Malaika Mihambo: Goldmedalliengewinnerin, Weltmeisterin, Sportlerin des Jahres. Welche Erfahrungen der letzten Jahre sie prägten, wie sie mit dem Druck bei Wettkämpfen umgeht und wie sie ihre Zukunft sieht, verrät die 25-Jährige im interview.
Wo sehen Sie die Gemeinsamkeit von Leistungssport und Wirtschaft?
Malaika Mihambo: Es sind tatsächlich viele Dinge übertragbar. Der Wille zur Höchstleistung, Effizienz, Disziplin und Selbstmotivation sind nur einige Eigenschaften, die sowohl Sportler als auch Unternehmer prägen. Ich muss achtsam mit mir und meinem Körper sein. Auch das gilt in Unternehmen.
Welche besondere Erfahrung nehmen Sie aus der WM in Doha 2019 mit?
Malaika Mihambo: Ich habe es geschafft, mich selbst zu beruhigen und alle negativen Gedanken loszulassen. Der Kopf muss mitspielen, sonst kann man keine Leistung bringen.
Nach einem suboptimalen ersten Sprung hatten Sie einen Fehlversuch. Beim dritten Sprung flogen Sie über 7,30 Meter zur Goldmedaille. Was ging Ihnen durch den Kopf?
Mihambo: Ich wusste, dass der dritte Sprung entscheidend war. Wäre dieser nicht gültig gewesen, wäre eine Teilnahme am Finale nicht möglich gewesen. Ich habe festgestellt, dass ich sehr unruhig war und mein Atem schnell und flach ging. Deswegen habe ich mich noch einmal hingesetzt, Atemübungen gemacht, meditiert und versucht, runterzukommen. Das ist mir ganz gut gelungen. Ich konnte dadurch den ganzen Druck ablegen. Das war entscheidend und wichtig. Ich bin dann ohne Druck gesprungen.
Sie litten 2017 an einer schweren Verletzung. Haben Sie mit dem Gedanken gespielt, den Profisport zu beenden?
Mihambo: Ich habe mich nicht beim Training verletzt, sondern bin zu Hause die Treppe runtergerutscht. Daher habe ich es nicht als Zeichen gesehen, den Sport aufzugeben. Aber es war dennoch nicht klar, ob ich weitermachen kann, wie bisher. Ob nach einer Operation Leistungssport überhaupt noch möglich ist. Es war eine schlimme Zeit. Gleichzeitig hatte ich dadurch die Gelegenheit, in mich hineinzuhören: Wie wichtig ist der Sport für mich? Ich habe dabei gemerkt, dass ich unbedingt weitermachen will, dass Sport ein wichtiger Teil meines Lebens ist – aber nicht alles. Ich will reisen und meinen Horizont erweitern.
2019 waren Sie in Thailand mit dem Rucksack unterwegs, im vorherigen Jahr sind sie allein durch Indien gereist. Was haben Sie auf diesen Reisen gelernt? Wie hat Ihr Umfeld auf diese – für Leistungssportler eher ungewöhnliche – Art zu Reisen reagiert?
Mihambo: Ich kenne tatsächlich wenig Leistungssportler, die backpacken. Für mich ist das die schönste Art des Reisens. Ich bin sehr nahe am Land, lerne neue Lebensrealitäten kennen, kann mich überraschen lassen, muss mutig sein. Ich war im Vorfeld sehr freudig, aber auch etwas zögerlich. Was würde mich erwarten? Ich bin aber froh, dass ich mich dafür entschieden habe. Die fast vierwöchige Reise nach Thailand war eine Erfahrung für sich. Ich war dort in einem Meditationszentrum. Kein Sport, kein Schreiben, keine Ablenkung. Nur Meditation. Das war mental wahnsinnig hart. Ich habe aber viel für mich gelernt.
Sie kamen als Achtjährige durch Zufall in einem Ferienprogramm zur Leichtathletik. Wie würde Ihr Leben ohne diese Gegebenheit aussehen?
Mihambo: Ich bin sehr froh, dass der Zufall damals so zugeschlagen hat. Dieser Sport ist meine Passion. Ich kann mir aber auch eine Zukunft ohne vorstellen.
Wie sähe die aus?
Mihambo: Ich mache gerne soziale Projekte. Dinge, die Mehrwert für Menschen bringen. Der Umweltschutz bietet einen unglaublichen Reichtum an Möglichkeiten, Veränderung zu bringen. Dafür will ich mich gern einbringen.
Interview: Denise Fiedler
Zur Person
Malaika Mihambo ist eine deutsche Leichtathletin. Neben ihrer Schwerpunktdisziplin Weitsprung geht die gebürtige Heidelbergerin auch im Sprint an den Start. Bei der Weltmeisterschaft in Doha 2019 hat die 25-Jährige die Goldmedaille gewonnen. Im Dezember wurde sie zur Sportlerin des Jahres gekürt.