Vorteile und Chancen von Familienunternehmen

Frauen; Unternehmen; Familienunternehmen
Frauen an der Spitze: Weibliche Nachfolgerinnen müssen sich in Familienunternehmen nicht selten besonderen Herausforderungen stellen. Foto: Adobe Stock Bilder/Jacob Lund

In der Region arbeiten viele erfolgreiche Familienunternehmen. Expertin Miriam Bird erklärt, wo die Vorteile und Chancen einer familiengeführten Firma liegen – und welche Gefahren lauern.

Sie erforschen, wie sich betriebswirt­schaftliche Konzepte und Familien­unternehmen möglichst effizient in Einklang bringen lassen. Wo setzen sie Ihren Fokus?

Miriam Bird: Wir haben uns drei Forschungsschwerpunkte gesetzt. Einer davon ist das Thema Nachhaltigkeit. Das heißt, wir stellen uns die Frage, was Nachhaltigkeit in Familienunternehmen beeinflusst und wie das Unternehmen über Generationen hinweg bestehen kann. Ein Aspekt hier ist unter anderem das Thema Nachfolge insbesondere mit Blick auf männliche oder weibliche Nachfolge.

Wieso spielt das Geschlecht eine Rolle?

Bird: Unternehmen setzen inzwischen verstärkt auch auf weibliche Nachfolgerinnen, was aus unserer Sicht eine gute Entwicklung darstellt. Wir möchten verstehen, welchen Hindernissen sich insbesondere weibliche Nachfolgerinnen stellen müssen und wie man diese entsprechend fördern kann, ins Familienunternehmen einzusteigen.

Erkennt man denn Unterschiede mit Blick auf das Thema Nachhaltigkeit?

Bird: Aktuell erforschen wir noch, inwiefern Frauen ein höheres Bewusstsein für diese Themen haben. Es zeichnet sich jedoch ab, dass die von Frauen geführten Unternehmen eher dazu tendieren, weniger CO₂ und Energie auszustoßen und verstärkt auf Umweltinnovationen zu setzen. Wir haben aktuell zum zweiten Mal eine deutschlandweite Umfrage unter Familienunternehmen laufen. Mit dieser möchten wir besser verstehen, inwiefern sich die Rollenverteilung innerhalb eines Unternehmens auf die Dekarbonisierung auswirkt.

Und der zweite Schwerpunkt?

Bird: Das zweite Thema ist die Schnittstelle zwischen Management und Technologie. Dabei fragen wir uns, wie sich neue Technologien, beispielsweise künstliche Intelligenz und Blockchain, auf Familienunternehmen auswirken. Gerade in Heilbronn ist das mit Blick auf den geplanten KI-Park ein großes Thema, zumal zwar jeder davon spricht, aber nur sehr wenige Unternehmen künstliche Intelligenz tatsächlich nutzen. Hier haben wir ein Forschungsprojekt gestartet, wobei wir erforschen möchten, was Unternehmen konkret daran hindert, künstliche Intelligenzen wie beispielsweise Machine Learning einzuführen.

Und was könnte das sein?

Bird: Das erforschen wir aktuell noch. Doch wir wissen bereits, dass insbesondere Familienunternehmen dazu neigen, an Altbewährten festzuhalten und auf Traditionen zu setzen. Es ist jedoch wichtig, hier den Bogen zwischen Tradition und Innovation zu schlagen und nicht zu sehr traditionell zu denken. Gerade wenn der Gründer oder die Gründerin selbst noch aktiv im Unternehmen eingebunden ist, fällt es Familienunternehmen bisweilen schwer, Altbewährtes loszulassen.

Denken Sie, dass gerade das Thema Nachfolge hier eine Chance sein kann?

Bird: Auf jeden Fall. Wir sehen Nachfolge als große Chance für jedes Familienunternehmen, um neuen Wind reinzubringen. Dabei findet automatisch ein Change-Prozess statt, an den man direkt anknüpfen kann. Beispielsweise haben wir vor ein paar Jahren einmal eine Studie darüber gemacht, was es bedeutet, wenn die oder der Vorgänger noch im Aufsichtsrat tätig ist. In den Ergebnissen erkennt man, dass dieser das Unternehmen noch stark beeinflussen kann und der Nachfolger somit weniger Entscheidungsfreiheit hat. Auch das kann Innovation verhindern.

Inwiefern beeinflusst die familiäre Ausrichtung die Kultur dieser Unter­nehmen?

Bird: Sehr stark, denn Familie und Unternehmen sind unweigerlich miteinander verbunden. Das Familiensystem wirkt sich immer auf das Unternehmen aus, daher ist es sehr wichtig, die Familie an sich besser zu verstehen. Wie verhält sie sich? Welche Werte sind in der Familie wichtig? Ein großer Vorteil in Familienunternehmen ist es, dass sie zu langfristigen Investitionen tendieren und sich über Generationen hinweg bereits Gedanken machen. Auch das Thema Vertrauen und Loyalität und das Integrieren der eigenen Mitarbeitenden ist hier häufig stark vertreten.

Das heißt, Familienunternehmen haben weniger mit dem Fachkräfte­mangel zu kämpfen?

Bird: Nicht ganz. Meiner Ansicht nach können Familienunternehmen bestehende Mitarbeitende gut halten. Wenn man sich umhört, erzählen die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dass sie gern für ein Familienunternehmen arbeiten, da es häufig familiär und freundschaftlich ist und starkes Augenmerk auf die Mitarbeitenden gelegt wird. Neue Mitarbeitende zu rekrutieren, wird jedoch zunehmend schwieriger – und das betrifft auch Familienunternehmen. Da kommt es verstärkt auf innovative Lösungen an, wie etwa flexible Arbeitsplatzmodelle oder die Bereitschaft, Menschen anzuheuern, die beispielsweise aus dem englischsprachigen Raum kommen. Familienunternehmen müssen sich hier als moderne Arbeitnehmer darstellen und neuen Entwicklungen öffnen.

Spielt auch die Unternehmensgröße eine Rolle?

Bird: Ja, denn kleine Familienunternehmen sind oft noch inhabergeführt, das macht es spezieller, dafür sind die Entscheidungswege auch viel kürzer und das Unternehmen ist dadurch flexibler. Bei kleinen Unternehmen liegt dafür eine große Entscheidungsmacht in einer Person. Hier kommt es darauf an, wie kompetent diese Person ist. In größeren Unternehmen verteilt sich diese Entscheidungsmacht in der Regel auf mehrere Personen.

Kann das auch zu Konflikten führen – wenn beispielsweise mehrere Familien­ mitglieder an der Spitze stehen?

Bird: Ja, denn gerade familiäre Konflikte wirken sich automatisch auch auf das Unternehmen aus. Hier gibt es häufig eine Familienverfassung, die schriftlich aufgesetzt wird und genau festhält, welche Werte man im Unternehmen leben möchte und wie die Familie hier mitwirkt. Aus meiner Sicht ist es für Familienunternehmen sehr wichtig, sich vorab zu überlegen, welchen Einfluss die Familienmitglieder auf den Betrieb nehmen möchten und das in Form einer Verfassung auch schwarz auf weiß festzuhalten.

Zu guter Letzt zurück zum Anfang unseres Gesprächs: Was ist Ihr dritter Forschungsschwerpunkt?

Bird: Der dritte Schwerpunkt umfasst das Thema Strategie und Governance. Hier schauen wir, welche Kompetenzen die Eigentümer mitbringen und wie sich das auf das Familienunternehmen auswirkt. Unseren Forschungen nach wirken sich diese Eigenschaften – beispielsweise, wenn der Eigentümer sehr innovativ und kreativ ist – sehr stark auf das Unternehmenswachstum aus.

Zur Person

Prof. Dr. Miriam Bird ist Professorin für Entrepreneurship und Familienunternehmen an der TUM School of Management sowie Direktorin des Global Center for Family Enterprise (GCFE) am TUM Campus Heilbronn.