Hohenlohekreis ist einer der innovativsten im Land: Interview mit Landrat Ian Schölzel

Klein, aber oho: Der Hohenlohekreis ist nach Überzeugung von Landrat Ian Schölzel einer der innovativsten im Land – auch dank der vorhandenen Netzwerke. Im Interview spricht Schölzel über seine Visionen für Wirtschaft und Bürger.

Hohenlohekreis
Weinbau, wie etwa bei Adolzfurt, prägt die sanften Hügel des Hohenlohekreises. Foto: Andreas Schmid

Herr Schölzel, seit Mai sind sie neuer Landrat des Hohenlohekreises. Das Thema Fachkräftemangel steht auf Ihrer Agenda. Was können Sie als Landrat tun, um Unternehmen im Kampf um kluge Köpfe zu unterstützen?

Ian Schölzel: Der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften ist eine branchenübergreifende Herausforderung, gerade im ländlichen Raum. Als Landrat kann ich unsere Wirtschaft auf verschiedenen Wegen unterstützen. Zunächst bin ich positiv überrascht, dass es vor Ort schon viele Initiativen und Projekte gibt, die sich mit diesem Thema beschäftigen.

Hat Sie diese Eigeninitiative überrascht?

Schölzel: Die vorhandenen Netzwerke zu den verschiedensten Themen sind meiner Kenntnis nach einzigartig. Dass sich konkurrierende Unternehmen in einer Initiative wie der Innovationsregion Hohenlohe einbringen und dort gemeinsam wirtschaftsrelevante Themen besprechen, kenne ich so von keiner anderen Region. Der Kreis profitiert außerdem von der engen Zusammenarbeit unserer Wirtschaftsförderung mit der Wirtschaftsregion Heilbronn-Franken, die immer wieder neue Netzwerke und Angebote für die Unternehmen vor Ort initiieren. Auch die starke Verbundenheit der Wirtschaft zu unserer Region ist ein großer Pluspunkt. Nicht nur die Unternehmen selbst, sondern auch örtliche Vereine, Projekte und Veranstaltungen werden unterstützt, und damit steigt die Lebensqualität.

Also haben Sie schon gute Startbedingungen vorgefunden. Wie werden Sie dieses Potenzial ausbauen?

Schölzel: Meine Aufgabe sehe ich darin, diese regionalen Netzwerke zu stärken und mit Unterstützung des Landkreises weiterzuentwickeln. In politischen Gremien kann ich mich außerdem für den weiteren Bürokratieabbau in unserem Land einsetzen.

Netzwerke zu stärken bedeutet, selbst ein Teil des Netzes zu sein. Wie kann das am besten gelingen?

Schölzel: Für all diese Themen ist es essenziell, dass ich als Landrat die Bedürfnisse unserer Unternehmen kenne und verstehe. Deshalb nutze ich jede Gelegenheit, um mich mit unseren Betrieben über deren Herausforderungen auszutauschen.

Dazu gehört auch, als Vorsitzender der Touristikgemeinschaft den Hohenlohekreis noch verlockender zu machen?

Schölzel: Die Vermarktung unserer Region ist ein wichtiger Punkt, um bekannter zu werden. Dazu arbeiten wir im Rahmen der Wirtschaftsförderung eng mit dem Tourismus zusammen, der als Standortfaktor immer wichtiger wird. Denn die touristischen Angebote dienen der Lebensqualität in unserem Landkreis und sind für Fachkräfte ein Argument bei der Entscheidung für einen neuen Arbeitsplatz.

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Tradition und Innovation liegen im Hohenlohekreis, wie in Waldenburg, nah beieinander. Foto: Landratsamt Hohenlohekreis

In Ihrer Rede, mit der Sie das Amt übernommen haben, nennen Sie den Hohenlohekreis klein, aber sehr innovativ. Worin zeigt sich das für Sie im kleinsten Kreis Baden-Württembergs?

Schölzel: Der Hohenlohekreis ist eine der innovativsten Regionen Deutschlands und wird nicht umsonst „Region der Weltmarktführer“ genannt. Wir haben einen starken Mittelstand, viele familiengeführte Unternehmen und ideen­reiches Handwerk. Dank der verschiedenen Cluster und unseres Hochschulstandorts bieten wir vielfältige Möglichkeiten und ein dynamisches Umfeld für das Wachstum und die Weiterentwicklung unserer Unternehmen.

Vor welchen Herausforderungen steht der Hohenlohekreis trotz seiner Innovationskraft?

Schölzel: Die Kommunen im Hohenlohekreis stehen vor den gleichen Herausforderungen wie alle Kommunen im Land: Es wird zunehmend schwerer, dem Aufgaben- und Regelungs­zuwachs wie etwa im Bereich der Kleinkindbetreuung, der Ganztagesbetreuung an Schulen, dem Klima- und Umweltschutz, der Unterbringung von Flüchtlingen, beim Bundesteilhabegesetz, den steuerrechtlichen Vorgaben durch § 2b Umsatzsteuergesetz aber auch bei der Grundsteuerreform sowohl finanziell als auch personell nachzukommen. Dem kann nur begegnet werden, wenn die Entbürokratisierungsinitiative des Landes messbare Erfolge bringt und wir im öffentlichen Dienst als attraktiver Arbeitgeber punkten und damit Fachkräfte gewinnen können.

Diese Fragen lassen sich aber nicht allein auf kommunaler beziehungsweise Kreisebene beantworten, oder?

Schölzel: Da die finanzielle Situation der Kommunen meist stark von den Gewerbe-, Einkommen- und Umsatzsteuereinnahmen abhängt, wird die weitere wirtschaftliche Gesamtentwicklung im Bund und Land maßgeblich sein, ob die kommunalen Haushalte ausgeglichen werden können oder in Schieflage geraten.

Sie haben sich schon vor Ihrer Wahl klar für den Neubau des Landratsamts ausgesprochen, um den Mitarbeitern ein motivierendes, modernes Umfeld zu bieten. Was wäre die Alternative gewesen?

Schölzel: Das Landratsamt ist eine wichtige Institution, denn mit seinem Leistungsangebot hat die Landkreisverwaltung einen wichtigen Anteil am Alltag der Bürgerinnen und Bürger. Viele Aufgaben sind komplex, daher braucht die Verwaltung engagierte Mitarbeitende. Eine vernünftige und ordentliche Unterbringung mit moderner Ausstattung ist dabei ein Baustein der Wertschätzung und hat einen hohen Stellenwert. Aus diesem Grund ist es alternativlos, auch die Unterbringung der Landkreisverwaltung zu verbessern und zukunftsfähiger zu machen. Kurz gesagt: So wie sich der Landkreis weiterentwickelt, muss sich auch die Landkreisverwaltung verändern.

Wenn Sie acht Jahre weiterdenken – was wird sich im Hohenlohekreis noch weiter verbessert haben am Ende Ihrer ersten Amtszeit?

Schölzel (schmunzelt): Natürlich lässt sich das schwer vorhersagen, aber ich könnte mit folgendem Szenario schon sehr gut leben: In acht Jahren haben wir als Landkreisverwaltung alle unsere internen Prozesse voll digitalisiert, jeder kann dann – das muss unser Anspruch sein – viele Dienstleistungen bequem von zuhause aus in Anspruch nehmen. Schon heute dürften wir uns im landesweiten Vergleich bei der Digitalisierung im guten Mittelfeld bewegen und sind bereits in vielen Bereichen gut aufgestellt, etwa mit unserer E-Learning-Plattform. Als Landkreisverwaltung sind wir ein bürgernaher Dienstleister – und die Menschen schätzen unseren unkomplizierten und lösungsorientierten Service. Das neue Kreishaus wurde im Zeit- und Kostenrahmen Anfang 2029 fertiggestellt und hat dank moderner und bürgernaher Struktur etliche Quereinsteiger für das Team Landratsamt angelockt. Auch das Krankenhaus ­Öhringen wurde entsprechend der Planung fertiggestellt, konnte den Betrieb Ende 2025 aufnehmen, hat sich zu einem festen Anker der Gesundheitsversorgung entwickelt und genießt durch die vorbildliche medizinische Versorgung einen guten Ruf. In Künzelsau konnte das ehemalige Krankenhausareal revitalisiert werden. Im Landkreis fahren bis dahin auch mehr Busse mit anderer Antriebstechnologie. Der Landkreis bewegt sich, vor allem wegen der Erfolge im massiven Photovoltaik­ausbau, mit großen ­Schritten auf die Klimaneutralität zu. Die heimische Wirtschaft hat die Transformation gut bewerkstelligt – und ist dank ihrer Innovationskraft weiter auf Erfolgskurs.

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Zur Person

Ian Vincent Schölzel ist seit 1.Mai dieses Jahres neuer Landrat im ­Hohenlohekreis. Der studierte Diplom-Verwaltungsfachwirt (FH) und Wirtschaftsjurist, LL. M., siegte im ersten Wahlgang. Zuletzt war der 48-Jährige Erster Bürgermeister der Stadt Waiblingen, zuvor Bürgermeister der Gemeinde Weissach im Tal.


Interview von Natalie Kotowski

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