Rüdiger Dahlke und Guy Ramon haben sich getraut. Getraut, „Ja“ zueinander zu sagen. Am 13. Oktober haben die beiden Männer ihre eingetragene Lebenspartnerschaft in eine Ehe umwandeln lassen – nach über 30 gemeinsamen Jahren. Seit dem ersten Oktober dieses Jahres ist das in Deutschland möglich.
Der eine liebt die Ruhe, der andere auch mal das Drama. Für den einen ist ihr Zusammenleben ein offenes Geheimnis, während der andere, kürzlich zum stellvertretenden Landesvorsitzenden der Arbeitsgruppe SPDqueer gewählt, seine Position ganz offen vertritt. In vielen Dingen unterschiedlich, ergänzen sich Rüdiger Dahlke und Guy Ramon doch perfekt und das schon seit über 30 Jahren. Die Bad Rappenauer sind glücklich, dass sie jetzt ganz echt verheiratet sind. Sie haben ihre eingetragene Lebenspartnerschaft am 13. Oktober umwandeln lassen.
Das Datum war zwar wieder mal nur ein Zufall, aber doch begleitet die Zahl 13 die beiden 58-Jährigen schon ihre ganze Beziehung hindurch. An einem 13. November haben sie sich kennengelernt, am 13. März 2013 als allererstes Paar in Bad Rappenau verpartnert, wohnten sie schon in der Hausnummer 13 und auch ihr „Alterswohnsitz“ in Bad Kissingen ist in der Nummer 13. „Der 13. Oktober war der einzige Termin, der im Rathaus für eine Umwandlung zur Verfügung stand, an Zufälle glauben wir nicht mehr“, erzählen sie mit einem Lachen.
Wie alles begann
Im Schwimmbad in Stuttgart trafen der diplomierte Konzert- und Opernsänger Guy Ramon aus Hamburg und der Tanzlehrer Rüdiger Dahlke aus der Pfalz das erste Mal aufeinander. „Er wollte gar nicht so recht, aber ich war wohl penetrant“, meint Ramon augenzwinkernd. „Stimmt“, nickt sein Mann. Es funkte aber doch und in der Großstadt ist das Leben als homosexuelles Paar auch kein Problem. Die Anonymität macht vieles einfacher. „Wir hängen es jetzt aber auch nicht so an die große Glocke, erfüllen nicht so das Klischee“, meint Dahlke. Doch als er aus beruflichen Gründen 1989 nach Bad Rappenau zieht und mit seinem Freund zunächst in einem Ein-Zimmer-Appartement lebt, ist es, nun ja, offensichtlich. Der Anfang ist nicht leicht. „Die Frau über uns war ganz entsetzt und hat zwei Wochen später bereits ihre Wohnung verkauft“, erzählt Ramon kopfschüttelnd. Schlimmer noch aber findet er, dass Nachbarskinder regelrecht weggezogen wurden. „Der Anfang hier war nicht ohne, wir waren so was wie die Eisbrecher.“ Nicht, dass es nicht auch andere gleichgeschlechtliche Paare gegeben hätte – aber eben im Verborgenen.
Dabei sehen sie selbst keinen Unterschied in ihrem Zusammenleben im Vergleich zu dem eines heterosexuellen Paares. „Wir arbeiten beide, ich mache die Küche, er die Wäsche“, erzählt der Tanzlehrer. Man ergänze sich, springe füreinander ein. Gemeinsame Zeit ist dem Paar äußerst wichtig. Mittags wird zusammen gegessen, vegan übrigens, denn der Koch ist Veganer. „Natürlich hat jeder seine Freiheiten, aber Gemeinsamkeit wird bei uns großgeschrieben. In 30 Jahren gab es bei uns noch keinen getrennten Urlaub.“
Testamente und Vollmachten gibt es im Hause Dahlke schon lange. Als die Möglichkeit der Verpartnerung auftaucht, nutzen sie dies. Aus rein erbschaftsrechtlichen Gründen, wie Ramon angibt, der auch als Delegierter Baden-Württembergs in den Bundesausschuss der SPDqueer gewählt wurde. „Ich wäre heute noch nicht verheiratet, wenn es nicht sonst so gefährlich wäre“, gibt Dahlke zu. „Wir wissen, was wir aneinander haben, dazu brauchen wir kein Stück Papier“, ergänzt sein Mann.
Trotzdem freuen sich beide, mit der Heirat tatsächlich gleichgestellt zu sein, mit allen Rechten und Pflichten. Auch, weil sie damit eventuell adoptieren könnten. Schräg gegenüber wohnen nämlich ihre drei „Söhne“, drei junge Syrer, um die sich das Paar intensiv kümmert, sie in die deutsche Gesellschaft integriert hat. „Wenn einer von denen zurück müsste, würden wir ihn adoptieren“, bekräftigen die Männer. Für die jungen Muslime war die sexuelle Orientierung ihrer Ziehväter übrigens nie ein Thema.
Stefanie Pfäffle