. Dabei setzt er bewusst auf Regionalität – schließlich kennt Röber die Städte Tauberbischofsheim, Bad Mergentheim und Würzburg wie seine Westentasche.
Verstörender Fund
Bad Mergentheim ist auch der Schauplatz seines aktuellen Romans mit dem Titel „Mord im Kurpark“. Auf die Tauberstadt kam der technische Angestellte bei der Bundeswehr durch seinen dortigen Kuraufenthalt. „Eines Tages stand ich auf dem Balkon meines Zimmers und entdeckte im Park ein Paar schwarzer Schuhe neben einer Bank“, berichtet Röber. So beginnt im Prinzip auch sein neuester Krimi: Der ehemalige Oberkriminalrat Herbert Brandner befindet sich gerade in Bad Mergentheim in Kur, als er eines Morgens beim Fitnesstraining auf seinem Balkon im gegenüberliegenden Park etwas Merkwürdiges bemerkt. Neben einer Holzbank am Wegesrand steht ein Paar schwarzer Herrenschuhe, fein säuberlich ausgerichtet. Zunächst denkt sich Brandner nichts weiter dabei.
Doch später, als er in den Park geht, um die Schuhe genauer zu begutachten, macht er einen noch viel verstörenderen Fund. In einem Baum nahe der Parkbank hängt die Leiche eines Mannes. Zwar wird die örtliche Polizei verständigt, doch der Ex-Kriminalrat kann einfach nicht aus seiner Haut und ermittelt auf eigene Faust. Es beginnt ein Rätselraten um die Identität des Opfers, hinter dessen Ableben Brandner Mord vermutet. Und was hat eigentlich eine Fürstenhochzeit aus dem Jahr 1924 mit dem Fall zu tun?
Des Mittels der zwei Erzählebenen bedient sich Röber gerne. Auch seine anderen Kriminalromane hat er in ähnlicher Manier verfasst. Obwohl der Rentner in spe keinerlei kriminologische oder pathologische Fachkenntnisse besitzt, wirkt sein Kurpark-Fall überhaupt nicht konstruiert. Er sei lediglich einmal in der Rechtsmedizin einer Uniklinik gewesen und hat sich ein Bild davon gemacht, wie es dort aussieht und zugeht. Alle anderen Informationen, die er für seine Bücher benötigt, recherchiert der Autor selbst im Internet oder liest eben Polizeiberichte in der Zeitung. „Das ist doch alles logisch“, antwortet er auf die Frage, ob es nicht schwierig sei, die Kriminalfiktion realistisch anmuten zu lassen. Doch der studierte Ingenieur ergänzt: „Für die Authentizität braucht es natürlich Lebenserfahrung.“
Olga Lechmann