„Energiebedarf muss sinken, Strombedarf wird steigen“

Solarzellen auf dem Dach eines Hauses: Bei Neubauten wird die Technik künftig Pflicht sein. Foto: Adobe Stock/Smileus

Um die Klimaziele zu erreichen, aber auch um unabhängiger von Öl- und Gasimporten zu werden, muss der Ausbau von erneuerbaren Energien vorangetrieben werden. Experte Franz Pöter erläutert, worauf es dabei ankommt und welche Rolle Solarenergie spielt.

Die baden-württembergische Landesregierung will den Südwesten bis 2040 klimaneutral machen. Was muss passieren, um dieses Ziel zu erreichen?

Franz Pöter: Vor allem muss die Energieeffizienz deutlich gesteigert werden. Alle Szenarien zu einer künftigen klimaneutralen Versorgung gehen immer davon aus, dass rund 50 Prozent der Energie eingespart werden. Wir brauchen eine Wärmewende, indem wir Abwärme nutzen für die Wärmeversorgung von Quartieren. Und wir müssen massiv die erneuerbaren Energien ausbauen im Strombereich. Der Energiebedarf muss sinken, aber der Strombedarf wird steigen: für die Elektromobilität, für Wärmepumpen und auch für die Digitalisierung. Auch wenn wir über synthetische Kraftstoffe oder Wasserstoff sprechen – der Ausgangsstoff ist immer Ökostrom. Wir müssen also so viel Strom wie möglich aus Solar- und Windenergie in Baden-Württemberg produzieren, weil wir ihn für alle möglichen Anwendungen brauchen.

Ab Mai gilt eine Photovoltaikpflicht für private Neubauten. Für Gewerbebauten gilt sie bereits seit dem Jahreswechsel. Ist das ein geeignetes Instrument?

Pöter: Ja, eine PV-Pflicht im Neubau ist absolut richtig, weil wir die Flächen nutzen müssen. Die PV ist so günstig, dass sie, wenn man sie von Anfang an einplant, absolut wirtschaftlich ist. Es ist ein wichtiger Baustein, auch später bei der Dachsanierung, aber wir dürfen das Segment dazwischen nicht vergessen. Im Vergleich zum Bestand gibt es ja nicht so wahnsinnig viele Neubauten oder auch Dachsanierungen, für die ab 2023 auch eine PV-Pflicht gilt, wenn das Dach grundlegend saniert wird. Auf dem Großteil der Dächer wird sich in den nächsten Jahren gar nichts tun, es sei denn, die Besitzer agieren freiwillig. Hier müssen aus meiner Sicht auf Bundesebene Anreize geschaffen werden. Wir müssen die Dächer voll machen mit PV.

Wie bewerten Sie die aktuelle Situation? Wie hoch ist heute der Anteil an Solarenergie im Energiemix, insbesondere in Heilbronn-Franken?

Pöter: Wir haben in Baden-Wüttemberg erfasst, wie hoch der Zubau an PV pro Kopf war. Im Vergleich der Regionen ist Heilbronn-Franken auf dem dritten Platz. Wenn man insgesamt den Strom in Baden-Württemberg betrachtet, dann hat die Photovoltaik ungefähr einen Anteil von zehn Prozent an der Bruttostromerzeugung. Wir sind allerdings ein Stromimportland. Da gilt es aufzupassen, was man vergleicht. Zehn Prozent hört sich vielleicht gut an, aber es ist nur ein Bruchteil des tatsächlich hier verbrauchten Stroms. Nichtsdestotrotz ist Photovoltaik in Baden-Württemberg eine der wichtigsten Stromerzeugungsquellen.

Interview: Dirk Täuber