Herzblut als Erfolgsgarant

Fan-Mitarbeiter sind von großem wirtschaftlichen Wert: Ähnlich wie ein Sportbegeisterter brennen sie für ihren Arbeitgeber und tragen auch Krisen geduldig mit. Foto: EBM-Papst

Unternehmen brauchen nicht mehr nur Mitarbeiter, sondern Fans – sie arbeiten auf Hochtouren, bringen neue Ideen ein, stärken Kultur und Arbeitgebermarke, kurz: sie sind eine wichtige Ressource. Der Ventilatorenhersteller EBM-Papst hat das schon früh erkannt.

Wer an Employer Branding denkt, dem fällt zuerst wohl das Buhlen um neue Führungs- und Fachkräfte ein. Doch immer mehr Firmenchefs erkennen derzeit, wie wichtig die Ressource der schon vorhandenen Mitarbeiter ist. „Wer die Kommunikation nach innen nicht schon lange pflegt, spürt das in Krisenzeiten besonders“, sagt Anita Saathoff.

Die Gruppe der Gegner sei bei schlechter Geschäftslage erschreckend hoch. Das offenbart zumindest die aktuelle Studie des Mainzer Marktforschungsunternehmens 2HMForum, bei dem Saathoff den Bereich Emotionale Mitarbeiterbindung leitet (s. Infobox S. 15). „Wir beobachten, dass emotional an ihre Arbeitgeber gebundene Mitarbeiter überdurchschnittlich motiviert und weniger Burn-out-gefährdet sind – zwei Eigenschaften, die während einer Krise wesentlich sind.“ Ein Rückgang dieser Gruppe, vor allem zugunsten der Gegner, sei bedeutsam.

Unternehmen bräuchten daher Fans. Und die fänden sich in den eigenen Reihen: Fan-Mitarbeiter identifizieren sich mit der Unternehmensphilosophie, sie sind voll und ganz „committet“. „Das macht sie zu hochmotivierten Markenbotschaftern. Und zwar sowohl intern, als Wertebotschafter und positive Vorbilder für Kollegen, als auch extern, als Markenbotschafter in Richtung Kunde“, meint Saathoff. Interne Begeisterung stelle also eine große Ressource dar. Allerdings gelinge diese den Zahlen zufolge lediglich bei jedem fünften Mitarbeiter. Und dann setzten Firmenchefs häufig nur auf die Zufriedenheit. Das reiche aber nicht aus.

STOLZ IST DER SCHLÜSSEL

„Misst man allein, wie der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber auf der Leistungsebene bewertet, also Arbeitszeiten, Ausstattung des Arbeitsplatzes, Gehalt, sagt das nichts über den Herzblutfaktor aus, mit dem ein Mitarbeiter bei der Sache ist“, befindet Saathoff. Dabei mache genau dieser den Unterschied: Vielen Mittelständlern würde in diesen herausfordernden Zeiten klar, wie wichtig es ist, Werte zu definieren, die Mitarbeiter dazu befähigen, die Unternehmensziele zu erreichen. Doch was genau braucht es, um die positive Energie zu nutzen und eine echte Fankultur aufzubauen? In der Region gibt es sicher einige Firmen, die eine geringe Fluktuation aufweisen, weil es ihnen gelingt, ihre Arbeitnehmer so einzubinden, dass sie stolz sind, bei ihnen tätig zu sein. Der Ventilatorenhersteller EBM-Papst gehört sicher dazu. Das Rezept sei einfach: anerkannte Leistung, das Gefühl, sinnhaft zu arbeiten und Mehrwert zu schaffen, Klarheit in der Führung. Die wichtigste Zutat, Mitarbeiter emotional zu erreichen, sei in erster Linie jedoch eine offene Kommunikation, findet Hauke Hannig. Seit 2012 zeichnet der gebürtige Bremer verantwortlich für die Gruppenkommunikation am Mulfinger Hauptsitz, wo das Unternehmen laut Hannig schon seit seiner Gründung auf Transparenz setze.

INFOS ZU FABRIKKRÄFTEN

„Die Unternehmensväter haben damals noch das persönliche Gespräch zu ihren Mitarbeitern gesucht. Mit dem Anwachsen der Gruppe wurde das natürlich zunehmend schwer. Daher bauen wir auf digitale Tools wie Bewegtbild, App, Intranet, Mitarbeitermagazin, digitales Schwarzes Brett, die wir weiter ausbauen und verbessern wollen.“ Die Pandemie habe einmal mehr verdeutlicht, wie wichtig effektiver Wissenstransfer und die richtige Informationspolitik ist. Denn nichts sei so kontraproduktiv, wie wenn die Gerüchteküche brodele, der Flurfunk laufe; oder auch wenn Kommunikationskaskaden nicht eingehalten würden. Das führe zu Unmut in der Belegschaft und am Ende zur Frustation einzelner, was sich wiederum schlecht auf die Unternehmensperformance auswirke. „Wir entwickeln aktuell unsere Firmenapp weiter, damit sich auch Produktionsmitarbeiter, die im Betrieb über keinen Computerplatz verfügen, einfach und schnell per Handy über das interne Geschehen informieren können“, erzählt Hannig. Der Ausbau sei ursprünglich für das kommende Jahr geplant gewesen, durch die Krise aber beschleunigt worden.

Parallel dazu würde derzeit das Intranet bei EBM-Papst zum Social Intranet erweitert, sodass Mitarbeiter die Artikel nicht nur einsehen, sondern auch liken und teilen könnten, was die direkte Kollaboration untereinander fördere, erklärt Hannig.

„Seit Pandemiebeginn wenden wir uns mit regelmäßigen Videobotschaften, die Mut machen, aber auch aufklären sollen, via Youtube an unsere Mitarbeiter.“ Die Inhalte nehme Hannig unter anderem aus den wöchentlichen Meetings mit, die das aufgrund der Krise ins Leben gerufene Corona-Task-Team jede Woche auf den Plan bringe. Bei allem Wissenstransfer und neben aller Aufklärung gehe es bei der inneren Kommunikation darum, jeden einzelnen Mitarbeiter mitzunehmen und zwar so, dass er sich beachtet und dem Betrieb zugehörig fühle. Denn nur dann könne aus ihm ein echter Fan werden.

Melanie Boujenoui

 

Info: Fan-Quote liegt bundesweit sehr niedrig

Das aktuelle Ergebnis der Benchmarkstudie „Mitarbeiterfocus Deutschland“ zeigt: Nur 21 Prozent der Mitarbeiter sind Fans ihres Arbeitgebers, also nur jeder fünfte Mitarbeiter; 29 Prozent sind sogar Gegner oder Enttäuschte.

Das Marktforschungsunternehmen 2HMForum untersucht seit 2005 alle zwei Jahre die emotionale Mitarbeiterbindung und befragt dafür Beschäftigte deutschlandweit, quer durch alle Branchen und Hierarchiestufen.

Die Fanforschung ist eine sozialwissenschaftliche Disziplin, die ursprünglich aus den Bereichen Sport und Popkultur hervorging.