Die Entwicklung der Wirtschaftsjunioren

Wirtschaftsjunioren
Sascha Kreß (links) freut sich zusammen mit Dr. Volker Stahl, Betreuer der Masterarbeit, Götz von Waldeyer-Hartz, Förderkreis Regionalgruppe Heilbronn und Prof. Carsten Wittenberg für den Preisträger des Hochschulpreises Adrian Auer. Foto: Hochschule Heilbronn

Vor 50 Jahren wurde der Wirtschaftsjuniorenkreis Heilbronn-Franken gegründet. Wie daraus der größte und aktivste Juniorenkreis Deutschlands wurde, erklärt Sascha Kreß, Vorsitzender der Regionalgruppe Heilbronn.

50 Jahre Heilbronn-Franken, 50 Jahre Wirtschaftsjunioren. Wie hat sich im letzten halben Jahrhundert die Region verändert?

Sascha Kreß: Der Landkreis Heilbronn hat in Baden-Württemberg die höchste Zunahme an wirtschaftlichen Leistungen. Das zeigt sich in gewissen Rankings und verwundert nicht sonderlich. Immerhin sitzen viele namhafte Unternehmen hier, unter anderem Knorr, Audi oder Intersport. Ob das vor 50 Jahren auch der Fall war, weiß ich nicht, aber in den zehn Jahren, die ich hier wohne, haben sich zahlreiche Firmen hier niedergelassen oder vergrößert.

Inwiefern haben zu dieser Wirtschaftsstärke auch die Wirtschaftsjunioren ihren Teil beigetragen?

Kreß: Wir haben mit unterschiedlichen Projekten dazu beigetragen, die Region entsprechend weiterzuentwickeln. In Heilbronn beispielsweise mit dem Hochschulpreis, den es inzwischen seit 43 Jahren gibt. Hier lesen wir Wirtschaftsjunioren bis zu 25 Arbeiten und bewerten diese nach gewissen Richtlinien.

Und welche erfolgreichen Projekte sind in den letzten Jahren durchgeführt worden?

Kreß: Neben dem Hochschulpreis ist vor allem das Förderprogramm Führung erfolgreich. Zudem haben wir im Rahmen den Bundeskonferenz am 23. September den ersten Career Day an der Hochschule Heilbronn durchgeführt. Hier hatten die Studierenden die Möglichkeit, Zeiträume bei Firmen der Region zu buchen, um sich mit den Personalleitern austauschen zu können. Das ist wichtig, um vom Studentenleben einen Einstieg ins Arbeitsleben zu finden.

Was ist das Förderprogramm Führung?

Kreß: Das ist eine exklusive Weiterbildungsreihe der Wirtschaftsjunioren Heilbronn-Franken sowie des Förderkreises. Es richtet sich an angehende und junge Führungskräfte aus der Region Heilbronn- Franken.

Und warum gibt es das Programm?

Kreß: Zu einer guten Führungskraft gehört eine große Portion Empathiefähigkeit und das Vermögen, sich zu reflektieren: Wie bin ich? Wie wirke ich? Wie gehe ich mit Kollegen um? Ein Wissen, das kaum ein Buch vermitteln kann. Das Programm hat verschiedene Herangehensweisen zu bieten. Über viele Monate hinweg bietet es Workshops zur Weiterbildung und Weiterqualifikation. Bei der diesjährigen Bundeskonferenz in Heilbronn hat das Förderprogramm Führung einen Bundespreis gewonnen.

Sie sind alle Führungskräfte oder Unternehmer unter 40 Jahren. Inwiefern unterscheiden sich junge Unternehmer von der älteren Generation?

Kreß: Unternehmer beschäftigen häufig die gleichen Themen, und zwar unabhängig vom Alter. Daher haben wir im letzten Jahr ein Mentoring-Programm begonnen, um junge Menschen mit Vorständen und erfahrenen Führungskräften zusammenzubringen.

Wie genau läuft das ab?

Kreß: Ganz einfach: Eine Person gibt an, dass sie beispielsweise eine Mentorin oder einen Mentor für ein bestimmtes Problem braucht, zum Beispiel weil sie plötzlich zwanzig Personen statt zwei führen muss. In unserem Mentoren-Pool gibt es viele Personen im Förderkreis, die dann das jeweilige Wissen zu dem Thema weitertragen können.

Das heißt, dann tauscht man sich hier nur mit Mentoren aus?

Kreß: Nein, auch mit anderen Wirtschaftsjunioren besteht ein aktiver persönlicher Dialog. Beispielsweise kann ich als Konstruktionsleiter im Intranet nach anderen Konstruktionsleitern schauen, um mich mit diesen direkt zu vernetzen. Eben dieser Austausch wird bei uns auch ganz aktiv betrieben.

Thema Fachkräftemangel: Wie können gerade jüngere Arbeitnehmer motiviert werden, einem Unternehmen langfristig treu zu bleiben?

Kreß: Das ist pauschal schwierig zu beantworten. Die Firmen sind so individuell gestrickt und von ihrer Größe und Ausrichtung so verschieden, dass wir als Wirtschaftsjunioren nur Tipps geben und entsprechende Vorträge organisieren können. Die Antwort muss dann aber jeder für sich selbst finden. Was jedoch spannend sein kann, ist, dass ich durch das Netzwerk schauen kann, was Firmen machen, die beispielsweise deutlich kleiner oder größer sind als meine Firma, und welche anderen Möglichkeiten – aber auch Pflichten – sich für diese ergeben.

Welche Vorteile bietet denn unsere eher ländliche Region für Arbeitnehmer?

Kreß: Wir haben aktuell einen Arbeitnehmermarkt, aber wir haben hier in Heilbronn-Franken auch ein sehr gutes Angebot an Firmen – und gerade mit Blick auf das Thema Homeoffice ist der ländliche Raum gar nicht mehr so ausschlaggebend für viele Arbeitnehmer. Was mir beispielsweise aktuell sehr auffällt, ist, dass viele Menschen gerade aus Heilbronn raus aufs Land ziehen, weil die Immobilienpreise einfach günstiger sind. Doch das ist nur eine persönliche Einschätzung.

Wäre das für Sie auch eine Option?

Kreß: Nein, ich finde die Stadt Heilbronn hat genau die richtige Größe: Man hat alles direkt vor Ort, genießt jegliche Möglichkeiten, die eine Stadt bietet, und kann doch alles noch gut und einfach mit dem Fahrrad erreichen.

Und wo würden Sie gerne in zehn Jahren – also zum 60. Jubiläum der Wirtschaftsjunioren – stehen?

Kreß: In zehn Jahren wäre ich ja kein aktiver Wirtschaftsjunior mehr, doch ich würde dann sehr gerne im Förderkreis sitzen und mich aktiv für unsere regionale Wirtschaft einsetzen. Bei der diesjährigen Bundeskonferenz, die einmal im Jahr stattfindet und in diesem Jahr hier in Heilbronn war, haben wir beispielsweise sechs bis sieben Gruppen gebildet, die jeweils von einem Wirtschaftsjunior und einer Person aus dem Förderkreis als Teamleiter angeführt wurden. Hier habe ich mich selbst in zehn Jahren gesehen, als Person, die das 60-jährige Jubiläum mitgestaltet.

Wie sind Sie zu den Wirtschaftsjunioren gekommen?

Kreß: Kurz und knapp: Über die Arbeit. Ich bin in Weinsberg bei der Vollert Anlagenbau GmbH als Führungskraft tätig. Herr Vollert war selbst Wirtschaftsjunior und sitzt mittlerweile im Förderkreis. Er hat mich nach einem Jahr auf das Förderprogramm Führung aufmerksam gemacht, bei dem Führungskräfte eineinhalb Jahre lang begleitet werden, um sich entsprechend weiterzuentwickeln. Übrigens: Der wohl bekannteste Heilbronner, Dieter Schwarz, hat die Wirtschaftsjunioren vor 50 Jahren mitgegründet.

Interview: Teresa Zwirner

Zur Person

Sascha Kreß ist Vorsitzender der Regionalgruppe Heilbronn innerhalb der Wirtschaftsjunioren Heilbronn-Franken.