Dualis-Siegel für ausgezeichnete Ausbildungsqualität

Damit junge Talente in der Region eine qualitativ hochwertige Ausbildung erhalten, hat die IHK Heilbronn-Franken das Dualis-Siegel ins Leben gerufen, mit dem sich Unternehmen zertifizieren lassen können. Foto: Ziehl-Abegg

Das Dualis-Siegel bescheinigt Unternehmen seit 2014 eine überdurch-schnittliche Ausbildungsqualität. Lisa Feuchtenbeiner von der IHK Heilbronn-Franken erklärt, wie die Zertifizierung abläuft – und was während der Pandemie anders ist.

Was war vor sieben Jahren die Intention hinter der Einführung von Dualis?

Lisa Feuchtenbeiner: In der Führungsriege der Betriebe bestand der Wunsch, auch für die Ausbildung ein Gütesiegel vorweisen zu können. Fachkräftesicherung und Ausbildung sind schließlich nicht erst seit heute ein wichtiges Thema. Wir bei der IHK wurden dafür mit ins Boot geholt, weil wir den Auftrag haben, die Qualität der Ausbildung zu überwachen.

Wie läuft die Zertifizierung eines Betriebs ab?

Feuchtenbeiner: In der Regel melden sich die interessierten Unternehmen bei mir. Von mir erhalten sie Erstinformationen, unter anderem die Dualis-Broschüre. Das Herzstück von Dualis ist der umfangreiche Kriterienkatalog. Darin wird der Ausbildungsprozess komplett abgedeckt: von der Gewinnungsphase und dem Erstkontakt mit dem Azubi über die Durchführung der Ausbildung bis hin zur Übernahme als Fachkraft. Wenn die Unternehmen die Selbsteinschätzung der eigenen Ausbildungsqualität vorgenommen haben, erfolgt ein Gespräch vor Ort, welches ich führe. Danach kommen die Auditoren zu einem Besichtigungstermin im Betrieb vorbei. Gemeinsam wird geschaut, wie weit der Kriterienkatalog bereits ausgefüllt ist, ergo was im Unternehmen schon vorhanden ist. Dann sieht man schnell, wo noch Schwachstellen sind und wo die Betriebe bereits sehr gut aufgestellt sind.

Was sind typischerweise solche Schwachstellen? Und was machen die Firmen in der Region bereits gut?

Feuchtenbeiner: Meistens besteht Nachholbedarf bei der übergeordneten Dokumentation, sprich, dass ein roter Faden durch die gesamte Ausbildung erkennbar ist. Man muss aber sagen: Die Betriebe, die sich für Dualis bewerben, sind in der Regel bereits wirklich gut aufgestellt. Gerade im Bereich Ausbildungsmarketing sind viele Firmen hervorragend. Während der Pandemie haben viele Unternehmen ihr Ausbildungsmanagement überdacht und sind zeitgemäßer und moderner geworden. Normalerweise haben die Betriebe, die sich für das Dualis-Siegel interessieren, also bereits ein gutes Ausbildungsniveau. Sie haben Interesse daran, Input und Verbesserungsvorschläge von außen zu bekommen. Deshalb reagiert niemand beleidigt, wenn die Auditoren konstruktive Kritik äußern. Die Auditoren stehen ja außerdem in ihren eigenen Betrieben vor den gleichen Herausforderungen wie die Betriebe, die sie besichtigen. Inzwischen hat sich außerdem ein gutes Netzwerk an Auditoren entwickelt, weil sich einige untereinander kennen.

Wer kommt als Auditor in Frage?

Feuchtenbeiner: In den Auditorenpool werden automatisch alle Ausbilder und Personalreferenten aufgenommen, deren Betriebe das Dualis-Siegel bereits erhalten haben. Das sind aktuell rund 120 Menschen. Als Auditoren eignen sich jene Personen, die vor Ort im Betrieb an der Ausbildung beteiligt sind. Das können Personal-referenten, Ausbildungsleiter oder auch Fachausbilder sein. Wichtig ist eine gesunde Mischung, damit beispielsweise die kaufmännische Perspektive ebenso berücksichtigt wird wie die gewerblich-technische Perspektive.

Wie läuft das Audit vor Ort in einem Betrieb konkret ab?

Feuchtenbeiner: Beim Audit dabei sind immer drei Auditoren und ich selbst. Je mehr Ausbildungsberufe es in der jeweiligen Firma gibt, desto größer ist unser Rundgang – schließlich wollen wir die Vielfalt der Ausbildungsberufe abdecken. Wir sprechen mit Azubis, Ausbildungsbeauftragten, den jeweiligen Fachausbildern und Personal-referenten. Bei den Azubis, die wir befragen, achten wir auf einen Querschnitt, bestehend aus verschiedenen Ausbildungsberufen und unterschiedlichen Lehrjahren. Was genau wir die Azubis fragen, hängt davon ab, wie lange sie schon im Unternehmen sind. Die, die ganz neu sind, fragen wir unter anderem, wie sie auf den Betrieb aufmerksam geworden sind, wie das Vorstellungsgespräch ablief und wie der Onboardingprozess aussah. Die Azubis im zweiten und dritten Ausbildungsjahr können meistens besser beurteilen, wie die Ausbildung aufgebaut ist. Außerdem lassen wir uns von den Azubis zeigen, woran sie gerade arbeiten. Kurz gesagt: In den persönlichen Gesprächen wollen wir sehen, wie das, was im Kriterienkatalog steht, in der Praxis gelebt wird.

Wie lange dauert es nach dem Audit, bis die Betriebe das Dualis-Siegel der IHK erhalten?

Feuchtenbeiner: Nach den Gesprächen mit Ausbildungsleitern und Azubis besprechen wir Auditoren uns noch vor Ort untereinander. Diese interne Besprechung dauert rund 20 bis 30 Minuten. Anschließend geben wir den Unternehmen bereits mündlich Bescheid, ob sie das Dualis-Siegel bekommen oder nicht. Im Fall, dass der Betrieb das Siegel erhält, bekommt die Firma vor Ort die Urkunde überreicht, im Rahmen einer Feierstunde.

Apropos Corona: Konnten seit Beginn der Pandemie eigentlich Audits in Unternehmen stattfinden?

Feuchtenbeiner: Nein, leider waren Besuche vor Ort nicht möglich. Sowohl wir bei der IHK als auch die Unternehmen waren sehr vorsichtig und wollten kein Risiko eingehen, dass sich jemand ansteckt. Deshalb habe ich inzwischen ein digitales Konzept entwickelt – auch wenn ich noch vor einem Jahr überzeugt war, dass eine Online-Besichtigung einen persönlichen Besuch nicht ersetzen kann.

Wie sieht dieses digitale Konzept aus?

Feuchtenbeiner: Der virtuelle Besuch soll über Microsoft Teams oder Zoom stattfinden. Im Vorfeld werden die Unternehmen Videos drehen, die den Ausbildungsalltag dokumentieren und in denen auch Azubis und Ausbildungsleiter zu Wort kommen. Diese Videos sehen sich die Auditoren vor der digitalen Besichtigung an, um einen Eindruck des Ausbildungsalltags zu bekommen. Anschließend sollen die digitalen Gespräche mit den Azubis und Ausbildern stattfinden. Für Anfang November ist der Pilot des digitalen Konzeptes geplant. Ich freue mich aber darauf, wenn die Audits auch wieder in Präsenz durchgeführt werden können. Aktuell ist geplant, dass im November wieder das erste Audit im Unternehmen stattfinden kann. Wir freuen uns über das Interesse weiterer Ausbildungsbetriebe, die das Thema „Qualität in der dualen Berufsausbildung“ forcieren möchten.

Interview: Hannah Henrici

Zur Person: Lisa Feuchtenbeiner ist seit Januar 2018 als Projektkoordinatorin für die Vergabe des Dualis-Gütesiegels der IHK Heilbronn-Franken zuständig.