Eine echte Alternative

Nicht jedes Unternehmen kann seinen Mitarbeitern eine eigene Kindertagesstätte bieten. Dabei ist ein entsprechendes Angebot derzeit gefragter denn je. Tagesmütter können hier eine gute Option darstellen: Sie sind flexibel und bieten eine enge Betreuung.

Deutschland gehen die Fachkräfte aus. Allein in der Region sind 20 Prozent aller Unternehmen vom Fachkräftemangel betroffen. Doch Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter sind ausschlaggebend für den Erfolg jeder Firma. Daher kann es sich kein Unternehmen leisten, kompetente Fachkräfte nach der Elternzeit zu verlieren. Verbleiben die Mitarbeiter im Unternehmen, entfallen Überbrückungs- und Personalbeschaffungskosten, vorhandenes Know-how wandert gar nicht erst ab. Studien der Bundesregierung zeigen: Die Einsparungen bewegen sich in einer Größenordnung von mehreren 100.000 Euro. Auch der hohe Anteil an Scheidungen und alleinerziehenden Eltern sorgt dafür, dass Männer und Frauen arbeiten müssen und wollen.

Stadt- und Landkreis Heilbronn liegen im Trend: Hier hat sich die Anzahl der betreuten Kinder bis drei Jahre von 2005 bis 2014 fast versechsfacht. Die Nachfrage nach Krippenplätzen ist groß, aber bei Tageseltern bleiben Plätze frei. „Kindertagespflege wird von manchen Eltern noch nicht als gleichwertige Alternative zur Kita gesehen. Dabei hat sich die Qualifikation der Tagespflegepersonen in den letzten Jahren sehr gesteigert“, sagte Heiko Krause, Geschäftsführer beim Bundesverband für Kindertagespflege. Um das Image der Kindertagespflege zu erhöhen, haben Studierende des Studiengangs Dienstleistungsmanagement der DHBW Heilbronn eine Marktanalyse für die Kindertagespflege in Heilbronn und Umgebung erstellt. Das Projekt startete auf Nachfrage eines aim-Kurses von Tageseltern in Heilbronn. Als quasi Selbständige haben die Tageseltern nicht das Know-how und die Zeit, sich um das Marketing zu kümmern. Auch der finanzielle Aspekt spielt eine große Rolle. Das Jugendamt vergütet je nach Alter des Kindes 4,50 bis 5,50 Euro pro Stunde; die Eltern zahlen nach Betreuungsaufwand eine monatliche Pauschale. Das reicht bei Weitem nicht aus, um als Selbstständiger zu überleben. Dort setzt die Studie der dualen Studenten an: „Durch Spezialisierungen ist es den Tageseltern möglich, einen Unique Selling Point (USP) herauszuarbeiten und den Umsatz zu steigern“, so Justus Holzmann, Student an der DHBW Heilbronn. Unter Leitung von Prof. Dr. Hilmar Sturm haben die Studierenden zu jedem Modul einen Businessplan entwickelt, der die Tageseltern durch die Phasen der Marktanalyse, Geschäftsmodellentwicklung, Qualitätssicherung und Werbung führt.

Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ist die Zusammenarbeit mit Tageseltern eine echte Alternative. Kinder bis 14 Jahre werden in Kleingruppen in einem familiären Umfeld mit einer festen Bezugsperson betreut. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass Tageseltern einen 300-stündigen Qualifizierungskurs absolvieren müssen. Wohnung, kindgerechte Unterbringung und persönliche Eignung werden vom Jugendamt genau geprüft. Ein großes Plus gegenüber den Kindertagesstätten ist die Flexibilität: Tageseltern decken auch Randzeiten, Ferienzeiten und Notfälle ab. Auch übernachten können die Kinder dort, falls die Eltern auf Dienstreise sind. Sichert sich das Unternehmen Belegplätze bei Tageseltern, spart es 70 Prozent im Vergleich zum Bau einer eigenen Kindertagesstätte.

Wie das Modell „Unternehmenskooperation“ erfolgreich umgesetzt wird, zeigt das Beispiel der Familiengenossenschaft in Mannheim. Die Familiengenossenschaft bringt Nachfrage und Angebot zusammen: Wird ein Platz benötigt, meldet sich das Unternehmen bei der Genossenschaft, mit den Eltern wird ein Beratungsgespräch durchgeführt und ihnen werden drei Tageseltern vorgeschlagen. Pro Betreuungsplatz fallen für das Unternehmen 500 Euro an, als Eintritt in die Genossenschaft erwirbt das Unternehmen fünf Anteile à 100 Euro. Momentan profitieren 20 Unternehmen und 35 Tageseltern von diesem Service. Interessierte Unternehmen können aber auch ohne Vermittlungspartner aktiv werden. Direkte Anlaufstellen sind die regionalen Tageselternvereine.

Jana Elsner