In Deutschland werden die Freiwilligen immer knapper. Vielen Vereinen geht es deswegen an den Kragen. Und so wäre es auch beinahe der C-Juniorinnen-Fußballmannschaft in Neuenstein ergangen – hätte sich Julian Minke nicht bereit erklärt zu helfen.
Im Jahr 2016 wurden in Deutschland rund 90.000 Sportvereine gezählt, in Baden-Württemberg etwa 11.400. Der größte Sportverband ist der Deutsche Fußball-Bund mit rund sieben Millionen Mitgliedern. Kein Wunder, dass laut der Umfrage „Fanmonitor 2017“ des Medienunternehmens Goldmedia Fußball als beliebteste Sportart bei den Deutschen gilt. Jedoch macht die Problematik des fehlenden Nachwuchses und der nicht vorhandenen Verantwortlichen auch vor dieser Sportart nicht halt.
Beinahe hätte dieses Schicksal auch die C-Juniorinnen der Fußballmannschaft SGM Neuenstein/Kupferzell getroffen. Da die Damen des TSV Neuenstein in der Spielklasse der Verbandsliga spielen, hat der Verein die Verpflichtung, zumindest eine Mannschaft im Bereich der Juniorinnen zu stellen. Das Management setzte alles daran, ausreichend Spielerinnen und Trainerpersonal für eine Anmeldung der Mannschaft in den Spielbetrieb zu bekommen. Eine Gruppe junger Mädels im Alter zwischen zwölf und 14 Jahren fand sich schnell zusammen, jedoch niemand für das Traineramt. Über den Bekanntenkreis erfuhr Julian Minke von der zu besetzenden Trainerstelle und zeigte Interesse.
Er selbst hatte bereits fünf Jahre Erfahrung als Trainer einer Handballmannschaft gesammelt. Aufgrund der Differenzen beider Sportarten war er zu Beginn jedoch skeptisch, ob er für das Amt geeignet sei. „Wenn ihr sonst niemanden findet, dann machen wir das“, so sagten Minke und ein guter Freund, Jochen Brandt, dem Management unter Vorbehalt zu, das Traineramt zu übernehmen. Was eigentlich zu erwarten war, trat dann auch prompt ein: „Die Suche wurde inoffiziell eingestellt“, erzählt der 26-Jährige. Komplett ehrenamtlich betreuen die beiden nun seit August die Spielerinnen. Zweimal wöchentlich trifft sich die Mannschaft zum Training, um sich auf Spiele vorzubereiten. Zeitlich ist das für den Trainer jedoch oft eine Herausforderung. Durch seinen Beruf arbeitet er im Schichtbetrieb und zudem samstags. „Eine genaue Absprache und gute Planung sind hier wichtig“, betont er. Doch das habe bis jetzt „immer gut hingehauen“.
Obwohl beide Trainer bisher keine Erfahrung im Bereich des Fußballtrainings hatten, sind sie sich sicher: „Wenn man es wirklich will, dann geht das.“ Da die Mannschaften in der Liga der C-Juniorinnen mit nur jeweils sieben Spielerinnen gemeldet sind, gibt es in Sachen Nachwuchs auch keine Schwierigkeiten. Wären es – wie normalerweise – elf Spielerinnen, hätte der Verein deutlich größere Probleme, genügend Spielerinnen zu finden.
Als junger Mann eine Mannschaft voll pubertärer Teenagerinnen zu übernehmen, „das ist nicht ganz so einfach“, so Minke. Lachend fügt er hinzu: „Es ist manchmal schon anstrengend, den bunten Haufen der jungen Damen bei Leistung und Laune zu halten.“
Weitere Unterstützung würden sich die beiden Trainer vom Verein allgemein wünschen. Beispielsweise mangele es an Trainerschulungen. Auch die Eltern der Fußballmädels könnten mehr unterstützen. „Sie sind nicht mehr so engagiert mit dabei. Ich denke, die Kinder und Eltern sind heute anders belastet“, versucht der 26-Jährige eine Erklärung hierfür zu finden. Zudem spricht Minke die Problematik des Handlings von Spielerinnen mit Migrationshintergrund an. Oftmals sei es ein komplexer Prozess, bis die Erlaubnis zum Spielen vorhanden sei. Ohne Pass wäre es überhaupt nicht möglich, am Spiel teilzunehmen. „Das ist schade.“ Der junge Trainer würde sich hierfür eine deutliche Vereinfachung des Prozesses wünschen.
Insgesamt ist er jedoch über sein Amt sehr positiv gestimmt und wird mit dem Trainieren auch weitermachen, „solange es die Mannschaft gibt und mir die Sache Spaß macht“.
Alexander Liedtke