Das Schiff, das Wissen schafft

Die Heilbronner Experimenta befindet sich derzeit im Umbau. Damit das Bildungsangebot aber weitergeht, wurde die Wissens- und Erlebniswelt auf ein Schiff ausgelagert. Seit Januar können die Besucher an Deck kommen und die Wissenschaft erleben.

 

Ein Schiff ist schon etwas Faszinierendes. Dass ein Gefährt mit solchen Maßen und einer solch schweren Last auf dem Wasser gleiten kann, ist ein Wunder der Technik. Ja, die Schifffahrt ist eine Wissenschaft für sich. In der Heilbronner Badstraße liegt direkt am Neckar allerdings ein Frachter, der dem Ganzen noch eine Dimension draufsetzt. Es ist ein Schiff, in welchem Labore und Werkstätten enthalten sind. Also ein Schiff, das Wissen schafft.

Und diese schwimmende Laborwelt ist eine Außenstelle des Science-Centers Experimenta in Heilbronn mit dem Namen „MS Experimenta“. Derzeit befindet sich die Wissens- und Erlebniswelt im Umbau, um Deutschlands größtes Wissenschaftszentrum zu werden. „Die Eröffnung ist für März 2019 geplant“, berichtet Robert Schwan, Marketingleiter der Experimenta. Seit Juli 2017 ist das Gebäude aufgrund der Baumaßnahmen geschlossen. Um das Bildungsangebot – vor allem für Schulklassen – weiter zu ermöglichen, haben die Verantwortlichen eine Übergangslösung gesucht. Andere Räumlichkeiten seien im Gespräch gewesen.

Letztlich habe Schwan die Idee für einen Schiffumbau gehabt. „Das ist etwas Ausgefallenes. Ein Schiff steht für Naturwissenschaft und Technik zugleich“, erzählt der Projektschöpfer. Bereits im Jahr 2016 haben sich der 50-Jährige und sein Team auf die Suche nach einem Frachter gemacht und sind in Belgien fündig geworden. Das ehemalige Motortankschiff wurde in einer holländischen Werft in nur zehn Monaten zum Labordampfer umgebaut. Ende 2017 lief es dann in Heilbronn ein. Seit Jahresbeginn ist es für die Besucher geöffnet.

Stationen und Labore

Und da liegt es nun in ruhiger Wasserlage auf dem Neckar. 105 Meter lang und fast 1000 Tonnen schwer ist die MS Experimenta. Auf dem Deck erinnert noch vieles an die klassische Funktion. Einzig die rutschfesten Spezialböden und die Geländerhöhe lassen erahnen, dass auf dem Boot etwas Besonderes vor sich geht und gleichzeitig Wert auf Sicherheit gelegt wird. Beim Gang in das Innenleben ist es dann aber vorbei mit der Schifffahrt. Luftig gestaltet und durch die Fenster mit Tageslicht gefüllt ist der 600 Quadratmeter große Bauch des Frachters. „Es ist wie ein Gebäude. Wir haben hier auch Fußbodenheizung und eine Klimaanlage“, erzählt Schwan. Rechts und links des Eingangsbereichs können die kleinen Tüftler direkt loslegen.

Hier gibt es die von der Experimenta bekannten Talentschmieden und Mitmachstationen. An den runden Tischen der Klangschmiede können die Forscher eine Rassel herstellen. In der Autoschmiede sind die kommenden Ingenieure gefragt. In diesem Bereich können die Schrauber von morgen ein kleines Fahrzeug aus Kunststoff bauen – und das von Grund auf: Sägen, Fräsen und Verschrauben der Teile gehören hier zum Programm. „Am Ende können die Kinder ihre Teile mit nach Hause nehmen“, sagt der Projektleiter.

Der offene Bereich, der zusätzlich für Workshop-Angebote genutzt wird, ist für die Entdecker und ihre Eltern sonntags und in den Ferien geöffnet. Ansonsten ist der Betrieb der schwimmende Außenstelle der Experimenta nur für Schulklassen bestimmt. Für diese gibt es in zwei Laboratorien spezielle Kurse für Kinder „vom Vorschulalter bis zur Oberstufe“.

Roboterkurs

Gerade sind Schüler einer sechsten Klasse im Labor der Sekundarstufe am Werk. Sie bauen und programmieren heute ihren eigenen Lego-Roboter. Wuselig wie in einem Bienenstock geht es in der Werkstatt zu. In der einen Ecke bringen die ersten gerade den fehlenden Arm am Roboter an, der schon fast einsatzbereit vor ihnen steht. In der anderen Ecke sitzen die Nachwuchsforscher vor Laptops. Sie klicken wild mit der Maus und tippen hektisch auf die Tastatur ein. Mithilfe einer Software können sie die Menschenmaschine auch selbst programmieren. Mit einem Funkeln in den Augen zeigt ein kleiner Junge auf dem vorderen Tisch sein fertiges Ergebnis. Langsam, aber sicher, steuert er seinen Roboter bereits alleine durch ein Labyrinth. Die Freude über diesen Erfolg ist ihm anzusehen.

Die Begeisterung der Teilnehmer liegt in der Luft. So kommt das Angebot auch bei anderen Besuchern an. „Die Resonanz ist umwerfend“, schwärmt der Ideengeber. Die Laborkurse seien bis in den Sommer ausgebucht. Auch das allgemeine Feedback der Gäste sei durchweg positiv. Wie geht es mit dem Erfolgsmodell nach der Wiedereröffnung des Science-Centers weiter? „Das Schiff wird die Experimenta mit wechselnden Angeboten auf der Buga 2019 repräsentieren“, erklärt der Marketingleiter. Danach geht der Wissens-Frachter als Werbeträger der Einrichtung auf Deutschlandtour.

Alexander Liedtke