Als sich die Tragödie an der Jagst im vergangenen Sommer ereignet hat, waren tausende Einsatzkräfte vor Ort, um zu helfen. Heike Wiechert-Seitz war eine davon. Im Gespräch mit dem PROMAGAZIN erinnert sie sich daran.
Heike Wiechert-Seitz ist eine Frau, die anpackt. Eine, die nicht davor zurückschreckt, sich die Hände schmutzig zu machen. Eine, auf die man zählen kann – auch wenn es brenzlig wird. „So war ich schon immer“, sagt die 58-Jährige und lacht herzlich. Diese Eigenschaften hat Wiechert-Seitz im vergangenen Jahr unter Beweis gestellt – vor allem im August und September: zu jener Zeit, als sich eine Tragödie an der Jagst ereignet hat. Zu jener Zeit, als bei einem Brand an einer Mühle im Landkreis Schwäbisch Hall verunreinigtes Löschwasser in den Fluss gelangt ist und ein massives Fischsterben verursacht hat. Damals war Wiechert-Seitz zur Stelle und hat da geholfen, wo sie gebraucht wurde.
„Dabei habe ich die Jagst nicht oft gesehen. Ich habe keinen Fisch aus dem Wasser geholt“, erinnert sie sich. Dennoch war sie jemand, auf die keiner der Beteiligten hätte verzichten wollen. Die Bauingenieurin, die beim Landratsamt des Hohenlohekreises für die Abwasserbeseitigung zuständig ist, war als Koordinatorin vor Ort – als Bindeglied zwischen Helfer und Landratsamt. Ihr Ziel: kurze und schnelle Entscheidungswege möglich zu machen. „Zunächst hatte ich mit dem Thema nicht viel zu tun. Ich habe den Brand mitgekriegt, aber betroffen war ich nicht – auch nicht von meiner Aufgabe im Amt her.“ Das sollte sich schnell ändern – denn die Michelfelderin sollte in der Zeit, als das verunreinigte Wasser sich seinen Weg aus dem Landkreis Schwäbisch Hall in den Hohenlohekreis bahnte, der Jagst und ihren Helfern nicht mehr von der Seite weichen. „Ich bin am Mittwoch nach dem Brand nach Mulfingen gefahren“, erzählt sie. „Ich hätte frei gehabt. Aber als ich gefragt wurde, ob ich bereit wäre, als Bindeglied tätig zu werden, habe ich sofort zugesagt.“ Am Tag zuvor sei im Landratsamt ein Krisenstab einberufen worden, zu dem auch Wiechert-Seitz gebeten wurde. „Wir alle haben sofort erkannt, wie ernst die Lage ist. Also bin ich ins Auto gestiegen und losgefahren. Ich wusste nicht, was auf mich zukommen würde.“
In Mulfingen herrschte reges Treiben. Einsatzkräfte von der Freiwilligen Feuerwehr, vom Technischen Hilfswerk und den Fischervereinen waren aktiv. Schnell sei klar gewesen, wie wichtig eine dauernde Verbindung zwischen Landratsamt und Einsatzstelle werden würde. „Es gab immer wieder Fragen. Es mussten Entscheidungen getroffen werden, die teilweise mit Geld zu tun hatten. Die Ansprechpartner in den Gemeinden mussten informiert werden. Und, und, und. Aus diesem Grund haben auch die Helfer um einen dauernden Ansprechpartner gebeten – und das wurde ich.“ Wiechert-Seitz fackelte nicht lange und griff zum Telefon. „Ich habe meinen Mann angerufen und ihn informiert, dass er kommen müsse, um mir etwas zu bringen“, erzählt sie geheimnisvoll. Und was? „Das Wohnmobil. Es war klar, dass es sich bei dieser Angelegenheit nicht um einen Job handeln würde, der in 24 Stunden erledigt wäre.“ Für die nächsten neun Tage sollte dieser fahrende Untersatz ihr Zuhause werden. Von da an war Wiechert-Seitz in die Sache voll integriert. „Meine Anwesenheit hat den Helfern Sicherheit gegeben, weil es offiziellen Charakter hatte.“ Und wie hat sie diese Zeit erlebt? „Stressig, extrem viel zu tun, keinerlei Routine.“ Und dennoch: Die 58-Jährige erinnert sich gerne daran zurück. „Das Miteinander war sagenhaft. Alles hat toll funktioniert. Menschen, die sich nicht kannten, wurden innerhalb weniger Stunden zu einer Einheit. Wir waren ein Team. Wenn alles im Leben genauso laufen würde wie der Einsatz an der Jagst, dann wäre das ein Traum.“
Lydia-Kathrin Hilpert