„Fast alles ist möglich“

Kann man Mode etwa studieren? In der Region konnten das junge Frauen und Männer vor 2014 jedenfalls nicht. Doch seit gut dreieinhalb Jahren bietet die DHBW Heilbronn den Studiengang Textilmanagement an. Was sich dahinter verbirgt, erklärt Studiengangsleiter Prof. Dr. Oliver Janz.

Den Studiengang Textilmanagement gibt es an der Dualen Hochschule in Heilbronn nun seit etwas mehr als drei Jahren. Sind Ihre Erwartungen bisher erfüllt worden?

Janz: Ja. Ich bin sehr zufrieden, vor allem mit den Studierenden selbst. Es ist schön zu sehen, wo diese nach ihrem Abschluss gelandet und dass sie dort erfolgreich sind. Am Bachelor-Ball zu erfahren, dass meine Studenten da sind, wo sie hin wollten, ist einfach toll für mich.

Die ehemaligen Studierenden, die Sie meinen, waren die ersten dieses Studiengangs. Wie viele Absolventen gab es 2017 und wo arbeiten diese jetzt?

Janz: Wir sind 2014 mit zwölf Studenten gestartet. Sie sind bei den unterschiedlichsten Unternehmen in verschiedenen Positionen tätig – etwa im Einkauf eines großen Modehändlers, im Vertrieb einer Wholesale-Firma, also eines Großhandels, oder auch im Personalbereich. Eine Studentin hat einen Job bei Amazon. Fast alles ist mit Textilmanagement möglich. 2017 hatten wir übrigens 22 Studienanfänger.

Warum bedarf es eigentlich eines solchen Studienganges? Wie hat sich das herauskristallisiert?

Janz: Das liegt an den Besonderheiten der Branche. Im Handel gibt es kaum ein Segment, das eine größere Artikelvielfalt aufweist als das der Mode. Gleichzeitig ist der Zeitraum, in dem die Waren verkauft werden können, aufgrund von Saisons und Trends relativ kurz, während die Vorlaufzeiten zwischen Produktentwicklung und Auslieferung der Waren in die Läden relativ lang sind. Diese Besonderheiten führen zu äußerst komplexen Lieferketten und hohen warenbezogenen Risiken. Die Themenfelder Supply-Chain-, Einkaufs-, Marken-, Filial- und Abschriften-Management in der Modebranche unterscheiden sich deutlich von denen in allen anderen Konsumgütersparten. Wir bilden Nachwuchsführungskräfte aus, die speziell auf diesen Gebieten für die Branche wertvolles Know-how besitzen.

Welche Voraussetzungen sind denn für ein Textilmanagement-Studium nötig?

Janz: Dafür braucht man entweder Abitur oder Fachabitur. Vorkenntnisse sind zwar nicht nötig, doch was viele unterschätzen, sind die Fächer Mathematik und Statistik. Die Inhalte des Textilmanagements sind eben auf die Betriebswirtschaftslehre ausgerichtet. Das bedeutet, dass Themen wie Finanzierung, Investitionsrechnung, Recht, Handelslogistik und Marktforschung auf dem Programm stehen. Auch E-Commerce ist ein großes Thema.

Und wie sehen die modespezifischen Inhalte aus?

Janz: Die Studenten entwickeln zum Beispiel selbst eine Kollektion. Die Entwürfe dieser werden dann auch genäht und später wird damit ein sogenanntes Lookbook, sprich ein Buch mit Fotos der Kollektion, erstellt. Außerdem besuchen sie eine Stoffmesse in Paris oder bewerten Standorte von Modeläden und die Benutzerfreundlichkeit von Webshops bekannter Unternehmen. Das alles macht den Studierenden sehr viel Spaß.

Wie ist eigentlich das Verhältnis zwischen dem Frauen- und dem Männeranteil?

Janz: Es studieren ganz klar mehr Frauen Textilmanagement. Vergangenes Jahr hatten wir fünf Männer.

Um an einer Dualen Hochschule studieren zu können, braucht man ja erst mal ein Partnerunternehmen. Wer sind Ihre Kooperationsbetriebe im Studiengang Textilmanagement?

Janz: Da sind nationale und internationale Firmen dabei wie Tommy Hilfiger, Diesel Jeans, Olymp und Betty Barclay. Aber wir kooperieren natürlich auch mit Unternehmen aus der Region, darunter Mustang Jeans in Künzelsau, Würth Modyf in Gaisbach, Sabu Schuh und Marketing in Heilbronn oder Weise Fashion in Fichtenau.

Ganz allgemein gefragt: Wie hat sich die Modebranche in den vergangenen Jahren entwickelt?

Janz: Die Modebranche erlebt aktuell turbulente Zeiten. Das liegt an dem stark wachsenden Online-Handel. Dieser macht mittlerweile 24 Prozent des Modegeschäfts in Deutschland aus. Parallel arbeiten die Händler und Marken an der Verzahnung zwischen online und stationär. Das erfordert immense Investitionen in Technologie. Gleichzeitig sind viele Abläufe in den Unternehmen anders als früher. Darüber hinaus verändert sich der Markt durch stark expandierende Firmen vor allem im Niedrigpreissegment. Primark, Kik, TK-Maxx sind hier beispielhaft zu nennen. Ebenso haben Modemarken in den vergangenen Jahren verstärkt eigene Läden eröffnet und sind auf diese Weise in Konkurrenz zu ihren Handelskunden getreten. Der Modemarkt hat sich stark gewandelt und wird das auch in Zukunft tun. Auch aus diesem Grund sind gut ausgebildete Nachwuchskräfte, die sich in der Branche auskennen, von großer Bedeutung.

Interview: Olga Lechmann