Elektromobilität – Interview mit VW-Chef Oliver Blume

Blick nach vorne: Oliver Blume muss die Volkswagen AG für die Zukunft fit machen. Foto: Volkswagen AG

Seit September 2022 steht ein neuer Mann an der Spitze der Volkswagen AG: Oliver Blume muss als VW-Chef die Wende zur Elektromobilität umsetzen – und das Unternehmen für die Zukunft fit machen.

Mit welchen Neuerungen werden Sie das Unternehmen Volkswagen für die Zukunft aufstellen?

Oliver Blume: Ich habe direkt am ersten Tag einen Zehn-Punkte-Plan vorgestellt, der die wichtigsten Handlungsfelder adressiert. Ganz oben stehen die finanzielle Robustheit des Konzerns ebenso wie die Produkte, vor allem in Bezug auf Design und Qualität. Dann kommen die Regionen: In China geht es darum, unsere starke Position zu festigen, in Nordamerika wollen wir wachsen. Unsere eigene Software-Einheit, die Cariad, stellen wir neu auf und beim autonomen Fahren haben wir die Landkarte neu geordnet. Auch im Bereich Batterie, Laden und Energie haben wir die Geschäftsmodelle weiter ausgearbeitet. Die Nachhaltigkeit sehen wir als grundlegende Verantwortung und haben sie auf Basis von ESG-Kennzahlen neu ausgerichtet. Last not least, wollen wir den Wert des Konzerns am Kapitalmarkt sichtbarer machen. Das sind viele Felder, aber mir war von Anfang an wichtig, den Konzern in seiner Gesamtheit zu betrachten und die richtigen Impulse zu geben. Im vergangenen Jahr haben wir wichtige Entscheidungen getroffen. Jetzt richten wir den Blick nach vorn.

Unter Ihrem Vorgänger sollte das neue Elektroauto Trinity im Jahr 2026 auf den Markt kommen. Der Start wurde nun verschoben. Wie möchte sich der Konzern im Bereich Elektroautos in Zukunft aufstellen?

Blume: Wir setzen unsere E-Mobilitätsstrategie konsequent um. Trinity ist dabei ein Projekt der Marke Volkswagen und war immer als Technologie-Schaufenster geplant, mit der Möglichkeit, später auch vollautomatisiert zu fahren. Diese Technologie sehen wir jetzt eher Ende des Jahrzehnts. Gleichzeitig arbeiten wir daran, dass auch unsere Ikonen – denken Sie zum Beispiel an Golf oder Tiguan – im Elektrozeitalter eine Zukunft haben.

Elektroautos prägen zunehmend das Straßenbild. Doch neben E-Mobilität könnten in Zukunft auch synthetische Kraftstoffe eine deutlich größere Rolle spielen. Inwiefern investiert Volkswagen in das Thema?

Blume: E-Fuels sind eine sinnvolle Ergänzung zur E-Mobilität. Zum Beispiel für Bestandsfahrzeuge oder bestimmte Modelle wie den Porsche 911. Außerdem sind E-Fuels eine Alternative für Sektoren, die man nur sehr schwer elektrifizieren kann, wie beispielsweise die Luftfahrt. So gehen wir den Klimaschutz gesamtheitlich an. Konkret investieren wir bei Porsche gemeinsam mit Siemens in eine Pilotanlage in Chile, die wir Ende vergangenen Jahres offiziell eröffnet haben.

Neben der Ausweitung auf E-Mobilität arbeitet die Automobilbranche auch am autonomen Fahren. Wie bewerten Sie dieses Zukunftsthema?

Blume: Das autonome Fahren ist eine der wichtigsten Zukunftstechnologien in der Automobilwirtschaft. Allerdings wird es noch eine Weile dauern, bis sich das vollautomatisierte Fahren flächendeckend durchsetzt, sowohl was die Technologie als auch was die Gesetzgebung angeht. Wir müssen das assistierte Fahren Schritt für Schritt immer besser machen. Im Zentrum steht die Sicherheit der Kunden.

Wir erleben eine Zeit des viel zitierten politischen Umbruchs. Welchen Herausforderungen müssen sich Unternehmen, insbesondere Weltmarktführer, aktuell stellen?

Blume: Für uns – genauso wie alle anderen globalen Unternehmen – haben sich die Koordinaten verschoben. Die regelbasierte Weltordnung wird aktuell immer wieder in Frage gestellt, Krisen werden zur Regel und sind nicht mehr die Ausnahme. Die Folge sind oftmals gestörte Lieferketten und höhere Preise für Energie und Rohstoffe. Der Volkswagen-Konzern hat diese Herausforderungen in den vergangenen Jahren dank seiner regionalen Aufstellung und finanziellen Robustheit gut gemeistert.

Was ist Ihrer Meinung nach eine der größten Herausforderungen für Unternehmen im kommenden Jahr?

Blume: Die Lieferketten werden auch in diesem Jahr weiter unter Druck bleiben. Gründe dafür sind unter anderem die hohe Inflation, Rezessionsängste und der andauernde Krieg in der Ukraine. Als einer der größten Automobilkonzerne der Welt stellt sich Volkswagen finanziell deshalb noch robuster auf und treibt die regionale Diversifizierung weiter voran.

Interview: Teresa Zwirner

Zur Person:

Oliver Blume ist CEO der Porsche AG und seit September 2022 zudem neuer Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG.