Die Region fährt wieder hoch

Die Corona-Krise hat massive Auswirkungen und wird Spuren hinterlassen. Walter Döring, Jochen K. Kübler und Steffen Hertwig sind jedoch optimistisch, dass unsere starke Wirtschaft die Krise übersteht.

Die Corona-Krise hat die Welt erschüttert – und natürlich auch die Wirtschaft. Nun ist die Region Heilbronn-Franken eine starke Wirtschaftsregion, an der diese Krise aber natürlich ebenfalls nicht spurlos vorbeigeht. In einem aber sind sich die Experten Walter Döring, Wirtschaftsminister a. D., Jochen K. Kübler, Vorsitzender der Bürgerinitiative pro Region Heilbronn-Franken e. V., sowie der Neckarsulmer Oberbürgermeister Steffen Hertwig einig: Deutschland wird diese Krise überstehen, die Region Heilbronn-Franken noch eher.

Walter Döring ist nach seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt jahrelang als Aufsichtsrat, Beirat oder Advisor für verschiedene Unternehmen tätig gewesen, gründete 2012 die Akademie deutscher Weltmarktführer. Er unterstützt grundsätzlich die Maßnahmen der Politik, ist für die Maskenpflicht sowie das Kontaktverbot. Er mahnt aber auch an, authentisch zu bleiben. „Das Schlimmste sind doch Vorgaben, die aus der Luft gegriffen sind. Warum durften Geschäfte mit einer Fläche von bis zu 800 Quadratmetern öffnen? Warum waren das nicht 720 Quadratmeter?“ Döring arbeitet derzeit viel im Homeoffice, hat Kontakt über Skype – den menschlichen Kontakt aber wird die beste Technik nicht ersetzen können, sagt er. Er geht aber davon aus, dass sich durch diese Krise die Mobilität verändern werde. „Wenn ich daran denke, dass ich früher für einen Ein-Stunden-Termin von Hall nach Berlin geflogen bin und wieder zurück, kann ich heute nur noch mit dem Kopf schütteln. Da wird ein Umdenken stattfinden, ganz sicher.“

Einig sind sich Döring, Kübler und Hertwig ebenfalls darin, dass die Maßnahmen der Politik die richtigen gewesen seien. „Man muss im Nachhinein nicht den Oberschlauen spielen“, sagt Döring. Auf die Wirtschaft in Heilbronn-Franken blickt er differenziert. Die Zulieferer in der Automobilbranche treffe die Krise brutal, einige Maschinenbauer blühten dagegen so richtig auf, weil sie nun beispielsweise Verpackungen für Desinfektionsmittel herstellen. „Von einer Firma weiß ich, dass sie bis 2021 voll ist mit Aufträgen.“

Unter der Berücksichtigung weiterer Lockerungen der Maßnahmen bleibt Döring optimistisch, dass sich die Region Heilbronn-Franken erholen werde, schneller als Deutschland insgesamt. Er gibt aber zu bedenken: „Es wird sicherlich eine Durststrecke geben, auch in unserer Region, aber wir werden da alle gemeinsam mit einem blauen Auge davonkommen. Wenn wir aber auf längere Sichtimmer noch so tief in der Krise stecken, dann wird das Auge schon eher dunkelblau sein.“

Probleme mit den Zulieferern kennt Neckarsulms Oberbürgermeister Steffen Hertwig, hat er doch einen Einblick bei Audi. „Das Unternehmen hat die Produktion auch am Standort Neckarsulm wieder aufgenommen. Probleme gibt es aber weiter zum Beispiel bei den Zulieferern, die teilweise nicht liefern können. Das wirkt sich dann auch auf die Produktion aus. Hinzu kommt die weltweit schwache Nachfrage. Hier müssen wir wirklich aufpassen, dass die Kunden wieder mehr bereit sind, in neue Autos zu investieren“, sagt Hertwig.

Die Zeit für große Einkäufe scheint derzeit auf vielen Ebenen einfach nicht gegeben. Er lässt aber auch den Blick auf die Kommunen wandern, die derzeit allesamt dasselbe Problem haben. „Die Gewerbesteuer stellt eine Herausforderung dar. Viele Unternehmen haben die Gewerbesteuervorauszahlungen auf null herabgesetzt. Es gibt große Einbrüche wie beispielsweise bei den Kitagebühren. Wir haben die Gebühren für den Monat April komplett erlassen und für den Mai nicht eingezogen. Zudem sind unsere Bäder nicht geöffnet, die Kosten laufen aber weiter. Da kommt der aktuelle Haushalt unter Druck, und wir müssen mit einem Nachtragshaushalt rechnen“, spricht Hertwig das an, was fast alle Kommunen fürchten müssen. Wenn er auch die Probleme sieht, blickt Hertwig trotzdem optimistisch in die Zukunft. „Wir haben viele starke Unternehmen vor Ort, die in der Lage sind, die Krise zu meistern. Für Deutschland insgesamt wird es sicherlich etwas schwieriger.“

Jochen K. Kübler wünscht sich mehr Transparenz: „Wichtig wäre es, einen klaren Zeitplan für Bevölkerung und Wirtschaft aufzuzeigen, wie es weitergeht. Natürlich immer unter den Aspekten der Auswirkungen auf die Fallzahlen, die Gesundheit der Menschen und die Wirtschaft ganz allgemein.“ Diesen Zeitplan wünscht sich aktuell sicher nicht nur Kübler. Die Lockerungen, die in Deutschland inzwischen entschieden wurden, dürften in einigen Branchen für ein erstes Aufatmen gesorgt haben. „Grundsätzlich ist dies wohl die bisher schwerste Wirtschaftskrise in Friedenszeiten. Sie ist weltumspannend und betrifft sowohl die Angebotsseite als auch die Nachfrage. Dazu fallen weltweit Lieferketten aus. Dies trifft unsere exportabhängige Wirtschaft auch in Heilbronn-Franken massiv. Allerdings muss man auch nach Branchen unterscheiden“, bläst Kübler ins selbe Horn wie Döring. Kübler verweist darauf, dass Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten stark aufgestellt sei, „sowohl in der Krisenbewältigung, als auch was die wirtschaftlichen Lage und die Staatsfinanzen betreffe“.

Timo Lämmerhirt