Die Firma Bürkert gehört zu den Pionieren in der Ventil-, Mess- und Steuertechnik. Das kommt nicht von ungefähr. Das Unternehmen arbeitet unerlässlich daran, sich und seine Produkte weiterzuentwickeln. Wie? Das hat uns Geschäftsführer Heribert Rohrbeck erzählt.
Was haben ein Barista und ein Medizintechniker gemeinsam? Der eine zaubert einen köstlichen Kaffee; der andere sorgt dafür, dass das Dialysegerät eines Nierenerkrankten funktioniert. Wo sollte da eine Verbindung sein? Auf den ersten Blick gibt es keine. Doch wie so oft im Leben lohnt sich auch hier ein zweiter. Zugegeben: Die Gemeinsamkeit steckt im Detail. Doch wer genauer hinsieht, findet sie: die Firma Bürkert aus Ingelfingen. Es klingt unwahrscheinlich, doch in beiden Fällen kommt ein identisches Produkt zum Einsatz: ein Wippen-Magnetventil mit Trennmembrane. Beim Barista stellt dieses Ventil sicher, dass die richtige Menge Wasser durch das Kaffeepulver geleitet wird. Ein simpler Vorgang. Im Fall des Medizintechnikers ist die Sache komplexer. Hier dient das Ventil der Sicherheit. Mittels Luftdruck wird bei der Dialyse gesteuert, wie viel Blut aus einem Menschen in das Dialysegerät zum Reinigen fließt. Im Falle eines Stromausfalls muss gewährleistet sein, dass dieser Prozess gestoppt wird und genug Blut im Patienten bleibt, damit dieser nicht verblutet. Hier kommt das Ventil zum Einsatz: Im Notfall öffnet es einen Bypass, damit der Patient mit ausreichend Blut versorgt wird und damit am Leben bleibt.
Es sind Parallelanwendungen wie diese, die sich bei Bürkert endlos finden ließen. „Wir sind in 300 bis 400 Branchen aktiv. Dabei versuchen wir, Prozesse gegenüberzustellen, die vermeintlich nichts miteinander zu tun haben. Wir wollen Querverbindungen schaffen“, betont Geschäftsführer Heribert Rohrbeck und ergänzt: „Wir sprechen weniger von Branchen als vielmehr von Segmenten.“ Häufig ließen sich verschiedene Probleme auf eine ähnliche Art lösen. „Oft liegen bei unseren Produkten verschiedene Anwendungsmöglichkeiten zugrunde“, macht der gebürtige Freiburger deutlich. Keine Frage, diese Art von Querverbindungen herzustellen, erfordert Mut und Kreativität: Mut zum Anderssein; Mut, neue Wege zu gehen; Mut, bewährte Produkte neu zu denken und weiterzuentwickeln. Es ist nahezu unmöglich, sich in allen Branchen, in denen die Produkte von Bürkert eingesetzt werden, auszukennen – dafür sind es zu viele. Irgendwann stößt man an Grenzen. Aber ebendiese gilt es zu überwinden. Und genau das versucht Bürkert täglich neu. „Bei uns ist Spinnen daher nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht“, sagt Rohrbeck lachend und ergänzt mit einer gewissen Leichtigkeit in der Stimme: „Es ist Teil unseres Erfolgsgeheimnisses.“
Mut hat sich ausgezahlt
Wer weiß, vielleicht fußt diese „Spinnerei“ bereits in den Anfängen des Unternehmens. Christian Bürkert gründet 1946 die gleichnamige Firma. Produziert werden Temperaturregler für Brutapparate, Fußwärmeplatten und Küchenherde. Mit der Zeit wird der Fokus zunehmend auf die Ventiltechnik gerichtet. „Wir waren in der weißen Ware sehr stark und haben beispielsweise Wasserventile für Waschmaschinen millionenfach produziert“, gibt der Geschäftsführer einen Rückblick. Das Geschäft entwickelt sich gut, doch man fühlt sich von der Branche abhängig – und das will man nicht. Bürkert steigt aus, möchte in der Industrie Fuß fassen, nicht an eine Branche gebunden sein, mit der sein eigener Unternehmenserfolg stehen und fallen kann. Die Erfolgsgeschichte nimmt ihren Lauf, sein Mut wird belohnt.
Heute ist das Unternehmen, das weltweit rund 2.500 Mitarbeiter beschäftigt, in vielen Segmenten marktführend. Die Geschäfte laufen gut, das Unternehmen wächst, entwickelt sich weiter zum Anbieter von Systemlösungen. „Wir wollen diesen Trend fortsetzen und uns dauerhaft vom Komponentengeschäft lösen“, schildert Rohrbeck. Damit das gelingt, wird bei Bürkert viel Wert auf Freiräume und Kreativität gelegt. „Unsere Mitarbeiter sollen aktiv gestalten dürfen.“ Ideen sollten ausprobiert werden, Fehler zu machen sollte erlaubt sein. Nur so ließen sich die Produkte weiterentwickeln. „Wo andere aufhören, fangen wir erst an“, sagt der sympathische Geschäftsführer.
Diese Haltung kommt bei den Mitarbeitern an. Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit liegt bei 11,3 Jahren, in Summe kommen weltweit alle Mitarbeiter auf 32.700 Betriebsjahre. Das sind beachtliche Zahlen, bedenkt man das zurückliegende Wachstum der Firma. Der Mut, den Firmengründer Christian Bürkert und die Bürkert-Mitarbeiter bewiesen haben, hat sich ausgezahlt – und wird sich auch weiter auszahlen. Denn: bei Bürkert dreht sich alles ums Steuern, Regeln und Messen. „Wenn man so will, haben wir nur Flüssiges und Gase im Kopf, ja“, sagt Heribert Rohrbeck lachend. Doch das sei etwas, worauf man bei Bürkert besonders stolz sei.
Lydia-Kathrin Hilpert
Weiße Ware
Unter dem Begriff „Weiße Ware“ wird in der Fachsprache des Handels die Bezeichnung für Haushaltsgeräte zusammengefasst. Geräte wie Kühlschränke, Waschmaschinen, Geschirrspüler, Herde und sonstige Haushaltsgeräte zählen dazu.