Unternehmensführung in dritter Generation – Interview mit Johannes Schubert

Johannes Schubert ist Geschäftsführer von Schubert Packaging Systems in Crailsheim. Foto: Schubert Packaging Systems

Johannes Schubert hat in dritter Generation Führungsverantwortung im Familienunternehmen übernommen. Den Betrieb hat er als Azubi von der Pike auf kennengelernt. Ein Gespräch über Prägung, Werte, Vorbilder – und das Streben nach Erfolg.

Gibt es eine Schubert-DNA, die sich durch die Generationen zieht?

Johannes Schubert: Ja, die gibt es. Sie ist von meinem Großvater Gerhard Schubert, dem Firmengründer, tief geprägt. Wir leben eine enge Verbundenheit mit den Mitarbeitenden. Toleranz und gegenseitiger Respekt sind uns wichtig – ohne geht es nicht. Wir fördern und fordern daher eine offene Kommunikationskultur. Was uns antreibt ist ein steter Hunger nach bahnbrechenden Technologien und Innovationen. Das ist für uns besonders wichtig: hungrig zu bleiben, am Puls der Zeit zu agieren, immer vorwärts zu denken. Das ist tief in unserer DNA verankert. Ich bin überzeugt, dass es enorm wichtig ist, als Familienunternehmen eine eigene, lebendige DNA zu haben. Das gilt für alle mittelständischen Firmen.

Haben Sie also im Kern so etwas wie ein Tüftler-Gen?

Schubert: Ganz genau, ich habe ein Tüftler-Gen. Das haben alle in unserer Familie. Bei meinem Großvater Gerhard Schubert ist es in ganz besonderem Maße ausgeprägt. Und er hat es glücklicherweise an seine Kinder und Enkelkinder weitervererbt.

Was ist das Wichtigste, das Sie von Ihrem Großvater gelernt haben?

Schubert: Ich habe unwahrscheinlich viel von ihm gelernt. Gerhard Schubert ist einer der fantastischsten Denker und Tüftler, die ich kenne. Schon in ganz jungen Jahren hat mein Großvater immer wieder betont, wie wichtig es ist, gute Ideen zu haben. „Ohne gute Ideen geht nichts“ – das war immer seine Prämisse. Er hatte so viele Ideen, dass er in regelmäßigen Zeitabständen bahnbrechende Innovationen in der Verpackungsindustrie einführen konnte. Und es hat nie lange gedauert, bis unsere Marktbegleiter versucht haben, seine Ideen zu kopieren, nicht nur in Europa, sondern weltweit. Bis heute ist es so, dass sich einige unserer Mitbewerber die Zähne daran ausbeißen, manche seiner Innovationssprünge nachzuvollziehen und nachzuahmen.

Vergangenes Jahr sind Sie in die Fußstapfen Ihres Vaters Gerald getreten und haben die Geschäftsführung von Schubert Packaging Systems übernommen. Was hat er Ihnen mitgegeben?

Schubert: Mein Vater ist mein größtes Vorbild und hat mir viele Werte mitgegeben. Die wichtigste Lektion, die ich ganz früh gelernt habe, ist sicher: Es ist absolut tödlich, sich auf Ideen und Erfolge der Vergangenheit auszuruhen. Das ist das Schlimmste, was man machen kann. Nach jeder guten Idee, nach jedem Prozess, der erfolgreich etabliert wurde, muss man unbedingt wieder nach vorne schauen und sich überlegen, ob es nicht noch etwas Besseres gibt. Denn die Marktbegleiter schlafen nicht und arbeiten ebenfalls an Innovationen. Daher: Nicht ausruhen, immer weitermachen. Auch von meinem Onkel Ralf Schubert, ebenfalls Geschäftsführer in der Unternehmensgruppe, habe ich viel gelernt.

Wie war das für Sie, von der Ausbildung an in das Familienunternehmen hineinzuwachsen?

Schubert: Es war der Herzenswunsch meines Großvaters, dass mein Vetter Peter und ich in dritter Generation ins Unternehmen einsteigen. Er hat immer gesagt, wenn wir irgendwann Führungspositionen in der Firma übernehmen wollen, dann brauchen wir eine gründliche Ausbildung – und zwar von der Pike auf im eigenen Unternehmen. Ein solides Fundament ist unverzichtbar, um erfolgreich sein zu können.

Fanden Sie die Idee von Anfang an gut?

Schubert: Ich erinnere mich noch an lebhafte Diskussionen mit der Familie, aber auch zwischen Peter und mir. Wir haben uns viele Gedanken gemacht, ob es wirklich sinnvoll ist, unsere berufliche Laufbahn im Unternehmen der Familie zu starten. Und wir waren uns auch in den ersten Jahren nicht sicher, ob das der richtige Weg ist. Aber wir haben uns gemeinsam mit der Familie dafür entschieden. Peter hat in seiner Lehre die elektrisch-elektronische Richtung eingeschlagen, ich die mechanische. Und im Nachhinein betrachtet hat mein Großvater – wie so oft – das richtige Gespür gehabt.

Wieso war die Entscheidung richtig?

Schubert: Es war unwahrscheinlich wichtig und wertvoll für uns, die verschiedenen Abteilungen und abteilungsübergreifend das Netzwerk in der Firma, die Personen kennenzulernen. Das wichtigste Gut eines Unternehmens sind die Mitarbeitenden. Und so wie wir während der Ausbildung die Menschen in der Firma kennenlernen durften, wäre es in anderer Form und Funktion nie möglich gewesen – sicher auch nicht nach Jahren im Management. Es war eine goldrichtige Entscheidung.

Aber zumindest anfangs hatten Sie durchaus den Wunsch, auch anderswo Erfahrungen zu sammeln, oder?

Schubert: Nach meiner Ausbildung zum Industriemechaniker habe ich gut zwei Jahre in der Endmontage verbringen dürfen und bin dadurch viel herumgekommen: in ganz Europa, China, Nordamerika. So konnte ich bei Kunden viel Erfahrung sammeln, habe Einblicke in andere Unternehmen erhalten, mit vielen Menschen gesprochen. Das ging auch auf späteren Positionen weiter. Riesig gefreut hat mich die Chance, als Assistenz der Geschäftsleitung am Aufbau unseres Headquarters in Charlotte, North Carolina teilzuhaben. Ich habe zwei Jahre in den USA gelebt und an der Schnittstelle zwischen Nordamerika und Europa viel gelernt – im Prinzip, wie man ein Unternehmen aufbaut. Ich konnte also auch außerhalb von Crailsheim einiges an Erfahrung sammeln. Und seit Sommer 2021 bin ich glücklich, gemeinsam mit Olaf Horrenberger die Geschäfte von Schubert Packaging Systems zu leiten.

Wie ist es eigentlich, nicht nur mit der Familie, sondern auch mit externen Geschäftsführern ohne verwandtschaftliche Beziehungen zu arbeiten?

Schubert: Ich glaube, dass das eine Erfolgsformel ist: eine gesunde Mischung der Expertisen. Wenn wir die Gerhard Schubert GmbH, unser Mutterunternehmen, betrachten, sind dort – Stand heute – vier Schuberts tätig: Mein Großvater Gerhard, mein Onkel Ralf, mein Vater Gerald und mein Cousin Peter. Diese vier Familienmitglieder werden flankiert von Peter Gabriel als kaufmännischem Geschäftsführer und Marcel Kiessling, der Vertrieb und Marketing verantwortet. Hinzu kommen noch sieben Prokuristen, die ebenfalls Teil der Führungsmannschaft sind. Das hat sich nicht nur seit mehr als zehn Jahren bewährt, sondern ist enorm erfolgreich.

Was genau macht dieses Zusammenspiel erfolgreich?

Schubert: Die Mischung macht es. Wo die Familie ab und an zu emotional ist, zu schnell vorpreschen will, ist es gut, jemanden zu haben, der die Themen nochmals ruhig und analytisch betrachtet. Der Erfolg, den wir alle gemeinsam haben, gibt uns hier recht. Ich bin fest davon überzeugt, das die Kultur des Miteinanders, die wir heute leben, genau das Richtige ist.
Deshalb verfolgen Sie im Tochterunternehmen Schubert Packaging Systems denselben Ansatz?
Schubert: Genau, denn es ist unwahrscheinlich wichtig, Entscheidungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. Olaf Horrenberger und ich bedienen uns gerne der Walt-Disney-Methode, die viel Spaß macht und dazu zwingt, Situationen oder Themen aus verschiedenen Perspektiven und Emotionsebenen zu beleuchten.

Wie funktioniert diese Methode?

Schubert: Bei dieser Methode müssen drei verschiedene Blickwinkel eingenommen werden: die Perspektive des Träumers, des Realisten und des Kritikers. Der Träumer ist enthusiastisch, für ihn ist alles perfekt. Der Kritiker nimmt die Idee auseinander, sucht jeden Fehler, jede mögliche negative Auswirkung. Der Realist wiederum geht pragmatisch heran und überlegt, was in welcher Form umsetzbar ist. Führt man diese drei Blickwinkel zusammen, kommt man auf Ergebnisse, die sich sehen lassen können. Das ist der Zauber der Mischung.

Welche Trends, welche Technologien sind für Sie besonders spannend, um das Unternehmen weiterzuentwickeln?

Schubert: Wir investieren jedes Jahr zehn bis 15 Prozent von unserem Umsatz – nicht vom Gewinn – in Entwicklung. Aktuell laufen viele verschiedene Projekte, die von Predictive Maintenance, sprich vorbeugender Wartung, bis hin zu Künstlicher Intelligenz reichen. Eine unserer größten Innovationen steht in den Startlöchern. Ich verrate nur so viel: Wir werden im kommenden Jahr eine neue Maschinengeneration vorstellen, die das Zeug zum Gamechanger in der Verpackungsindustrie hat.

Schubert Packaging Systems ist 50 Jahre alt geworden. Wo sehen Sie sich und das Unternehmen in 25 Jahren?

Schubert: Wir haben dieses Jahr die Vision 2050 der Unternehmensgruppe Schubert vorgestellt, die Mensch und Natur in den Mittelpunkt rückt. Die Verpackungsbranche, deren Produkte milliardenfach rund um die Welt genutzt werden, trägt eine große Verantwortung, der wir für eine lebenswerte Zukunft gerecht werden wollen. Daher setzen wir unter anderem das Nachhaltigkeitsprogramm „Mission Blue“ um, das für nachhaltige Unternehmensführung, klimaneutrale Produktion bis Ende 2023, umweltfreundliche Maschinen und Dienstleistungen sowie für nachhaltige Verpackungen steht. Es ist an uns, der dritten Generation, die Vision Wirklichkeit werden zu lassen, mit der wir nicht nur Pläne für die nächsten 25, sondern 28 Jahre
haben.

Interview: Dirk Täuber