Ein Tag auf leisen Sohlen

Privat fahre ich einen ganz normalen Kleinwagen – einen von den kleineren, asiatischen, einen von der Stange. Heute steige ich um: Im Selbstversuch möchte ich mein Fahrvermögen in einem elektrisch angetriebenen Auto testen.

Bisher habe ich mir zugegebenermaßen noch nicht viele Gedanken über diese Art von Fahrzeugen gemacht. Ich bin kein großer Autofan und mein kleines tut es ja noch. Ein Neukauf steht also gerade eh nicht an. Aber ich mag’s umweltfreundlich und außerdem sollen immerhin bis ins Jahr 2020 eine Million Elektroautos über Deutschlands Straßen düsen – es kann also nicht schaden, sich ein E-Auto mal von Näherem anzuschauen.

Die Stadtwerke Schwäbisch Hall sind so freundlich und stellen mir eines ihrer Fahrzeuge zum Testen zur Verfügung. Ich habe mir im Vorfeld gar keine großen Gedanken gemacht, was das für ein Auto sein könnte. Als ich das Elektroauto dann im Innenhof der Stadtwerke erblicke, bin ich baff: Hier steht ein tiefergelegter Sportwagen. Ich werde den Tag in einem Opel Ampera verbringen. Ziemlich schick kommt er daher, von einer Öko-Kutsche keine Spur.

Alle einsteigen, bitte. Innen gut ausgestattet, nicht wesentlich anders als ein Benziner. Es ist ein Automatikwagen. Na gut, daran muss ich mich kurz gewöhnen, aber das ist ja an sich nichts Besonderes. So richtig besonders wird es erst beim Anschalten: Mein Benzinmotor hätte schon längst losgetuckert, aber hier ist nichts zu hören. Bei der Armaturenanzeige sehe ich, dass ich mit Strom fahre. Noch für 42 Kilometer reicht er. Also, los. Beim Anfahren werden sofort zwei Dinge klar: Hier stecken einige PS drin und die Reifen auf dem Boden machen doch tatsächlich mehr Geräusche als der Motor selbst. Ich bin fasziniert.

Ganz sanft gleitet der Opel über die Straßen in Schwäbisch Hall und dabei kommt er überhaupt nicht öko daher. Auf der Landstraße zeigt das Auto sein ganzes Können. Ich drücke aufs Gas. Die Beschleunigung ist gut. Zwar kann ich zusehen, wie die Reichweite mit Strom geringer wird, aber der Test musste sein. Zum Glück gibt es auch eine Rückspeisung, wenn ich vor einer Ampel den Wagen ausrollen lasse. Das heißt, dass sich der Akku wieder auflädt. Und so zische ich mit dem Ampera durch die Region. Keine schwierige Aufgabe, um ehrlich zu sein. Im Gegenteil: eher eine, die Spaß macht. Als ich das erste Mal halte und den Motor ausschalte, habe ich fast das Gefühl, ich bin ein Raumschiffkapitän. Captain Kirk lässt grüßen. Denn die Geräusche, die signalisieren, dass der Motor – den man ja ohnehin kaum hört – ausgeschaltet wird, sind verdammt überirdisch, erinnern eher an einen Computer.

Noch drei, zwei, eins: Die Reichweitenanzeige zählt herunter. Bald kommt der Moment, an dem ich keinen Strom mehr habe. Jetzt springt der Benzinmotor an. Ich habe mit einer spürbaren Veränderung gerechnet. Aber es passiert nicht viel. Die Anzeige im Armaturenbrett verändert sich und ich sehe, dass ich jetzt mit Sprit fahre. Beim Beschleunigen ist es nun etwas lauter. Das Fahrgefühl verändert sich minimal. Aber so richtig anders ist es nicht.

Trotzdem: Jetzt soll getankt werden. Kein Benzin – schließlich will ich ja wissen, wie es im E-Auto zugeht. Ich bin also auf der Suche nach einer Stromtankstelle. Bei großen Lebensmittelgeschäften werde ich nicht fündig. Ich schaue in Industriegebieten, ich sehe keine.

Also führt mich mein Weg direkt in die Tiefgarage „Kocherquartier“. Hier gibt es nämlich zwei Stromtankstellen. Beide sind frei, schnell ist geparkt. Die Tanköffnung ist vorne. Die Klappe habe ich im Handumdrehen geöffnet. Aber nun kommt das erste Problem: Ich kenne es so, dass an der Zapfsäule ein Schlauch ist, den ich benutzen kann. Aber bei der Stromtankstelle ist nur ein Stecker. Ich brauche also ein eigenes Kabel. Kein Problem, denke ich, und nehme das Kabel, mit dem das Auto vorhin an die Steckdose im Innenhof der Stadtwerke angeschlossen war. Aber Pustekuchen: Es passt nicht. Ich kann es drehen und wenden, wie ich will. Ich habe den falschen Stecker dabei. Also muss ich – ohne Strom – weiter mit Benzin fahren. Beim nächsten Mal würde ich den Adapter nicht vergessen. Nur gut, dass mein Leihwagen auch mit Benzin fahren kann.

Damit komme ich mit dem schicken Flitzer noch wunderbar zurück zum Eigentümer. Hier verlasse ich mein kleines Raumschiff und steige um – in den asiatischen Kleinwagen. Und sofort vermisse ich die Stille.

Anja Gladisch