Farbenfroher Ferienspaß

Kinder fürs Museum begeistern? Kein Problem beim Familienworkshop in der Kunsthalle Würth. Hier können sich sowohl Kinder als auch Erwachsene ganz ihrer Fantasie hingeben.

Wo arbeitet ein Bäcker? Na klar, in der Bäckerei. Und ein Bürgermeister? Im Rathaus, das weiß doch jedes Kind. Und ein Künstler? Da werden die sechs Kinder bei der Familienführung in der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall leise. Malhalle? Kunstraum? „Ja, so kann man sagen“, meint Kunsterzieherin Andrea Vollrath. Aber es gebe noch ein besseres Wort. „Atelier“, meint ein Mädchen schließlich zaghaft. „Genau“, freut sich Vollrath. „Und wer von euch war schon mal in einem Atelier?“ Zaghaft gehen ein paar Hände in die Höhe. „Das wundert mich nicht, dass einige von euch da noch nicht waren. Ein Atelier ist nämlich ein bisschen ein geheimer Ort.“ Der Künstler arbeite hier ganz in Ruhe zurückgezogen an seinen Werken. Erst wenn er fertig ist, kommen sie in eine Ausstellung, so wie hier in der Kunsthalle. „So ein Museum ist wie eine Schatzkiste“, facht Vollrath die Fantasie der Kinder an. „Manche von den Kunstwerken hier sind viel mehr wert als Gold!“ Zu diesen Werken führt der erste Teil des Kunstworkshops für Familien, den das Museum einmal pro Ausstellung anbietet.

Der erste Schritt in die Ausstellungsräume – und die meisten Kinder beginnen zu grinsen. Sie schauen in vertraute Gesichter: Die Werkserie „Les visages colorés“ von Daniel Buren in der Ausstellung „Lust auf mehr“ in der Kunsthalle besteht aus drei großen Spiegeln. Grimassenschneiden ist angesagt, ehe Andrea Vollrath den Kindern erklärt, auf welche Weise man ein Kunstwerk anschauen kann. Ebenso, wie einen anderen Menschen, kann man es nur von außen betrachten oder es ganz intensiv ansehen. Zum Werk von Buren erklärt sie, wie ungewöhnlich er es geschafft hat, die Museumswand aus dem Hintergrund vor das Motiv in den Vordergrund zu schieben. Die Kinder sind fasziniert.

Es geht zu den nächsten Gemälden: eines chaotisch, voller Energie und Bewegung, das andere klar und strukturiert. Jedes Kind kann sich entscheiden, was ihm besser gefällt.

Kunst begreifen

„Ich will euch noch ein ganz besonderes Kunstwerk zeigen“, sagt Vollrath zu den jungen Besuchern und ihren Eltern. Im Untergeschoss blickt ein bleiches Gesicht die Kinder von oben herab an. „Hört ihr das Geräusch?“, fragt die Kunstpädagogin die elfköpfige Gruppe. Staubsauger? Kühlschrank? „Es ist ein Tiefkühlschrank.“ Und dieser kühlt bereits seit 27 Jahren das in Kokosmilch gegossene Antlitz des Künstlers Marc Quinn. „Wenn ich den nur abschlecken könnte“, grinst ein Junge. „Stell dir vor, das machen alle“, rügt ihn seine Schwester. „Dann wär‘ der voller Bakterien.“

Hintergrund des Werkes ist ein ernster, wie Vollrath erläutert. Wie viel Aufwand betreibt man, um so ein Werk zu erhalten? Die gleiche Frage kann man analog bei schweren Krankheiten wie Krebs stellen: Wie viel Aufwand betreibt man, um ein Leben zu erhalten? Wie viele Operationen lässt man über sich ergehen? Wie lange nimmt man Tabletten?

Buntes Paradies

Der zweite Teil des Familienworkshops am Sonntagmittag wird entspannter – vor allem für die Museumswärter: Die Kinder pilgern ins benachbarte Kunstatelier. „Im Museum ist ganz viel verboten, im Atelier ist alles erlaubt“, verspricht Andrea Vollrath, die seit rund einem Jahr im Wechsel mit drei anderen Kunstpädagogen die Führungen und Workshops für Kinder und Familien in der Kunsthalle leitet.

Und tatsächlich ist das Atelier ein Wohlfühlparadies für Kinder – und Erwachsene. Hier können sich alle nach Herzenslust austoben, es gibt vielfältige Materialien, Vollrath steht beratend und unterstützend zur Seite. Die Kinder lassen ihrer Fantasie freien Lauf, jeder malt, bastelt, schneidet nach seinen Vorstellungen und es kommen viele farbenfrohe Kunstwerke dabei heraus. Das schöne für die Eltern: Sie müssen nicht auf Einrichtungsgegenstände achten, wie zu Hause, und putzen muss heute auch keiner.

Am Ende gibt es noch eine echte Vernissage. „Das ist ein französisches Wort. So nennt man den Beginn einer Ausstellung, zu der alle kommen und eure Bilder anschauen dürfen“, erklärt Andrea Vollrath. Stolz bepackt nehmen die jungen Künstler nach zwei Stunden ihre Werke mit nach Hause.

Denise Fiedler

Kunst und Kultur mit Kindern
Weitere Veranstaltungen, die für die ganze Familie geeignet sind, gibt es unter anderem in der Kunsthalle Vogelmann in Heilbronn (Ferienwerkstatt in den Osterferien), im Museum im Deutschhof in Heilbronn (Familiennachmittag und KunstWerkLabor im April), in der Kunstschule Kreativ in Schöntal (Familienmalen), im Freilandmuseum Wackershofen und bei den Volkshochschulen.