„Hier wird noch richtig gekocht“

Regionale Zutaten und Gourmetküche passen prima zusammen. Das beweist Sternekoch Boris Rommel bei seiner Arbeit. Im Interview spricht er über Hohenloher Spezialitäten und verrät, welche er gern beim privaten und beruflichen Kochen einsetzt.

Was gehört in jeden Hohenloher Haushalt?

Boris Rommel: Die Frage sollte eher heißen, was gehört nicht hinein. Was ich hier in Hohenlohe schnell gelernt habe, ist, dass hier zu Hause noch richtig gekocht wird. Wenn ich einkaufen gehe, sehe ich das schnell an den Einkaufskörben. Suppengemüse, Fleisch vom Metzger oder frisches Obst befinden sich darin. Konserven oder Fertiggerichte sollte man versuchen, zu entfernen. Man wird schnell feststellen, dass es auch ohne geht. Müsste ich mich entscheiden, würde ich den Römertopf wählen. Ein unfassbares Aroma lässt sich hier entwickeln.

Welche Produkte fehlen Ihnen?

Rommel: Salzwasserfische, Meeresfrüchte und Thai-Mango: Dann wäre ich schon früher nach Hohenlohe gekommen.

Haben Sie ein Traditionsgericht, das Sie kochen, wenn Sie daheim Besuch bekommen?

Rommel: Ich grille sehr gerne zu Hause. Da ist dann auch wirklich jeder willkommen. Ich sehe es auch als Abwechslung und genieße es, im Garten und mal nicht in der Küche zu stehen. Das ist für mich Freizeit. Mit einem richtigen Grill lässt sich so einiges zubereiten: Gemüse, Pizza, Fleisch, Fisch und auch richtig gute Desserts.

Bei Ihrer Arbeit setzen Sie auf regionale Produkte. Nach welchen Kriterien suchen Sie sich die Zutaten aus?

Rommel: UnsereRegion bietet so viel Gutes. Somit fällt meine Entscheidung leicht: Frisch muss es sein. Die perfekte Kombination ist somit saisonales Regionales. Hier kann man sich jeden Tag neu erfinden. Es macht Spaß, aus besten Produkten Gerichte zu kreieren. Ich freue mich jedes Jahr auf die Spargel-, Bärlauch-, Erdbeer-, Steinpilz- und Kürbiszeit. Selbst geerntet schmeckt es gleich noch besser. So kann ich mir schon sonntags beim Steinpilze sammeln Gedanken machen, wie ich diese verarbeite. Eine Ausnahme ist das Spargelernten. Das habe ich einmal gemacht und ziehe davor meine „Bätschkäpp“ – ein wirklicher Knochenjob.

Welcher regionale Erzeuger beeindruckt Sie?

Rommel: Wir arbeiten bereits seit Jahren mit der Dorfkäserei Geifertshofen zusammen. Diese hat nicht nur eine große Auswahl, sondern orientiert sich ebenfalls an saisonalen Produkten. Den Holunderkäse kann ich nur empfehlen. Das ist noch richtige Handarbeit, sowas lernt man zu schätzen und schmeckt man raus. Ein weiteres großartiges Produkt bietet uns Familie Brenner, nämlich Wachteleier. Es ist wirklich beeindruckend, wie aus einer Hobbyhaltung dieses Nischenprodukt entstanden ist. Die Wachteleier sind besonders und vielseitig zugleich. Ein weiterer regionaler Erzeuger ist die Fischerei Merz. Hier bekommt man wunderbare Forellen, frischer geht es wirklich nicht.

Ihre aufwendigen Gerichte und Ihre preisgekrönte Arbeit: Ist das noch Kochen oder lässt sich das bereits als Kunst bezeichnen?

Rommel: Der Begriff Kunst schmeichelt mir immer wieder und ich habe oft Bedenken, ob dies zu überheblich wirkt.

Denken Sie manchmal über Luxus nach und ob es uns zu gut geht?

Rommel: Ja wir leben in einem Luxus an Nahrungsmitteln und deshalb ist es für mich eine Kunst, unsere kostbaren Produkte voll zu verarbeiten und nahezu nichts wegzuschmeißen. Und das fängt schon beim Weiterverarbeiten von Spargelabschnitten an. Daraus lässt sich ein Spargelfond kochen und dann wiederum eine leckere Spargelsuppe.

Wenn Sie in der Küche stehen, haben Sie den Gast nicht vor Augen. Ist es nicht unbefriedigend, dass Sie nicht sehen können, wie und ob es ihm schmeckt?

Rommel: Wenn ich koche, bin ich voll konzentriert. Hier würde eher die Gefahr bestehen, dass ich den Gast vielleicht ausblende, und das möchte ich ja auch nicht. Ich versuche ab und zu, zu den Gästen rauszugehen nach dem Abendservice. Hier bekommt man das ehrlichste Feedback.

Ärgert es Sie, wenn etwa Geschäftsleute so in ihre Themen vertieft sind, dass sie gar nicht darauf achtgeben, was sie essen?

Rommel: Ich ärgere mich eher darüber, wenn es einem egal ist, was man isst – wenn man einfach „reinschaufelt“. Wir stehen alle unter Zeitdruck und auch ich esse manchmal im Stehen. Aber man sollte sich immer darüber im Klaren sein, was man seinem Körper zuführt. Bei Geschäftsessen sehe ich es etwas anders. Ich bin mir sicher, dass das Essen geschätzt wird, aber dass es in dieser Situation einfach wichtigere Themen gibt. Ich selbst genieße es, Essen zu gehen, und bevorzuge tatsächlich einen Gourmetbesuch mit gourmetaffiner Begleitung und viel Zeit.

Interview: Sonja Alexa Schmitz

Zur Person
Boris Rommel ist Küchenchef des Wald und Schlosshotels Friedrichsruhe in Zweiflingen-Friedrichsruhe. Rommel wurde 1984 in Karlsruhe geboren. Er startete seine Karriere mit einer Koch-Ausbildung im Restaurant Erbprinz des Fünf-Sterne-Superior-Hotels Erbprinz in Ettlingen. Bereits 2011 bis 2012 führte ihn sein Weg als Sous-Chef nach Friedrichsruhe. Seit Februar 2016 kreiert er in der Küche des Wald und Schlosshotels Gourmetmenüs. Bereits im ersten Jahr wurde er mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Im November 2017 erhielt Rommel den zweiten Michelin-Stern und 17 Punkte im bekannten Restaurantführer „Gault & Millau 2018“.