Hoffnung keimt im „Land der Lösungsmacher“

25 Prozent der Gäste auf dem „Gipfeltreffen der Weltmarktführer“ in Schwäbisch Hall gehen für 2025 von Wachstum aus – die hochkarätigen Speaker am ersten Konferenztag benannten Herausforderungen, aber auch Chancen. Am besten kam im Publikum der Vorschlag eines „Regulierungs-Moratoriums“ an.

Zuversicht war am ersten Tag sowohl bei den Speakern als auch beim Publikum zu spüren. Foto: Gipfeltreffen der Weltmarktführer | Foto Vogt

Noch ist es nicht Zeit für überschwänglich optimistische Zukunftsparolen – aber der Funke Zuversicht, der beim 15. Gipfeltreffen der Weltmarktführer“ in Schwäbisch Hall sprühen sollte, scheint schon zur Flamme geworden zu sein: Jeder vierte der knapp 600 Zuhörer, die im Tagungssaal der Bausparkasse Schwäbisch Hall am ersten Konferenztag im Publikum saßen, rechnet in diesem Jahr mit einem Wachstum der deutschen Wirtschaft. Das ergab eine Blitzumfrage unter den anwesenden Unternehmern, Führungskräften und Entscheidern. Zwar rechnen 55 Prozent mit Stagnation. Aber: Nur 20 Prozent befürchten eine Rezession. Deutschland sei das „Land der Lösungsmacher“ – dieser Faden zog sich durch alle Vorträge der hochkarätigen Gastredner. Dass es bergauf gehen kann und Deutschland in einer unsicheren Welt seine starke Rolle behalten kann, davon haben die Speaker das Publikum offenbar überzeugt – zumindest im Hinblick auf das Umfrageergebnis.

Der stärkste „apokalyptische Reiter“ der deutschen Wirtschaft, wie Mitgastgeber Horst von Buttlar, Chefredakteur der Wirtschaftswoche, die Herausforderungen der Unternehmer, Hidden Champions und Weltmarktführer nannte, bleibe die Bürokratie – gefolgt von Fachkräftemangel, Energiekosten und anderen Herausforderungen. Sein Vorschlag eines Moratoriums – sei es für Vorgaben und Regulierungen in Sachen Lieferketten, Nachhaltigkeit und anderen Feldern – wurde denn auch begeistert aufgenommen. Nicht nur vom Publikum, auch von den nachfolgenden Rednern wie etwa Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka, „Die Familienunternehmer“-Verbandspräsidentin Marie-Christine Ostermann, Benedikt von Braunmühl als CEO der Rentschler Biopharma SE, die für ein Aussetzen der Vorgaben und Pflichten für große und kleine Unternehmen plädierten. 

Benedikt von Braunmühl auf dem Gipfeltreffen der Weltmarktführer
Marie-Christine Ostermann auf dem Gipfeltreffen der Weltmarktführer
Professor Dr.-Ing. Holger Hanselka auf dem Gipfeltreffen der Weltmarktführer

Plädierten für ein Aussetzen der Vorgaben und Pflichten für große und kleine Unternehmen: Benedikt von Braunmühl, Marie-Christine Ostermann und Professor Dr.-Ing. Holger Hanselka (von links). Foto: Gipfeltreffen der Weltmarktführer | Foto Vogt

Das Stimmungsbarometer war daher auf Zuversicht geeicht: Bei Eric Perotti etwa, Vorstandsvorsitzender der ABB AG. Seine Botschaft: Nachhaltiges Denken in Unternehmen ist auch ökonomisch sinnvoll – am Beispiel seines Unternehmens. Ideen für eine gute Zukunft präsentierten auch Johannes Linden, Sprecher des Vorstands der weltmarktführenden Pfisterer Holding SE, und Armin von Falkenhayn, Deutschland-Chef der Bank of Amerika und Head of Global Corporate & Investment Banking für die DACH-Region, der betonte, wie wichtig private Investoren für das Wachstum der deutschen Wirtschaft seien – abseits von Bankkrediten und Eigenkapital. 

Eric Perotti
Sprach sich für nachhaltiges Denken in Unternehmen aus: Eric Perotti. Foto: Gipfeltreffen der Weltmarktführer | Foto Vogt

Die guten Nachrichten sind aber offenbar nicht immer sichtbar genug: Fraunhofer-Präsident Hanselka etwa versetzte manchen Zuhörer im Publikum in Erstaunen mit seinen Ausführungen zur Arbeit der Forschungsinstitute. So war vielen nicht bewusst gewesen, dass die Fraunhofer-Institute nach seinen Worten ein DeepSeek-ähnliches Open-Source-AI-Modell entwickelt hätten. „Wir haben die Technologien“, sagte er. Immerhin 81 Prozent der deutschen Weltmarktführer würden es bereits in Zusammenarbeit mit Fraunhofer nutzen. Die Relevanz von Innovationen scheint überall ganz oben auf der Agenda zu stehen – bei Weltmarktführern, Hidden Champions und KMU: 60 Prozent der Projekte realisieren die Fraunhofer-Wissenschaftler nach Hanselkas Worten mit dem Mittelstand. 

Johannes Linden
Armin von Falkenhayn

Wie die lokale Produktion die Wettbewerbsfähigkeit stärkt, stand im Mittelpunkt der Keynote von Johannes Linden (links). Armin von Falkenhayn (rechts) sprach über einen effizienten Kapitalmarktzugang als strategischer Wettbewerbsvorteil für den deutschen Mittelstand. Fotos: Gipfeltreffen der Weltmarktführer | Foto Vogt

Cathryn Clüver Ashbrook, Senior Advisor der Bertelsmann-Stiftung im Programm Nachhaltige Soziale Marktwirtschaft und USA-Kennerin, lenkte im Interview mit Sonja Álvarez, stellvertretende Leiterin der Wirtschaftswoche-Hauptstadtbüros, den Blick in die USA: dass die Zuversicht in Amerika aktuell, wenige Wochen nach Amtsantritt von Präsident Donald Trump, sich angesichts fast täglich neuer Pläne des Staatschefs in Verunsicherung wandele.  

Internationale Verunsicherungen kennt auch Angela Titzrath, Vorstandsvorsitzende der Hamburger Hafen und Logistik AG: „Wir Logistiker leben seit Jahrzehnten mit Volatilität.“ Sie plädierte für mehr Investitionen in Infrastruktur und Vernetzung, um in puncto Logistik als Exportnation nicht den Anschluss zu verlieren. Logistik sei lange als selbstverständlich betrachtet worden – aber im Wettbewerb ein entscheidender Faktor. Ein Kilometer Kaikante koste zwischen 15 und 90 Millionen Euro, aber vom Bund erhalten die Küstenländer mit ihren 20 Seehäfen insgesamt 38 Millionen Euro, rechnete sie vor: „Diese Rechnung geht nicht auf!“ Und auch, wenn es Heilbronn-Franken nicht unmittelbar betrifft – symptomatisch sei dies auch im Hinblick auf Bahn und Straße. Effiziente Logistik bedeute, Verkehrsmittel nahtlos zu verflechten.  

Angela Titzrath im Gespräch mit Horst von Buttlar auf dem Gipfeltreffen der Weltmarktführer
Angela Titzrath im Gespräch mit Horst von Buttlar. Foto: Gipfeltreffen der Weltmarktführer | Foto Vogt

Positive Signale für Heilbronn-Franken und ganz Deutschland kamen am Nachmittag aus dem Nordosten Deutschlands: Von vollen Auftragsbüchern, Rekordnachfrage und Zuversicht war im Talk mit Jessica Springfeld, Head of Video & Audio Solutions zwischen  Dr. Lars Greitsch, Managing Director der Mecklenburger Metallguss GmbH, Dr. Peter Heuell, Geschäftsführer der EMH Metering GmbH & Co. KG, und Sabine von Köppen, geschäftsführende Gesellschafterin der August Hildebrandt GmbH die Rede. Alle drei Talkgäste lobten ihren Standort in Mecklenburg-Vorpommern – teils in sehr ländlichem Umfeld. „Das Reallabor von Deutschland“ nicht nur für Erneuerbare Energien sei nach Heuells Worten das Bundesland im Nordosten, für das zuvor auch Mecklenburg-Vorpommerns Staatssekretär Jochen Schulte in seinem Beitrag geworben hatte. 

Dr. Walter Döring brachte es auf den Punkt: „Mut und Zuversicht soll von Schwäbisch Hall ausgehen, nach Deutschland, Europa und in die Welt.“ Ein guter Anfang scheint jedenfalls gemacht.                                                                                           

Natalie Kotowski