In unserer Region Heilbronn-Franken beginnt mit dem Frühling auch die Saison der Firmenläufe – sie sind ein Gewinn sowohl für Mitarbeiter als auch Unternehmen. Das beweist die aktuelle empirische Studie von Marketing-Expertin Prof. Dr. Tatjana König.

Auf mildes Frühlingswetter und klare Luft warten derzeit alle Laufbegeisterten sehnlich: endlich wieder mit großen, federnden Schritten Weinberge, Felder und Wälder durchqueren oder entlang von Kocher, Neckar, Tauber und Jagst joggen. Die vielfältige Landschaft unserer Region mag einer der Gründe sein, warum in Heilbronn-Franken besonders viele Unternehmen und Institutionen die Lauffreude vieler Mitarbeiter mit Firmenläufen zum Event machen.
In unserer Region gibt es gleich mehrere solcher Sport-Großveranstaltungen: In diesem Jahr läuft die Saison am 11. Mai mit dem 23. Heilbronner Trollinger Marathon an. Der im Volksmund „Trolli“ genannte Lauf wird von Heilbronn Marketing organisiert und ist mit mehr als 7000 Teilnehmern, die vergangenes Jahr ins Ziel kamen, eher Volkssport als ein Unternehmens-Event wie der AOK-Firmenlauf 2024 in Schwäbisch Hall am 10. Juli. Drei Wochen später, am 31. Juli, ruft die Stimme Mediengruppe zum 15. Stimme Firmenlauf auf. Bekannt in der Region sind der ebm-papst-Marathon am 13. und 14. September in Niedernhall, und der Company-Trail, den Ziehl-Abegg im Zwei-Jahres-Turnus organisiert und an dem mehrere Weltmarktführer aus dem Gewerbepark Hohenlohe beteiligt sind.
Beachtliche Anzahl Firmenläufe in Heilbronn-Franken
Alles andere als ein Running Gag: Als Ausrichter und Organisatoren sind Unternehmen unserer Region offenbar überproportional aktiv. „Diese Anzahl von Firmenläufen erscheint mir in der Tat beachtlich“, befindet Prof. Dr. Tatjana König von der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlands (htw saar). Offenbar haben die Initiatoren zwischen Neckar und Tauber den Mehrwert dieser Events erkannt. Denn dass Unternehmen, Mitarbeiter, Kunden und die ganze Region von Firmenläufen in mehrfacher Hinsicht profitieren, hat König mit einer aktuellen empirischen Studie nun auch wissenschaftlich belegt.
Die Marketing-Professorin leitet den Studiengang „Marketing Science“ und hat mehr als 2000 Teilnehmer zum positiven Einfluss dieser Events auf die Mitarbeitermotivation und das Firmen-Image befragt. Das Ergebnis ist eindeutig: 75 Prozent der Teilnehmer – regional sogar bis zu 90 Prozent – sind begeistert. „Wir haben einen positiven Effekt auf die Mitarbeiterbindung empirisch nachweisen können“, sagt König. Und auch wenn für Unternehmen mit schlechter Arbeitsatmosphäre das Event vermutlich nicht zum Game-Changer für wechselbereite Mitarbeiter würde, „mein Eindruck ist, dass viele Unternehmen, die in diese Events investieren, verstanden haben, worauf es ankommt.“
Das erklärt die vielen „Wiederholungsläufer“: Neun von zehn Befragten planen, im Folgejahr erneut bei einem Firmenlauf an den Start zu gehen. „Firmenläufe lösen viele Emotionen aus – das Event aktiviert und involviert – das sind natürlich Wirkungsmechanismen, die wir im Marketing gerne sehen“, sagt König. Das Sport-Erlebnis könne Emotionen wecken, vielfältige Sinneseindrücke vermitteln und Gruppendynamik auslösen – und bilde „damit einen willkommenen Gegenpol zu einer zunehmend digitaleren und damit häufig isolierteren Arbeitswelt“.
Positive Einflüsse von Firmenläufen auf die Motivation
Die Studien von König und ihrem Team belegen nach ihrer Aussage starke positive Einflüsse von Firmenläufen auf die Arbeitsmotivation der Mitarbeiter – und zwar dreifach: vor, während und nach dem Event. Schon die gemeinsame Vorbereitung schweiße zusammen, ist König überzeugt: „Auch wenn es untrainierte Teilnehmer gibt, die einen Firmenlauf ohne gesundheitlichen Schaden absolvieren, so kommen doch die Fitness- und Teambuilding-bezogenen Effekte über die gemeinsame Vorbereitungszeit zustande. In manchen Unternehmen werden Lauftreffs nach Feierabend oder in der Mittagspause etwa vom Betrieblichen Gesundheitsmanagement organisiert oder von Team-Captains motiviert“, berichtet die Marketing-Professorin. Immer wieder bekomme sie Rückmeldungen, etwa: „Seit wir jede Woche zusammen laufen, hat sich die Atmosphäre im Büro spürbar verbessert“, oder: „Ich bin total happy – mit dem Lauftreff zur Vorbereitung habe ich bereits einige Kilogramm Gewicht verloren“.
Eine Win-Win-Situation also auch für weniger Sportliche: „Regelmäßiges Laufen hat nachgewiesener Weise einen positiven Effekt auf die Gesundheit und die allgemeine Fitness – dies ist gerade in einem Land mit alternder Erwerbsbevölkerung wichtig“, konstatiert König. Zwar koste es Nicht-Läufer erst einmal Überwindung, anzufangen und die notwendige Kondition aufzubauen. Aber dann „die Firmenlauf-Strecke zu meistern, stärkt meist das Selbstbewusstsein – da ist die gelaufene Zeit nachrangig“. Nicht nur für den einzelnen Arbeitnehmer, sondern für ganze Belegschaften seien diese Sport-Events ein Gewinn: „Die Organizational-Identity-Theory besagt, dass sich der Mensch nicht nur über seine Einzigartigkeit definiert, sondern gerade auch über die gemeinsame Zugehörigkeit zu Gruppen“.
Firmenläufe verhelfen zu mehr Sichtbarkeit in der Region
Um herauszufinden, wie sehr Firmenläufe auf dieses „Wir-Gefühl“ einzahlen, untersuchte König sowohl das Engagement der Mitarbeiter als auch die wahrgenommene Unterstützung des jeweiligen Unternehmens. Beides trage nahezu gleich stark zum Teambuilding bei – und das fördere wiederum die Identifikation. „Für die Mitarbeiter ist es toll zu sehen, dass ihr Arbeitgeber in einen solches Event außerhalb von Arbeitsalltag und Produktivitätsmaßnahmen investiert, zeitliche, finanzielle und logistische Ressourcen zur Verfügung stellt und die Teilnahme auch ideell unterstützt“, sagt König. Gewinner sind dabei aber nicht nur Mitarbeiter, die es in Bestzeit über die Ziellinie schaffen. Auch die Unternehmen selbst profitieren: Ihnen verhelfen Firmenläufe laut König zu mehr Sichtbarkeit in der Region. Das helfe vor allem Hidden Champions, „die wir ansonsten vielleicht nicht wahrnehmen, weil wir als Konsumenten nicht ihre Zielgruppe sind, etwa im Firmenkunden-Bereich“.
Sich als attraktive Arbeitgeber zu positionieren oder als Sponsoren auf Produkte und Innovationen aufmerksam zu machen – dafür böten Firmenläufe eine gute Bühne. Langfristig würden auch Image und Marke profitieren, glaubt die Marketing-Professorin: „Tatsächlich sollen schon ‚Deals‘ zwischen Unternehmensvertretern auf der Laufstrecke zustande gekommen sein.“

Zur Person
Dr. Tatjana König ist Professorin für Marketing an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlands (htw saar). Gemeinsam mit ihrem Team untersuchte sie in einer Studie die Auswirkungen von Firmenläufen auf die Mitarbeitermotivation. Weiterführende Erkenntnisse publizierte sie zudem in ihrem Buch „Eventforschung: Aktueller Stand und Perspektiven“.
Natalie Kotowski