„Der Wettbewerb ist hart“

Die Heilbronner Versorgungs GmbH, kurz HVG, vertreibt in einem Gebiet, das 300.000 Einwohner in vier Landkreisen umfasst, Erdgas. Das Leitungsnetz der HVG ist rund 800 Kilometer lang. Geschäftsführer Ataman Turanli erklärt im Interview, warum das Geschäft mit Gas schwieriger geworden ist.

Herr Turanli, Sie sind seit 2002 Geschäftsführer der HVG. Wie hat sich das Geschäft seitdem verändert?

Turanli: Die Entwicklung war enorm. Ich bin insgesamt seit 36 Jahren in diesem Unternehmen tätig. Die Situation hat sich vor allem seit der Liberalisierung der Energiemärkte verändert. Früher waren wir das einzige Versorgungsunternehmen in unserem Gebiet. Die HVG, beziehungsweise früher die Stadtwerke, hatte die alleinigen Rechte, in diesem Gebiet Gas zu verteilen. Seit der Liberalisierung ist der Markt völlig überfüllt. Dadurch kommen große Probleme auf die Versorgungsunternehmen zu.

Wie kämpfen Sie dagegen an?

Turanli: Um dem entgegenzuwirken, müssen sich die Unternehmen verschlanken und Kosten einsparen. Das ist eine große Anstrengung. Außerdem müssen Energieversorger neue Geschäftsfelder erschließen und dringend versuchen, durch Kooperationen mit anderen Unternehmen Synergien zu nutzen, um Kosten zu sparen. Das haben wir auch schon getan und werden es künftig weitermachen.

Wenn Sie davon sprechen, das Unternehmen zu verschlanken: Mussten auch schon Mitarbeiter gehen?

Turanli: Nein, wir haben keine Leute entlassen. Durch die Erschließung neuer Geschäftsfelder konnten Mitarbeiter anders eingesetzt werden. Wir sind mittlerweile mit den Betriebsführungen in den Sparten Gas-, Wasser- und Wärmeversorgung sowie in der Abwasserbeseitigung tätig. Seit 2005 haben wir die technische Betriebsführung der Abwasserbeseitigung der Stadt Heilbronn übernommen. In dem Zusammenhang haben wir in den letzten Jahren weitere Betriebsführungsverträge mit einigen Gemeinden abgeschlossen. Im Moment sind wir in mehr als 40 Städten und Gemeinden mit Betriebsführungen und Ingenieurdienstleistungen
beauftragt. Durch solche Maßnahmen gelingt es uns, die Effizienz im Betrieb zu steigern und das Personal optimal auszulasten.

Wie lassen sich Synergien nutzen?

Turanli: Die HVG wurde im Jahr 2002 von den damaligen Stadtwerken Heilbronn ausgegliedert. An der HVG ist die Stadt Heilbronn mit 74,9 Prozent und die EnBW mit 25,1 Prozent beteiligt. Man hat bei der Gründung mit der EnBW eine Vereinbarung getroffen, dass man durch eine enge Zusammenarbeit mit der Zeag Energie AG und der EnBW Synergien nutzt und das ist uns in den letzten 14 Jahren auch gelungen. Dadurch konnten wir – trotz des harten Wettbewerbs – sogar unser Ergebnis verbessern. Jetzt haben wir einen Stand erreicht, den es zu halten gilt.

Was planen Sie für die Zukunft?

Turanli: Wir stellen uns eine noch engere Zusammenarbeit mit der Zeag Energie AG vor. Einige Projekte laufen jetzt aktuell, weitere sollen folgen. Wir würden die Zusammenarbeit gerne intensivieren.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der HVG?

Turanli: Meine Idealvorstellung wäre, dass es der HVG auch in Zukunft sehr gut geht, dass unsere Mitarbeiter sichere Arbeitsplätze haben, dass die HVG die Gas- und Wärmeversorgung in der Stadt und in unserer Region zur Zufriedenheit unserer Kunden sicherstellen kann. Dass die HVG nach wie vor so erfolgreich ist wie bisher. Ansonsten wünsche ich mir klarere Vorgaben des Gesetzgebers, was die Investitionssicherheit anbelangt. Damit die Energieversorger gut kalkulieren können – auf der Grundlage einer klaren Vorgabe.

Bei so vielen Wettbewerbern auf dem Markt: Wie groß ist der Preiskampf?

Turanli: Wenn man als Versorgungsunternehmen die Kundenverluste verlangsamen möchte, dann muss es große Zugeständnisse bei den Margen machen. Diese sind schon jetzt gering. Dadurch wird das Betriebsergebnis stark beeinträchtigt. Der Konkurrenzkampf ist brutal – bei rund 150 Mitbewerbern. Wir als Grundversorger dürfen nicht an der Börse spekulieren, andere schon. Wir müssen unsere Einkäufe langfristig planen. Wenn wir kurzfristig reagieren würden und größere Mengen kaufen, besteht das Risiko, dass wir große Verluste machen. Aber bei so vielen Wettbewerbern gibt es auch solche, die sich spekulativ verhalten. Wenn sie riskieren und günstig einkaufen – können wir mit deren Preisen nicht mithalten. Die Wettbewerbssituation wird die größte Herausforderung der Zukunft sein. Dazu kommt die Energiewende. Wie sind sie denn bei dem Thema Klimaschutz aufgestellt?Turanli: In den letzten drei Jahren wurde das Fernwärmenetz mit einem Investitionsvolumen von 20 Millionen Euro modernisiert und von Dampf auf umweltfreundliches Heizwasser umgestellt. Außerdem haben wir ein großes Blockheizkraftwerk, das mit Biogas betrieben wird, gebaut – und noch weitere kleinere. In der Stadt Heilbronn verteilen wir grüne Wärme mit Primärenergiefaktor Null. Des Weiteren gibt es eine Gasentspannungsanlage auf unserem Gelände. Durch Ausnutzung der hohen Druckunterschiede in den Gasleitungen erzeugen wir im Jahr 1,2 bis 1,5 Millionen Kilowattstunden Strom. Das ist sehr umweltfreundlich. Außerdem haben wir noch Solarkollektoren und Photovoltaikanlagen. Damit tragen wir unseren Teil zum Umweltschutz bei. Wir nehmen unsere Verantwortung da sehr ernst.

Interview: Anja Gladisch