Digitale Wirtschaft in Deutschland wächst weiter

Zur Jahresmitte zeichnet sich für Deutschlands digitale Wirtschaft ein stabiles Wachstum ab. Allerdings profitieren nicht alle Unternehmen gleichermaßen von dieser positiven Entwicklung.

Digitale Wirtschaft
Deutschlands digitale Wirtschaft wächst. Im weltweiten Vergleich liegt sie dennoch nur auf Platz vvv. Foto: Adobe Stock/MT.PHOTOSTOCK

Für das laufende Jahr kündigt der Digitalverband Bitkom für Unternehmen der IT und Telekommunikation (ITK) im deutschen Markt ein Umsatzplus von 4,3 Prozent auf 224,8 Milliarden Euro an. Für 2025 wird ein ähnliches Wachstum von 4,7 Prozent auf 235,4 Milliarden Euro erwartet. Dagegen schrumpfen einzelne Segmente, wie zum Beispiel die Umsätze mit Unterhaltungselektronik (- 7,5 Prozent) oder Desktop-PCs (- 1,5 Prozent), heißt es in der aktuellen Pressemitteilung.

Stabile Entwicklung der Digitalbranche

Der von Bitkom und ifo Institut erstellte Digitalindex lag im Juni bei 7,9 Punkten. Damit liegt er weiter über dem ifo Geschäftsklimaindex für die Gesamtwirtschaft, der mit minus 6,3 Punkten im negativen Bereich verharrt. „Die Digitalbranche entwickelt sich 2024 in einem schwierigen Umfeld insgesamt stabil. Massive politische Eingriffe in den Markt, Krisen und ungelöste Fragen in der Ampel-Koalition sorgen allerdings für Verunsicherung“, sagt Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst.

Wintergerst verweist unter anderem auf Kriege und Konflikte in der Ukraine und in Nahost, die anstehenden Wahlen in den USA und einen drohenden Handelskonflikt mit China. „Geopolitik und Weltwirtschaft sind stark in Bewegung. Die Bundesregierung muss auf zusätzliche Verunsicherung durch Markteingriffe und unverhältnismäßige Regulierung verzichten. Innovationsförderung, Bürokratieabbau und Digitalisierung gehören ins Zentrum der restlichen Legislaturperiode“, so Wintergerst. „Ein gleichermaßen verständlicher wie verlässlicher politischer Kurs und Planungssicherheit sind so wichtig wie schon lange nicht mehr. Das betrifft auch die Investitionen der öffentlichen Hand in die Digitalisierung des Staats und seiner Verwaltungen.“

Neue Arbeitsplätze in der digitalen Wirtschaft

Trotz schwieriger Bedingungen entstehen in der Bitkom-Branche weiterhin neue Arbeitsplätze. Im laufenden Jahr werden es voraussichtlich 29.000 sein, im kommenden Jahr sollen sogar knapp 47.000 hinzukommen. Ende 2025 wären dann 1,41 Millionen Menschen in der digitalen Wirtschaft beschäftigt. 2005 waren es noch 810.000. „Auch wenn einzelne Unternehmen zuletzt Arbeitsplätze abbauen mussten: Die Digitalbranche ist Deutschlands stärkster Job-Motor. Die Beschäftigung könnte sogar noch höher sein, wenn es ausreichend Fachkräfte gäbe, denn vielfach sind Unternehmen nicht in der Lage, freie Stellen zu besetzen“, so Wintergerst.

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Informationstechnik als Wachstumstreiber

Das größte Wachstum innerhalb der Bitkom-Branche kann, wie bereits in den Vorjahren, die Informationstechnik verbuchen. Nach aktueller Prognose werden 2024 mit IT 151,2 Milliarden Euro umgesetzt. Das entspricht einem Plus von 5,4 Prozent. Am stärksten wachsen dabei die Umsätze mit Software (+ 9,8 Prozent auf 46,6 Milliarden Euro). Besonders stark legen die Umsätze von Plattformen für die Entwicklung, das Testen und die Bereitstellung von Software zu (+ 12,8 Prozent auf 12,6 Milliarden Euro).

Massiv wächst innerhalb dieses Segments die Künstliche Intelligenz um 39,2 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro. Ebenfalls stark legen die Geschäfte mit Software für die Systeminfrastruktur von Unternehmen (+ 8,4 Prozent auf 10,4 Milliarden Euro) zu. Sicherheits-Software steht dabei mit einem Plus von 12,7 Prozent auf 4,7 Milliarden Euro an der Wachstumsspitze. Mit sonstigen Software-Anwendungen werden 23,5 Milliarden Euro erzielt, ein Plus von 8,8 Prozent. Überdurchschnittlich zulegen können in diesem Bereich Kollaborations-Tools – Anwendungen zur Zusammenarbeit und zum mobilen Arbeiten – mit denen 1,3 Milliarden Euro umgesetzt werden. Das sind 15,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Umsätze mit IT-Dienstleistungen steigen im laufenden Jahr ebenfalls, um 4,5 Prozent auf 51,6 Milliarden Euro.

Leichtes Wachstum bei IT-Hardware

Bei der IT-Hardware wird nach einem Umsatzrückgang im vergangenen Jahr wieder ein leichtes Wachstum von 2,8 Prozent auf 53,0 Milliarden Euro erwartet. Allerdings fällt die Bilanz je nach Hardware-Segment unterschiedlich aus. Starkes Wachstum gibt es insbesondere im Bereich Infrastructure-as-Service, also bei gemieteten Servern, Netzwerk- und Speicherkapazitäten. Nach einem schwächeren Jahr wieder zulegen können auch die Umsätze mit Wearables wie Smartwatches, die um 10,7 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro steigen.

Überdurchschnittlich wächst auch die Nachfrage nach Sicherheitstechnologien – in diesem Jahr um 4,1 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro. Nach einem Wachstumsknick im Nachgang der Corona-Pandemie drehen jetzt auch die Umsätze mit PCs (+ 1,1 Prozent auf 7,8 Milliarden Euro) und Workstations (+ 2,4 Prozent auf 0,9 Milliarden Euro) wieder leicht ins Plus.

Noch nicht wieder im Plus sind die Umsätze mit Servern mit einem leichten Minus von 0,3 Prozent auf 3,1 Milliarden Euro. „Bei der IT-Hardware sehen wir immer noch die Auswirkungen des Nachfrageschubs während der Corona-Jahre, aber der Markt normalisiert sich zusehends“, so Wintergerst. „Die Integration von KI in die Hardware wird hier in den kommenden Jahren für zusätzliche Investitionen sorgen.“

Keine Trendwende gibt es bei der Unterhaltungselektronik. Auch in diesem Jahr werden die Umsätze weiter sinken, so die Prognose von Bitkom. Für 2024 geht die Prognose von einem Minus um 7,5 Prozent auf 7,6 Milliarden Euro aus. „Trotz EM- und Olympia-Jahr gibt es keine tiefgreifende Erholung bei der klassischen Unterhaltungselektronik“, so Wintergerst.

Moderates Wachstum bei der Telekommunikation

Der Markt für Telekommunikation soll in diesem Jahr moderat um zwei Prozent auf 73,7 Milliarden Euro wachsen. Dabei wird nach der Bitkom-Prognose mit Telekommunikationsdiensten der Löwenanteil von 52,8 Milliarden Euro erzielt. Das entspricht einem Plus von 1,8 Prozent. Noch etwas stärker kann das Geschäft mit Endgeräten zulegen, um 4,3 Prozent auf 12,8 Milliarden Euro. „Zwar nutzen die Menschen ihre Smartphones immer länger, auch weil die Hersteller die Geräte mit Funktions- und Sicherheitsupdates versorgen. Zugleich wächst die Bereitschaft, Premium-Geräte zu entsprechenden Preisen zu kaufen“, so Wintergerst.

Leicht rückläufig sind dagegen die Investitionen in die Telekommunikations-Infrastruktur, die minimal um 0,3 Prozent auf 8,1 Milliarden Euro zurückgehen. „Die Unternehmen wollen in den Ausbau von Glasfaser- und 5G-Netzen investieren, werden aber häufig durch Engpässe bei den Baukapazitäten und langwierige Genehmigungsverfahren ausgebremst“, sagt Wintergerst. „Das monatelange Gezerre um das TK-Netzausbau-Beschleunigungsgesetz wirft ein Schlaglicht darauf, wo wir besser werden müssen. Die Politik ist in der Pflicht, Investitionen zu ermöglichen, etwa durch beschleunigte und voll digitale Genehmigungsverfahren.“

Weltweit kann Deutschland nicht mithalten

Trotz eines Umsatzwachstums von 4,3 Prozent kann Deutschland mit anderen Regionen weltweit nicht mithalten. So werden die Umsätze mit IT und Telekommunikation im laufenden Jahr weltweit voraussichtlich um 6,4 Prozent auf 4,82 Billionen Euro steigen. Dabei können die USA mit einem Plus von sieben Prozent und einem weltweiten Marktanteil von 38,6 Prozent ihre Vormachtstellung weiter ausbauen.

Auf Rang zwei liegt China mit einem Marktanteil von 10,9 Prozent, dahinter folgt Japan mit 4,6 Prozent. Deutschland kommt auf einen Marktanteil von 4,2 Prozent und liegt damit wieder knapp vor Großbritannien mit 4,1 Prozent). An der weltweiten Wachstumsspitze steht Indien mit einem Plus von 9,8 Prozent und einem globalen Marktanteil von 2,5 Prozent.

Digitale Wirtschaft weiter vorantreiben

„Wir müssen die Investitionen in die Digitalisierung massiv nach oben fahren, wenn wir international Schritt halten wollen“, sagt Wintergerst mit Blick auf andere Länder. „Die Bundesregierung sollte in der restlichen Legislaturperiode insbesondere die Digitalisierung der Verwaltungen vorantreiben und dafür die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen. Auch für die Digitalisierung der Bildung müssen wir mehr tun, der Digitalpakt 2.0 muss kommen und er muss gut ausgestattet sein. Die Digitalisierung der Wirtschaft muss beschleunigt werden, insbesondere durch eine innovationsförderliche Umsetzung des AI Act und die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Superabschreibungen für Digitalinvestitionen. Und schließlich gilt es, die digitalen Infrastrukturen auszubauen und sicher zu machen“, fordert Wintergerst.

red.