Die Entwicklung der Verpackungsindustrie

Beim Makeathon entwickeln Studenten Lösungsansätze für digitale und nachhaltige Prozesse in der Verpackungsindustrie. Fotos: Packaging Valley Germany e.V.

Es geht weg vom Silodenken, sagt Sabine Gauger vom Packaging Valley e.V. Das Cluster sieht sie dabei als Sprachrohr für die Verpackungsindustrie. Im Interview erklärt die Vorstandsvorsitzende, wie sich die Branche entwickeln wird.

Welche Auswirkungen hat der steigende Bedarf an umweltfreundlichen Verpackungslösungen auf die Branche?

Sabine Gauger: Die Auswirkungen sind vielschichtig. Da unsere Mitgliedsunternehmen im Sondermaschinenbau gewohnt sind, sich ständig „neu zu erfinden“, sehen wir es als große Chance am Markt. Durch intensiven Austausch mit den Kunden und Forschungseinrichtungen entstehen aktuell nachhaltige neue Lösungen. Sei es in Form von Handling neuer Packmittel, dadurch veränderten Maschinentechnologien und innovativen Consumer Produkten, die viel umweltfreundlicher sind als Bisherige.

Wie gehen Unternehmen mit der steigenden Nachfrage nach biologisch abbaubaren Verpackungen um?

Gauger: Zunächst müssen wir unterscheiden zwischen dem B2B und B2C Markt. Unsere Kunden sind die Hersteller der Produkte, die wiederum abhängig sind von Konsumentenentscheidungen. Ende März kam dies beim Deutschen Verpackungskongress in Berlin auch zur Sprache. In den Vorträgen der Markenartikler L’Oreal und Beiersdorf wurde klar dargestellt, wie wichtig es ist, die Konsumenten in ihren Entscheidungen zu unterstützen und transparent die Nachhaltigkeitsbilanz der Produkte darzustellen. Nicht alles, was nachhaltig aussieht, ist es auch und umgekehrt.

Wie können Unternehmen in der Verpackungsbranche ihre Produktion flexibler gestalten, um schneller auf veränderte Marktbedingungen zu reagieren?

Gauger: Das liegt schon immer in unserer DNA und wird durch die weitere Digitalisierung und den stets sehr engen Austausch mit den Kunden gewährleistet.

Der Druck auf eine transparente Lieferkette steigt. Wie gehen Unternehmen in der Verpackungsbranche damit um?

Gauger: Auch bei diesem Thema können unsere Mitglieder im Netzwerk durch Austausch schnell weiterkommen. Unternehmen, wie z. B. Optima, sind seit Jahren diesbezüglich sehr gut aufgestellt und hatten bei einer Präsenzveranstaltung dem Packaging Valley Einblicke in das Materials-Management gewährt. Das sogenannte „Survival Kit“ erläuterte uns Heiko Funk, Geschäftsführer Optima Materials Management: Es geht darum die Beschaffungsanstrengungen und Bestände zu erhöhen, nahe an den Lieferanten dran zu sein, auf Beziehungen und Partnerschaften zu setzen und um die Abwägung Verfügbarkeit vor Preis. Zudem ist es wichtig Transparenz für die Priorisierung von Projekten und Kunden zu schaffen, Alternativen zu prüfen und um weniger Vielfalt.

Wie wird denn die Verpackungsbranche Ihrer Meinung nach in Zukunft aussehen?

Gauger: Interessante Frage. Es gibt verschiedene Szenarien, die durchdacht werden. Die höhere Flexibilität der Anlagen gehört ebenso dazu wie die dafür erforderliche Digitalisierung beim Betrieb der Anlagen. Software und Datensicherheit spielen eine immer größere Rolle. Neue Finanzierungssysteme, wie zum Beispiel die Abrechnung nach Verpackungseinheiten mittels „Pay per Use“, sind ebenfalls ein Thema, was zu neuen Geschäftsmodellen führt. Eine der größten Herausforderung ist die Ausbildung und das Recruiting von Fachkräften.

Welche Rolle spielen hier auch intelligente Verpackungen?

Gauger: Schwer zu sagen. Bisher konnte sich noch kein verfügbares System so richtig durchsetzen. Theoretisch könnten wir schon heute zum Beispiel mittels RFID Chip und Ähnliches die Kühlketten verfolgen. Intelligent wäre meiner Meinung nach ein Mehrwegsystem, das auch über Ländergrenzen hinweg funktioniert. Auch global einheitliche Recyclingmöglichkeiten wären ein Meilenstein.

Und welche weiteren Innovationen gibt es?

Gauger: Diese beginnen schon bei der Konzeption neuer Anlagen. Durch die Digitalisierung sind wir schneller und genauer in der Planungsphase und Prozesse optimieren sich. Ist die Anlage in Betrieb, können über die Digitalisierung im Service Ressourcen eingespart, und die Produktion nachhaltiger gestaltet werden.

Inwiefern hilft das Cluster dabei, Innovationen bei den Unternehmen voranzutreiben?

Gauger: Der Austausch untereinander hilft, bei vielen Themen weiterzukommen. Wir setzen Themen wie Virtual und Augmented Reality, Künstliche Intelligenz und Robotik auf die Tagesordnung und geben Impulse in das Netzwerk. Als Packaging Valley sind wir dabei eine Kampagne zum Employer-Branding der Verpackungsmaschinenbranche zu entwickeln, die langfristig ausgerichtet sein wird. Damit unterstützen wir die Mitgliedsunternehmen bei der Gewinnung von Fachkräften und begeistern den Nachwuchs für unsere Branche.

Wieso ist darüber hinaus der Beitritt in ein Cluster wie das Packaging Valley für Unternehmen sinnvoll?

Gauger: Die Entwicklung geht weg vom Silodenken – die Zukunft liegt in vernetztem Denken und damit in Netzwerken. Das Packaging Valley und die deutsche Verpackungsindustrie sind mit ihrer Innovationskraft und Qualität in der Branche weltweit bekannt. Es besteht die Möglichkeit der Nutzung von Gemeinschaftsständen auf wichtigen Fachmessen. Auch online werden die Mitglieder und deren Portfolio intensiv beworben. Zudem ist das Packaging Valley ein Sprachrohr für die Verpackungsindustrie und mit vielen weiteren Institutionen und Clustern vernetzt. Dies ermöglicht unseren Mitgliedern einen intensiven Austausch, zunehmend auch mit Hochschulen und der Politik.

Gibt es konkrete Beispiele, die Sie hier nennen können?

Gauger: Spannend ist der jährlich stattfindende Makeathon, bei dem Studenten zwei Tage lang in Gruppen innovative Lösungsansätze für digitale und nachhaltige Prozesse in der Verpackungsindustrie entwickeln. Von der ersten Idee – bis hin zum Prototypen besteht die Möglichkeit, die Infrastruktur der teilnehmenden Mitgliedsunternehmen zu nutzen. Ein wichtiger Effekt ist dabei die enge Zusammenarbeit mit den Hochschulen im Bereich Fachkräfte der Zukunft. Ein weiteres Beispiel ist ein Treffen mit einem großen deutschen Pharmahersteller, der auf das Packaging Valley zugekommen ist, um sich über die Zukunft der Digitalisierung und Harmonisierung in der Produktion auszutauschen. Weitere interessante Beispiele sind auf unserer Homepage und unseren Social Media Kanälen zu finden.

Interview: Teresa Zwirner

Zur Person

Sabine Gauger ist
Vorstandsvorsitzende
beim Packaging Valley Germany e. V.