Ob Windräder auf dem Feld oder Solarzellen auf dem Hausdach: Die Grüne Energieerzeugung ist dezentral. Im Interview erläutert Lukas Bühler von der Bürger-Energie-Genossenschaft EnerGeno, wie eine dezentrale Energiewelt in der Region aussehen kann.
Wie ist die Energie-Genossenschaft aufgebaut?
Lukas Bühler: Die EnerGeno Heilbronn-Franken eG ist die größte Bürger-Energie-Genossenschaft und der größte Produzent von Solarenergie in der Region Heilbronn. Mittlerweile sind wir mehr als 1700 Genossenschaftsmitglieder. Unsere Vision und unser Ziel ist eine Zukunft auf Basis des Energiesystems mit 100 Prozent erneuerbarer Energie und unter Beteiligung der lokalen Bevölkerung.
Und wie könnte ein dezentrales Energiesystem aussehen?
Bühler: Im Gegensatz zu einem Energiesystem basierend auf fossilen und nuklearen Energieträgern, wird die dezentrale Energiewelt der Zukunft kleinteiliger sein und eher der Logik einer Schwarmintelligenz folgen. Momentan sind wir noch in einer Art Übergangsphase, in der beide System nebeneinander existieren, was auch Teil der Verunsicherung in der Bevölkerung ist. Eine dezentrale, erneuerbare Versorgung wird ein deutlich widerstandsfähigeres, nachhaltigeres und auch kostengünstigeres System sein und in Anbetracht der Lage der Welt auch das einzig denkbare. Denn die Sonne und der Wind stellen eben keine Rechnung und sind überall verfügbar.
Welche Arten einer dezentralen Energieversorgung haben Sie bereits implementiert?
Bühler: Wir betreiben über 70 Solaranlagen von der kleinen Dachlage auf dem Kindergarten bis zu großen Solarparks in der Freifläche. Insgesamt produzieren unsere Anlagen mit einer gesamten installierten Leistung von 32.000 kWp bereits heute Solarstrom für über 25.000 Menschen. Zusätzlich sind wir an mehreren Windprojekten beteiligt und betätigen uns auch im Bereich Energieeffizienz und E-Lade-Infrastruktur.
Welche Projekte wurden hier bereits erfolgreich in der Region umgesetzt?
Bühler: Wir betreiben einige der größten Solar-Dachanlagen der Region wie zum Beispiel auf den Gebäuden der Aufbaugilde in Heilbronn und auch auf den Parkhäusern des Audi-Standortes Neckarsulm. Aber mindestens genauso wichtig sind uns die vielen Anlagen auf Schulen, Kindergärten und öffentlichen Gebäuden in der Region. Auf der ehemaligen Erddeponie in Kirchardt betreiben wir einen großen Bürgersolarpark.
Inwiefern trägt die EnerGeno so zur Verbesserung der Energieversorgungssicherheit bei?
Bühler: Wir haben die letzten Jahre jährlich mehrere Megawatt Leistung ausgebaut, außerdem mit den Bürgerwerken einen reinen genossenschaftlichen Ökostrom-Versorger für alle Endkunden aufgebaut. Das vorige Jahr hat gezeigt, dass nicht nur der menschengemachte Klimawandel, sondern auch geopolitische Abhängigkeiten dringend einen deutlich schnelleren Ausbau der Solarenergie benötigen.
Was bedeutet das für Ihre künftigen Pläne?
Bühler: Mit dem Schritt zur eigenen Bauabteilung haben wir uns noch unabhängiger gemacht. Wir werden unsere Ausbaugeschwindigkeit künftig noch beschleunigen und möchten die vorhandenen Potenziale der Region nutzen. Wir bitten also alle Unternehmen, Kommunen oder Privatpersonen mit Dachflächen oder Freiflächen, sich bei Interesse einfach direkt an uns zu wenden. Bürgerbeteiligung ist der Schlüssel für eine erfolgreiche dezentrale Energiewende. Daher können wir nur jeden einladen, Teil unserer Genossenschaft zu werden und somit auch aktiver Teil der Energiewende.
Inwiefern können auch neue Technologien die dezentrale Energieversorgung vorantreiben?
Bühler: Die dezentrale Energiewende stellt eine große gesellschaftliche Transformation dar, die jeder Menge technologischen Innovationen bedarf. Diese umfassen sowohl die Technologien für die Energieproduktion und Speicherung, aber auch IT-Lösungen für die Themen Vernetzung und Partizipation. Speziell für eine innovative Region wie unsere werden sich hier zukünftig viele Geschäftsfelder bieten.
Interview: Teresa Zwirner
Zur Person
Lukas Bühler ist Vorstand und Geschäftsführer der EnerGeno Heilbronn-Franken eG.