Duales Studium so gefragt wie nie

duales Studium
Das duale Studium verbindet die akademische und die betriebliche Ausbildung. Foto: Adobe Stock/Jürgen Fälchle

Mit rund 138.000 Studierenden sind in Deutschland so viele Personen in einem dualen Studium eingeschrieben wie noch nie zuvor. Spitzenreiter ist Baden-Württemberg. Dies zeigt eine Auswertung des CHE Centrum für Hochschulentwicklung auf Basis der jüngsten verfügbaren Daten aus dem Jahr 2022.

Dennoch bleibt das Studienformat, welches akademische und betriebliche Ausbildung miteinander verbindet, weiterhin ein Nischenphänomen: Nur 4,7 % aller Studierenden im Bundesgebiet studieren dual. Dabei zeigen sich zum Teil auch große Länderunterschiede bei der Nachfrage.

Die Expansion des dualen Studiums in Deutschland hat in den vergangenen 20 Jahren kontinuierlich zugenommen. Auch zwischen 2019 und 2022 ist eine Zunahme von rund 16.000 dual Studierenden zu verzeichnen. Nicht nur die Zahl der dual Studierenden, sondern auch die der Studienanfänger und Absolventen erreichte mit rund 45.000 beziehungsweise 26.000 Personen neue Höchstwerte.

Steigende Nachfrage nach Verbindung von Theorie und Praxis  

„Schon seit Langem übersteigt die Nachfrage nach einem dualen Studienplatz das konkrete Angebot“, erläutert Sigrun Nickel, Leiterin Hochschulforschung beim CHE Centrum für Hochschulentwicklung. „Das zeigt das hohe Interesse an der Verbindung von Theorie und Praxis bei jungen Menschen. Hier sollten Hochschulen gemeinsam mit der Berufspraxis noch mehr Angebote machen und zwar gerade auch mit Blick auf den bestehenden Fachkräftemangel“, so die Expertin.

Die ursprüngliche Idee des dualen Studiums, Hochschul- und Berufsausbildung im Rahmen eines ausbildungsintegrierenden Studiums miteinander zu verzahnen, verliert laut den jüngsten Daten weiter an Bedeutung. Nur noch rund 21 % der dual Studierenden sind hier eingeschrieben. Das entspricht einem Rückgang um rund 6 % zwischen 2019 und 2022.

Im Gegenzug dominiert nun mit großem Abstand das praxisintegrierende Studienformat: Rund 75 % der dual Studierenden nutzen ein solches Angebot, bei dem neben dem Studium vertiefte Praxisphasen in einem kooperierenden Unternehmen absolviert werden. Damit ist hier ein Zuwachs von 7 % gegenüber 2019 zu verzeichnen. Den geringsten Stellenwert besitzt nach wie vor das berufsintegrierende duale Studium, bei dem Beruf und Studium miteinander kombiniert werden. Lediglich rund 4 % der dual Studierenden wählen dieses Format.

Schrumpfender Stellenwert der Universitäten beim dualen Studium

Ein Bachelorstudium ist im dualen Studium weiterhin vorherrschend, duale Master- oder Diplomstudiengänge sind weiterhin die große Ausnahme. 89,7 % der dual Studierenden sind an Fachhochschulen beziehungsweise Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) eingeschrieben. Danach folgen die Berufsakademien mit einem Anteil von 8,6 % und schließlich die Universitäten mit einem marginalen Anteil von 1,7 %.

Zu den beliebtesten Fächergruppen im dualen Studium gehören die Wirtschafts- und Rechts-, sowie die Ingenieurwissenschaften. Ein wachsender Anteil an dual Studierenden ist aber auch in den Gesundheitswissenschaften zu finden. Der Männeranteil im dualen Studium überwiegt mit 52,8 % nur noch leicht. Mit einem Altersdurchschnitt von 22,6 Jahren sind dual Studierende in Deutschland rund 2,5 Jahre jünger als ihre Kommilitonen im Studium allgemein.

Baden-Württemberg bei dualem Studium führend

Die Auswertung der Daten des Statistischen Bundesamtes für den „CHECK – Duales Studium in Deutschland“ zeigt auf Ebene der Bundesländer große Unterschiede bei der Nachfrage. Mit rund 34.000 dual Studierenden ist Baden-Württemberg führend im Ländervergleich und stellt knapp ein Viertel aller Studierenden deutschlandweit. Mit deutlichem Abstand folgen Nordrhein-Westfalen und Bayern mit 22.000 beziehungsweise 12.000 dual Studierenden.

Anders stellt sich die Situation der Länderzahlen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Studierenden dar. Hier hat das Saarland eine Ausnahmestellung mit einem Anteil dual Studierender von 26,5 Prozent. Danach folgen mit großem Abstand Sachsen-Anhalt (10,3 %) und Baden-Württemberg (9,5 %).

Die Gründe für die quantitativen Unterschied zwischen den Bundesländern machen oft einzelne Hochschulen aus. „So ist für die hohe Quote an dual Studierenden im Saarland fast ausschließlich die in Saarbrücken ansässige Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement verantwortlich“, erklärt Studienleiterin Sigrun Nickel. Ein anderes Beispiel ist das Bundesland Sachsen-Anhalt, in dem die Zahl der dual Studierenden zwischen 2019 und 2022 um rund 5000 gestiegen ist. Grund hierfür ist die Steinbeis Hochschule, die ihren Hauptsitz von Berlin nach Magdeburg verlegt hat.

Private Hochschulen legen beim dualen Studium zu

Unter den zehn Hochschulen mit der stärksten Nachfrage nach dualen Studienangeboten sind fünf private Einrichtungen. An privaten Hochschulen sind mittlerweile 41 % aller dual Studierenden in Deutschland eingeschrieben, das entspricht einem Plus von 5,6 Prozentpunkten zwischen 2019 und 2022. Auch dieser Sprung kann wieder hauptsächlich auf eine einzelne Hochschule zurückgeführt werden: Die IU Internationale Hochschule in Thüringen hat die Anzahl ihrer dual Studierenden seit 2019 ungefähr verdreifacht. Ohne den dort verzeichneten Zuwachs um rund 15.000 dual Studierenden wäre das quantitative Verhältnis zwischen privaten und staatlichen Hochschulen aktuell in etwa gleichgeblieben.

Verbesserungsbedarf bei Vergütung und Qualitätssicherung

Trotz einer insgesamt hohen Zufriedenheit der dual Studierenden, die das CHE in einer gemeinsamen Untersuchung mit dem Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) 2022 konstatierte, gibt es weiterhin Verbesserungsbedarf. Dies betrifft neben den rechtlichen Rahmenbedingungen und der Qualitätssicherung in den Praxisphasen vor allem den Bereich der Vergütung. „Bund und Länder sollten in Übereinstimmung mit Unternehmen und Sozialpartnern durch die Festlegung einer Mindestvergütung dafür Sorge tragen, dass die im dualen Studium geleistete Arbeit auch angemessen vergütet wird“, fordert Sigrun Nickel.

red.