Gemeinsame Berührungspunkte

Öhringen und Künzelsau sind die größten Städte im Hohenlohekreis. Die Bürger der zwei Kommunen neckten sich in der Vergangenheit oft gegenseitig. In Wirtschaftsfragen stehen die beiden Städte allerdings heute mehr denn je zusammen.

Im Volksmund gilt jeder als „Hamballe“, der in Öhringen geboren ist. Seit 1987 existiert das Hamballe-Denkmal im Stadtkern. Die humorvolle Skulptur zeigt den Hamballe mit Regenschirm, der mit der Gießkanne die Blumen gießt. Humor ist auch im Spiel, wenn sich Öhringer von der Nachbarstadt im Alltag abheben wollen. Jüngstes Beispiel: Es gibt nicht wenige Öhringer, die im Landratsamt das KFZ-Zeichen „KÜN“ abstoßen möchten, weil sie sich lieber zu ihrer Heimatstadt bekennen wollen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Öhringens Oberbürgermeister Thilo Michler nimmt die Rückkehr zum Alt-Kennzeichen „ÖHR“ schmunzelnd zur Kenntnis: „Wir freuen uns, dass das Alt-Kennzeichen wieder häufig auf den Straßen zu sehen ist“, erklärt er. „Es ist aber nicht viel mehr als ein Werbeinstrument für unsere Stadt und unseren Hohenlohekreis“, betont er.

Die meisten städtischen Fahrzeuge in Öhringen sind inzwischen auf „ÖHR“ umgestellt. „Aus Marketinggründen“, sagt der Rathauschef lachend. Im Landratsamt in Künzelsau wurden aktuell rund 14.500 ÖHR-Kennzeichen ausgegeben. „Eine Angabe, wie viele davon aus dem Öhringer Raum kommen, wird nicht separat erfasst und kann daher nicht ermittelt werden“, so die neutrale Stellungnahme der Pressestelle.

In Wirtschaftsfragen bündeln die Öhringer und Künzelsauer öfter gemeinsam die Kräfte. So leistete die Stadt Künzelsau im vergangenen Jahr mit einer Stadtwoche ebenfalls einen Beitrag zum Erfolg der Landesgartenschau in Öhringen. „Wir sind sehr dankbar, dass sich bei der Landesgartenschau die gesamte Region und auch unsere Kreisstadt Künzelsau engagiert hat“, betont Michler. Mit Künzelsau pflege man ein sehr gutes Verhältnis und tausche sich auch bei schwierigen Themen immer wieder direkt aus. Als erfreuliche Beispiele nennt er die interkommunale Kooperation im Städtenetzwerk „Hohenlohe plus“ sowie die enge Zusammenarbeit in der Wirtschaftsförderung und Regionalentwicklung.

Dass das Band zwischen den beiden Nachbarstädten durch die gemeinsamen Auftritte auf der Landesgartenschau zuletzt enger geworden ist, sieht auch Andreas Dürr positiv. „Beide Städte sind sehr wichtig für unsere touristische Entwicklung und zwar nicht nur für den Hohenlohekreis, sondern ebenso für die gesamte Region“, erläutert der Geschäftsführer der Touristikgemeinschaft Hohenlohe.

Der Tourismusexperte holt weiter aus: „Aufgrund des großen Bedarfs an Arbeitskräften und Fachpersonal stehen die Unternehmen und damit auch die Landkreise sowie die Städte und Gemeinden nicht nur im Wettbewerb mit den Nachbarregionen. Sie werden zusätzlich gleichfalls mit einem bundesweiten und sogar internationalen Wettbewerb konfrontiert“, so Dürr. Die Landkreise können daher insbesondere im Bereich Standortmarketing und Fachkräfteakquise nur erfolgreich sein, „wenn alle Kommunen gemeinsam an einem Strang ziehen und in Kooperationen die anstehenden Zukunftsthemen angehen“. In vollem Gange ist derzeit ebenfalls die Erstellung des Kreisentwicklungs- und Strategiekonzepts „ZukunftHOK“.

Ende gut, alles gut? Nicht ganz. Die angekündigte Schließung des Krankenhauses in Künzelsau zugunsten eines geplanten Neubaus in Öhringen erregt nach wie vor die Gemüter, wie die zahlreichen Mittwochskundgebungen in der Kocherstadt zeigen. In Künzelsau soll zukünftig ein starkes Medizinzentrum ambulante und sektorenübergreifende Gesundheitsleistungen gewährleisten. Der ehemalige Chefarzt Dr. Andreas Eckle setzte sich in den Medien wiederholt für einen Erhalt des Krankenhauses ein. Jedoch betont Landrat Matthias Neth: „Mir ist es besonders wichtig, dass an beiden Standorten eine nachhaltige und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung erhalten bleibt. Dies können wir aber nur durch Strukturveränderungen erreichen.“

Andreas Scholz