Datenschutz als Chance begreifen

Die Datenschutz-Grundverordnung hat laut einer Umfrage von Bitkom Research noch keine europaweit einheitlichen Regeln hervorgebracht. Foto: Adobe Stock/WrightStudio
Die Datenschutz-Grundverordnung hat laut einer Umfrage von Bitkom Research noch keine europaweit einheitlichen Regeln hervorgebracht. Foto: Adobe Stock/WrightStudio

Seit fünf Jahren gilt die Datenschutz-Grundverordnung in der EU. Nationale und regionale Interpretationen sorgen laut einer Umfrage von Bitkom Research jedoch für Unsicherheiten.

Die europäische Datenschutz-Grundverordnung hemmt laut Digitalverband Bitkom in großen Teilen der deutschen Wirtschaft Innovationen. Zudem werde sie als Hindernis für Wachstum und Wohlstand in der digitalen Welt wahrgenommen. Sechs von zehn Unternehmen zögerten bei der Datennutzung, weil sie Angst hätten, gegen den Datenschutz zu verstoßen.

Fast ebenso viele Unternehmen hätten schon einmal Pläne für Innovationen aufgrund von datenschutzrechtlichen Vorgaben oder Unsicherheiten gestoppt. Dabei gab in der aktuellen Umfrage von Bitkom Research jedes fünfte Unternehmen an, dass dies schon häufig der Fall war. Bei 24 Prozent der Befragten kam dies mehrfach, bei 14 Prozent bislang einmal vor.

Europaweit werden einheitliche, verständliche und praxistaugliche Datenschutz-Regeln benötigt

Die Verordnung gilt seit dem 25. Mai 2018. Grundlage der Zahlen ist eine repräsentative Umfrage unter 602 Unternehmen ab 20 Beschäftigten aus allen Branchen. „Ein einheitliches Datenschutzrecht für die ganze EU war und ist ein großartiges Projekt für die Bürgerinnen und Bürger ebenso wie für die EU als Wirtschaftsraum“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. Nach fünf Jahren Datenschutz-Grundverordnung müsse man allerdings festhalten, dass die DS-GVO ihr Versprechen nicht eingelöst habe, für europaweit einheitliche, verständliche und praxistaugliche Datenschutz-Regeln zu sorgen.

Stattdessen führe die von jeder nationalen und regionalen Aufsicht eigenständige Interpretation der Regeln zu Rechtsunsicherheit. Viele Unternehmen verzichteten deshalb auf die Entwicklung neuer Technologien und Dienste – oder verlagerten ihre Projekte ins Ausland. Das zeige sich nicht zuletzt an Verboten für innovative Technologien wie ChatGPT in einzelnen EU-Mitgliedstaaten, die für massive Verunsicherung sorgten, so Berg.

Über die Hälfte der Unternehmen glaubten, dass Deutschland Chancen für Wachstum und Wohlstand verschenke, weil zu oft auf Datennutzung verzichtet werde. In der Umfrage hätten 63 Prozent der befragten Unternehmen angegeben, dass durch strenge Regeln innovative datengetriebene Geschäftsmodelle in Deutschland erstickt oder aus dem Land vertrieben würden. „Datenschutz ist in unserer digitalen Welt extrem wichtig. Aktuell erleben wir aber eine lähmende Angst vor Fehlern und eine einseitige Abwägung zwischen Datenschutz und Mehrwerten der Datennutzung“, so Berg.

Spielräume in der DS-GVO werden in Deutschland kaum genutzt

Das gelte für länderübergreifende Kooperationsprojekte und medizinische Forschung, Digitalisierung des Gesundheitswesens oder der Verwaltung. Insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen fehle es zudem an praxistauglichen Hilfestellungen, um in der Datenökonomie innovative Geschäftsideen umsetzen und wachsen zu können. „Die vorhandenen Spielräume der DS-GVO werden in Deutschland kaum genutzt. Wir müssen Datenverarbeitungen als Chance verstehen, nicht immer nur als Risiko“, sagt Berg. Mache man fünf Jahre so weiter wie zuletzt, schwäche man die eigene Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit.

Konkret fordert Bitkom, die Datenschutz-Aufsicht stärker zu vereinheitlichen. Aktuell gebe es in Deutschland 18 unabhängige Datenschutz-Aufsichten. Zudem müsse sich der Datenschutz stärker an realen Gefahren als an theoretischen Risiken orientieren. Das sollte insbesondere auch bei den derzeit laufenden Diskussionen zum deutschen Beschäftigtendatenschutz gelten. Die Aufsichtsbehörden sollten aus Bitkom-Sicht darüber hinaus verpflichtet werden, nicht nur Verbote oder gar pauschale Produktwarnungen auszusprechen und Bußgelder zu verhängen, sondern auch bei datenschutzkonformer Umsetzung zu unterstützen.

red.