Was lange währt, wird endlich gut, heißt es. Auf das Buchprojekt der Stiftung Würth und des Landratsamts Hohenlohekreis passt diese Redewendung perfekt. Es widmet sich der Begegnung von Kindern unterschiedlicher Herkunft.
Seinen Anfang nahm alles in den Herbstferien 2017 im Hohenloher Integrationszentrum in Künzelsau-Gaisbach. Als Autorin wurde die durch ihre kritischen Bücher über die Sekte Scientology bekannte Publizistin Renate Hartwig ins Boot geholt. Die 65-Jährige brachte eine Geschichte über einen Raben namens Viktor zu Papier, der einer Krähe seine Stadt zeigt und ihr erklärt, warum er in dieser bleibt, anstatt wie alle anderen Vögel weiterzuziehen. Illustriert wurde das Buch mit dem Titel „Hier lebe ich“ schließlich von einer Gruppe Kinder im Alter zwischen sieben und zwölf Jahren, die der Geschichte Hartwigs lauschte und währenddessen Bilder dazu malte. Das Ergebnis: 16 durch verschiedene Maltechniken entstandene Werke.
Nun wurde dieses einzigartige Kinder-Bilderbuch am Freitag, 9. Februar, in der Freien Schule Anne-Sophie in Künzelsau-Taläcker etwa 20 Schülern der Primarstufe sowie einigen Lehrern präsentiert und der Bibliothekarin der Privatschule übergeben. „Frau Hartwig ist eine ganz berühmte Kinderbuchautorin und sie hat ein Buch dabei, das sie euch heute vorstellen wird. Das ist etwas ganz Tolles – ein riesiges Buch mit vielen Bildern“, begrüßte Susanne Brückbauer, Abteilungsleitung Primarstufe der Freien Schule Anne-Sophie, die gespannt lauschenden Kinder. „Wenn man in so eine große Schule geht, muss man auch ein großes Buch mitnehmen“; nahm Hartwig den Faden ihrer Vorrednerin auf. Dann erzählte die dreifache Mutter, die früher als Sozialarbeiterin tätig war, ein wenig aus ihrem Leben; dass sie bereits 54 Bücher geschrieben habe, darunter auch zweisprachige; dass sie in der vierten Klasse einen Aufsatz verfasst und dafür einen Preis bekommen habe; dass ihre Lehrerin meinte, ihre Freunde seien die Buchstaben, sie werde ganz bestimmt einmal Bücher schreiben.
„Organisatorisch war es leider nicht möglich, dass die Flüchtlingskinder heute dabei sind“, musste die Autorin wehmütig einräumen. Doch sie gab den Kindern einen kurzen Einblick über die Situation der migrierten Nachwuchskünstler, die ihr Buch optisch mitgestaltet haben: Alle Mädchen und Jungen seien erst seit anderthalb Jahren oder einem Jahr in Deutschland und besuchten ganz unterschiedliche Schulen. „Das haben sie toll gemacht, oder?“, fragte Hartwig in die Runde. Bei der Antwort waren sich alle einig und riefen deshalb lauthals: „Ja!“ Sekunden später meldete sich ein Mädchen und sagte: „Ich habe da mitgemacht.“ Denn die Sprösslinge von geflüchteten Mitbürgern erhielten bei dem Projekt Verstärkung durch Schulkinder von Würth-Mitarbeitern. Antonia war eine dieser jungen Schüler. Hartwig bat sie zu sich nach vorne. Das Mädchen sollte die Bilder zeigen, bei denen es mitgemalt hatte. Antonia blätterte in dem 32-seitigen Unikat und deutete dann ganz stolz auf ihre Werke.
„So etwas gibt es sonst nur im Museum“, war Brückbauer überzeugt. „Die Kinder werden sich darum reißen.“ Sie bedankte sich bei Renate Hartwig. Und auch Helmut Jahn, Vorstand der Stiftung Würth, schloss sich an. Dann wandte er sich lächelnd an die Kinder: „Ich bin schon sehr gespannt auf das Buch. Ich darf wahrscheinlich auch mal reinschauen.“ Etwas ernster fügte er hinzu: „Nehmt das für euch mit – zu sagen, ich möchte weltoffen sein.“
Am Ende wurde noch ein gemeinsames Foto von Jahn, Hartwig und den Kindern – natürlich zusammen mit dem Buch – geknipst. Im Anschluss überreichte Brückbauer das Buch der Bibliothek der Freien Schule Anne-Sophie, wo es jederzeit angeschaut und auch ausgeliehen werden kann.
Olga Lechmann