Das jüngste Hochwasser hat in Baden-Württemberg nach Angaben des Landes in der Land- und Forstwirtschaft erhebliche Schäden verursacht. Allein die Waldschäden werden landesweit auf mehr als drei Millionen Euro geschätzt.

„Die jüngsten Starkregenereignisse haben vor allem in den östlichen Landesteilen zu großen Schäden in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben geführt“, erklärte kürzlich Landwirtschaftsminister Peter Hauk im Rahmen einer Pressekonferenz zu den aktuellen Hochwasserschäden in der Land- und Forstwirtschaft in Baden-Württemberg. „Eine erste Schadensabfrage auf Landkreisebene ergab für Baden-Württemberg über 95.000 Hektar starkregengeschädigte und 26.000 Hektar überschwemmte Ackerflächen. Über 85.000 Hektar Grünland waren durch Starkregen geschädigt und über 22.000 Hektar überschwemmt.“ Der Minister hatte sich in den Tage zuvor bei betroffenen Betrieben vor Ort über die Schadenssituation in der Land- und Forstwirtschaft informiert.
Zwar werden die vielen Niederschläge nicht überall zu Totalausfällen führen, allerdings ist nach jetzigem Kenntnisstand von erheblichen Ertrags- und Qualitätsverlusten auszugehen, heißt es in der Pressemitteilung des Landes. Die erste Grünfutterernte konnte demnach bisher nur von etwa 70 Prozent der Betriebe abgeschlossen werden.
Besonders Milchviehbetriebe betroffen
„Besonders Milchviehbetriebe, wie auch Rinder- und Pferdehalter sind hiervon betroffen. Bei den Obst- und Gartenbaukulturen sind insbesondere Schäden durch aufgeplatzte Kirschen und starkregengeschädigte Erdbeeren zu verzeichnen“, erklärte Hauk. „Punktuell kam es zu Überschwemmungen von Höfen und Ställen. Sofern notwendig, konnten die untergebrachten Tiere alle rechtzeitig evakuiert werden.“ Eine konkrete Schadenssumme könne derzeit noch nicht abgeschätzt werden.“
Bei den Waldschäden handelt es sich laut Hauk überwiegend um Schäden an den Waldwegen, die ausgespült oder durch Hangrutschungen mitgerissen wurden. „Nach ersten Schätzungen ist aufgrund des jüngsten Hochwasserereignisses landesweit mit Schäden im Wald von über drei Millionen Euro zu rechnen“, sagte Minister Peter Hauk.
Klimawandel bleibt eine Herausforderung
Ein Blick in die Klimamodelldaten für Baden-Württemberg zeigt, dass sich das Land auch in Zukunft auf intensivere Niederschlagsereignisse einstellen muss. Dabei sind Land- und Forstwirtschaft von der gesamtgesellschaftlichen Herausforderung des Klimawandels in besonderem Maße betroffen. Strategien, um sich an die geänderten Klimabedingungen aktiv anzupassen, gibt es bereits. „Unsere heimische Landwirtschaft ist systemrelevant. Dem Erhalt unserer mittelständischen Land- und Ernährungswirtschaft muss daher ab sofort wieder mehr Priorität eingeräumt werden. Die Landwirtschaft ist auch bei der Bewältigung der Klimafolgen nicht das Problem, sondern Teil der Lösung“, so Hauk. „Landwirtschaftliche Flächen sind essentielle Produktionsstandorte für Nahrungsmittel und tragen als Retentionsräume auch zum Hochwasserschutz bei.“
„Das aktuelle Hochwasserereignis hat uns gezeigt, dass zum Schutz von Leib und Leben sowie zur Sicherung der Nahrungsmittelproduktion eine generelle Neubewertung von Maßnahmen insbesondere von Natur- und Artenschutz vorgenommen werden muss“, betonte Hauk. So dürfe beispielsweise das Reinigen und die Pflege von Bächen und Entwässerungsgräben nicht an Naturschutzvorgaben scheitern. „Ebenso brauchen wir eine Neubewertung des Bibermanagements an neuralgischen Hochwasserpunkten. An vielen Gewässern verringert der Biber mit seinen Dämmen notwendigen Retentionsraum.“
Zu überprüfen seien auch Bannwälder, die vielerorts aufgrund des ausgeschwemmten Totholzes zum Problem würden. „Aus diesem Grund prüfen wir in Hochwasserrisikogebieten Bannwälder in Schutzwälder umzuwandeln, um dann entsprechend reagieren zu können. Auch bei der Gewässerrenaturierung gilt es künftig dem Hochwasserschutz Vorrang einzuräumen, auch zum Schutz landwirtschaftlicher Flächen. Dies haben die aktuellen Ereignisse klar gezeigt: Hochwasserschutz geht vor!“, forderte Minister Peter Hauk.
Ausbau des Versicherungsangebotes notwendig
Außerdem bringen die zunehmenden Extremwetterlagen, mit hohem Schadensrisiko, die betriebliche Risikovorsorge als auch staatliche Ad-hoc-Hilfen zunehmend an ihre Grenzen. Daher benötigen landwirtschaftliche Betriebe wirtschaftlich tragfähige Versicherungslösungen zum Schutz vor witterungsbedingten Verlusten des Fruchtertrages, heißt es in der Pressemitteilung. Baden-Württemberg hat als erstes Land bereits 2020 ein mit Landesmitteln finanziertes Pilotprojekt zur „Förderung von Ertragsversicherungen im Obst- und Weinbau“ aufgelegt, um die Landwirte gegen Risiken wie Starkfrost, Sturm und Starkregen im Obst- und Weinbau finanziell zu unterstützen. „Leider weigert sich der Bund bisher, sich finanziell zu beteiligen. Dies wäre aber geboten. Wir müssen die Risikoabsicherung gegen witterungsbedingte Ertragsrisiken über Versicherungen auf eine breitere Basis zu stellen und auch für weitere Kulturen öffnen“, betonte Hauk. Zudem müsste das Risikomanagement in der Landwirtschaft auch nachträglich noch zu einem zentralen Element im Strategiedialog Landwirtschaft und im Gesellschaftsvertrag werden.
red.