Digitale Transformation in der Region

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Unternehmen müssen erkennen, welches Potenzial in KI steckt. Ein Standort wie der geplante KI Park in Heilbronn (Bild) macht den Austausch darüber einfacher. Foto: ipai/mvrdv

Die Rahmenbedingungen für die Digitale Transformation sind in der Region gegeben. Jetzt gilt es für Unternehmen, das Potenzial auch zu nutzen. Wie das gelingen kann, erklären Ulrich Bopp (Präsident der HWK Heilbronn-Franken) und Kirsten Hirschmann (Präsidentin der IHK Heilbronn-Franken) im Gespräch.

Seit 50 Jahren besteht Heilbronn-Franken in der jetzigen Form. Inwiefern hat sich die regionale Wirtschaft in dieser Zeitspanne verändert?

Kirsten Hirschmann: Wir sind eine mittelstandsgeprägte Industrieregion. In den zurückliegenden Jahren sind die Traditionsunternehmen gewachsen, haben sich zu internationalen Playern entwickelt und dabei eine bemerkenswerte Standorttreue an den Tag gelegt. Diese Verbundenheit zur Region macht zugleich deren Stärke aus. Darüber hinaus haben sich viele industrienahe Dienstleister angesiedelt. Einzigartig aber ist, wie stark sich Heilbronn und die Region zu einem Wissens- und Forschungsstandort ent- wickelt haben – mit Hochschulen, wissenschaftlichen Instituten und Einrichtungen.

Ulrich Bopp: Auch wenn man auf die Ausbildung schaut, hat sich viel getan. Die heutigen Ausbildungsinhalte lassen sich nicht mehr mit denen von vor 50 Jahren vergleichen. Durch den technologischen Fortschritt und insbesondere die Digitalisierung hat sich im Handwerk vieles grundlegend verändert. Selbst in klassischen Handwerksberufen wie etwa bei Schreinern oder Zimmerern geht heute kaum etwas ohne CNC-Maschinen, Computer, Tablet oder Smartphone. In den vergangenen Jahren boomten im Handwerk insbesondere die Gewerke, die einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten.

Stichwort Technologie: Wie wichtig ist es für Unternehmen, am Ball zu bleiben?

Bopp: Es ist für unsere Betriebe unabdingbar, sich mit neuen Technologien vertraut zu machen und sich entsprechend weiterzubilden. Deshalb bieten wir unseren Betrieben auf diesem Gebiet kompetente Beratung durch unseren Beauftragten für Innovation und Technologie.

Hirschmann: Hier kann ich Herrn Bopp nur zustimmen. Für Unternehmen ist das überlebenswichtig. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz, und zwar nicht nur in der Produktion, wird vor allem für unsere kleinen und mittleren Unternehmen zu einer immensen Herausforderung. Sie bietet mit Blick auf Digitalisierung und Fachkräftegewinnung unglaubliche Chancen und Möglichkeiten. Und natürlich setzt das voraus, dass die Menschen mitziehen, dass Fachkräfte geschult werden und die neuen Entwicklungen annehmen.

Sehen Sie in Heilbronn-Franken hier noch Nachholbedarf?

Hirschmann: Die Rahmenbedingungen für die Digitale Transformation sind durch das KI-Innovationszentrum in Heilbronn-Franken besser als anderswo. Sie müssen lange suchen, um einen Standort zu finden, an dem Entwicklung und praktische Anwendung von KI so unmittelbar aufeinandertreffen und sich vernetzen können. Aber ja, da ist auch noch Luft nach oben. Vor allem müssen die Unternehmen erkennen, welches Potenzial für sie in KI steckt.

Welche Art von Unterstützung benötigen Unternehmen, um diese „Luft“ zu füllen?

Hirschmann: Die Unternehmen wissen sich in der Regel selbst zu helfen und brauchen nicht für jede Innovation ein eigenes Förderprogramm. Was sie brauchen, sind Rahmenbedingungen, die Innovationen fördern und nicht blockieren. Das heißt: weniger Bürokratie und Regulierung, mehr Verlässlichkeit und Planbarkeit sowie wettbewerbsfähige Steuern, Abgaben und Energiekosten.

Bopp: Meiner Meinung nach ist hier vor allem die Politik gefragt. Die Bildungspolitik muss den Fokus stärker auf Berufsorientierung legen und endlich die Gleichwertigkeit von Studium und dualer Ausbildung herstellen. Ein weiterer Hemmschuh ist die überbordende Bürokratie, die insbesondere für kleine Betriebe eine große Herausforderung darstellt. Hier muss dringend Abhilfe geschafft werden.

Herr Bopp, können Sie das weiter ausführen?

Bopp: Für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung müssen sich unsere Betriebe auf die Aussagen der Politik verlassen können. Dazu zähle ich vor allem den viel beschworenen Bürokratieabbau und den Ausbau und die Instandhaltung der Infrastruktur in den Bereichen Verkehr und Telekommunikation. Zudem sollte die Politik unsere Betriebe nicht über Gebühr mit kommunalen Steuern und Abgaben belasten. Etwa eine zu hohe Gewerbesteuer und Grundsteuer oder die jetzt vom baden-württembergischen Verkehrsministerium geplante Lkw-Maut auf Landes- und Kommunalstraßen. Die Einführung dieser Maut wäre eine unsägliche Wettbewerbsverzerrung, mit der wir unseren wirtschaftsstarken Standort zunehmend unattraktiv machen.

Frau Hirschmann, Sie hatten den Fachkräftemangel angesprochen. Welche Standortfaktoren halten Sie für besonders wichtig, um Unternehmen und Arbeitnehmer in die Region zu ziehen?

Hirschmann: Ganz einfach: Gut bezahlte und moderne Arbeitsplätze in einem lebenswerten, familienfreundlichen, innovativen und zukunftsgewandten Umfeld. Das bieten unsere Unternehmen an ihren Standorten. Sie brauchen aber auch wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen. Und die werden von der Politik gesetzt.

Und Sie, Herr Bopp?

Bopp: Es gibt zahlreiche Faktoren, die für Unternehmen und Arbeitnehmer wichtig sind. An erster Stelle nennen unsere Betriebe eine gute Anbindung an das Straßennetz. Weitere wichtige Faktoren sind eine gute Telekommunikationsinfrastruktur, mittelstandsfreundliche Behörden sowie die gute Verfügbarkeit von Fachkräften. Für unsere Arbeitnehmer sind vor allem bezahlbarer Wohnraum, eine gute Anbinbung an den öffentlichen Nahverkehr und ein gutes Kinderbetreuungsangebot von zentraler Bedeutung.

Wenn Sie einen Blick in die nahe Zukunft werfen: Welche Herausforderungen warten auf Unternehmen der Region?

Hirschmann: Die Herausforderungen liegen auf der Hand und sind von uns auch benannt: Die Unternehmen brauchen eine moderne Infrastruktur in allen Bereichen – auch bei der Energieversorgung. Die Erneuerbaren und vor allem grüner Wasserstoff sind die Energieträger der Zukunft. Hier erkennen die Unternehmen ihre Chancen im Wettbewerb und die Region ihr Potenzial, sich zukunftssicher aufzustellen.

Herr Bopp, wie stehen Sie zum Thema Nachhaltigkeit?

Bopp: Das Handwerk arbeitet aktiv an der Energiewende mit, zahlreiche Gewerke leisten einen großen Beitrag zu mehr Klimaschutz. Hier sind unsere Betriebe am Puls der Zeit. Daher gehe ich davon aus, dass diese Bereiche auch künftig weiterwachsen werden. Zu schaffen machen dem Handwerk vor allem die hohe Bürokratiebelastung, gestiegene Preise sowie der Fachkräftemangel. Bei letzterem steuern wir mit zahlreichen Angeboten dagegen.

Interview: Teresa Zwirner

Zu den Personen

Kirsten Hirschmann ist Präsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Heilbronn-Franken.

Ulrich Bopp ist Präsident der Handwerkskammer (HWK) Heilbronn-Franken.