Eine alte Tradition – noch immer gefragt?

Volkshochschulen haben als Bildungsstätten eine lange Tradition. Aber sind die Institutionen heute noch so beliebt, wie es einmal waren? Und welche Kurse s sind am meisten gefragt? Diesen Fragen sind wir in Volkshochschulen der Region auf den Grund gegangen.

Die Volkshochschule (VHS) in Schwäbisch Hall befindet sich seit 2011 im ehemaligen Gefängnis, direkt am Kocher. Die außergewöhnliche Architektur ist charakteristisch und viele Menschen nutzen diese Bildungsstätte – Tendenz steigend. Thomas Gerstenberg, Geschäftsführer der Haller Volkshochschule, nennt einige Zahlen zur Entwicklung der letzten fünf Jahre: Die Kurse und Einzelveranstaltungen haben um 25,5 Prozent zugenommen, auf 1855. Geleistete Unterrichtseinheiten stiegen um 26,1 Prozent und die Anzahl der Teilnehmer hat sich auf 23705 hochgeschraubt (38,4 Prozent mehr als vor fünf Jahren).

Am meisten gewachsen ist der Bereich Fremdsprachen. Vor allem aufgrund der vielen Geflüchteten liegt hier das Angebot „Deutsch als Fremdsprache“ vorn. Die Haller Bildungsstätte bietet Sprachbildung in 14 Fremdsprachen an. Insgesamt leistet der Bereich Sprachen 50 Prozent aller Unterrichtseinheiten. Auch die Angebote im Bereich Gesundheit, Bewegung, Entspannung, Ernährung, Medizin und Heilmethoden haben einen großen Anteil an der Verteilung der Unterrichtseinheiten (etwa 23 Prozent). Etwas weniger, aber immer noch im oberen Bereich, liegen Kurse im Fachbereich Kultur, Werkstatt und Kunst. Gemessen an der Zahl der Teilnehmer liegt der Fachbereich Gesellschaft, Politik, Umwelt vorne (rund 39 Prozent). Sehr gut besucht sind auch die Kurse im Bereich Gesundheit und Sprachen.

Etablierte Kurse und neue Formate

„Die Volkshochschule lebt von der Vielfalt ihrer Angebote, der Kompetenz der Dozenten und den vielfältigen Formaten. Wir haben Kurse vor und nach der Arbeit, Kompaktkurse am Wochenende, Angebote für unterschiedlichste Alters- und Zielgruppen, Firmenkurse und vieles mehr“, berichtet Gerstenberg. Man entwickle und erprobe laufend neue Formate, wie die „DIAKademie“ (eine Programmreihe in Zusammenarbeit mit dem Diakonie-Klinikum Schwäbisch Hall) und das Rote Sofa (eine Talk-Runde). Die VHS der Kocherstadt arbeitet außerdem in Kooperation mit unterschiedlichen Einrichtungen und Interessengruppen, beispielsweise Pro-Familia, der Mehrgenerationentreff, der Freundeskreis Afrika, der Freundeskreis Asyl oder der Stadtseniorenrat. Vorteile des Standortes in der Haller Innenstadt sind ideale Anbindungen an den Öffentlichen Nahverkehr und ausreichend Parkplätze.

Ortswechsel: In Künzelsau, im Herzen der Stadt, liegt das Hermann-Lenz-Haus, eine ehemalige Schule, in die im Jahre 1988 die örtliche VHS eingezogen ist. Sonja Naegelin ist die Leiterin und durchaus zufrieden mit der Entwicklung der letzten Jahre. In einer bundesweiten Imageumfrage von 2017 zum Thema Volkshochschulen sei herausgekommen, dass 77 Prozent der Deutschen die außerschulische Bildungseinrichtung kennen. Diese ist somit die bekannteste Institution unter den Anbietern von Erwachsenen- und Weiterbildung.

Die VHS in Künzelsau ist bereits seit 2005 Migrationskursanbieter. Die Angebote richteten sich einst an Spätaussiedler. Seit der Flüchtlingskrise 2015 bietet die Einrichtung viele Kurse im Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ an. Kurse allgemeiner Fremdsprachen haben sich in den letzten Jahren verändert. Einst wurden Gruppen von rund 20 Teilnehmern unterrichtet. Die Gruppengröße hat sich durchschnittlich mittlerweise fast halbiert. Stark nachgefragt sind die Offerten aus dem Gesundheitsbereich – hier vor allem Yoga und Entspannungstechniken.

Sehnsucht nach Gemeinschaft

Im Bereich Wissen und Orientierung ist die Nachfrage von Jahr zu Jahr unterschiedlich. Generell sind Vorträge beliebt zum Thema Reise mit Selbsterfahrung. Im Bereich Arbeit und Beruf beobachtet Naegelin einen Wandel in der Gesellschaft. Vor Jahren waren Kurse zum Erlernen von Word und Excel stark nachgefragt. Das benötige man heute nicht mehr. Stattdessen buchten die Leute Nischenkurse: Angebote für Rentner beispielsweise, die sich mit den neuen Medien beschäftigen wollen. Beliebt seien auch so genannte Crossover-Angebote, wo mehrere Erfahrungen in einem Kurs vereint werden. Beispiele sind hier das Fotografieren, die Bildbearbeitung und das Erstellen eines Fotobuchs.

Die Leiterin der Künzelsauer Institution sieht eine Trendwende von dem starken Umgang mit den sozialen Medien hin zu einer Sehnsucht nach Gemeinschaft und echten Kontakten. Davon profitiere die Volkshochschule.

Sonja Alexa Schmitz