In alle Ecken der weiten Welt

Peter Gerber weiß, was es heißt, Güter von A nach B zu transportieren – und das im besonders großen Stil. Bei Lufthansa Cargo, dessen Vorstandsvorsitzender er ist, ist dies das tägliche Geschäft. Im Interview mit dem PROMAGAZIN gibt er Einblicke in die Branche.

Peter Gerber weiß, was es heißt, Güter von A nach B zu transportieren – und das im besonders großen Stil. Bei Lufthansa Cargo, dessen Vorstandsvorsitzender er ist, ist dies das tägliche Geschäft. Im Interview mit dem PROMAGAZIN gibt er Einblicke in die Branche.

Herr Gerber, Lufthansa Cargo hat in den ersten neun Monaten des Jahres 2015 rund 1,2 Millionen Tonnen Fracht- und Postsendungen befördert, knapp ein Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Wie zufrieden sind Sie mit der aktuellen Entwicklung?

Gerber: Dass die Luftfracht ein äußerst volatiles Geschäft ist, hat das vergangene Jahr eindrucksvoll bewiesen. Wir haben ein außergewöhnlich starkes erstes Quartal erlebt, was auch auf externe Effekte zurückzuführen ist. Im zweiten und dritten Quartal haben die chinesischen Märkte für Verunsicherung gesorgt und unsere Auslastung ging spürbar zurück. Das traditionell starke vierte Quartal wurde durch die Streiks der Gewerkschaft UFO belastet, was auch uns als Lufthansa Cargo trifft, da wir rund die Hälfte der Fracht in den Bäuchen der Passagiermaschinen befördern. Insgesamt ist die Marktlage schwierig, gerade auch, weil einige Mitbewerber an ihren Heimatdrehkreuzen statt politischer Restriktionen staatliche Subventionen erfahren. International braucht es einen fairen Wettbewerb.

Wie wichtig ist das Thema Logistik in einer derart globalisierten Welt?

Gerber: Logistik hat einen großen Einfluss auf unseren Alltag, ob privat oder mit Blick auf die Wirtschaft. Die weltweiten Finanz- und Informationsströme können Sie heute fast vollständig elektronisch abwickeln. Für die Güterströme, also etwa den Versand von eiligen Präzisionsersatzteilen oder dringenden Medikamenten, brauchen Sie aber nach wie vor zuverlässige Logistikexperten für Luftfracht. Und das ist unser Kerngeschäft.

Welche Güter befördern Sie am häufigsten?

Gerber: Wir bieten Lösungen für fast jedes Luftfrachtproblem an. Vom Briefumschlag bis zur Schiffsschraube ist alles dabei. Ob kühlbedürftige Güter wie Pharmaprodukte oder Frischwaren, wertvolle Kunstsammlungen, spezielle Sportausrüstung, geliebte Haustiere oder erfolgreiche Rennpferde – wir sorgen für den sicheren Transport an über 300 Ziele in 100 Ländern weltweit.

Wie kann man sich einen ganz „normalen“ Tag bei Lufthansa Cargo vorstellen? Wie funktioniert Logistik XXL?

Gerber: Zwischen unseren 4500 Kollegen weltweit und unseren zahlreichen Dienstleistern geht alles Hand in Hand. Das trifft fürs Handling der Güter genauso zu wie für die Piloten oder die Servicemitarbeiter. Alle wollen unseren Kunden das bestmögliche Produkt bieten. Und wir sind stolz auf die hohe Qualität, die wir dadurch erzielen können. Dabei ist jeder Tag außergewöhnlich, weil die Problemstellungen so komplex und individuell sind.

Welchen Service müssen Sie Ihren Kunden bieten, um ihnen einen lückenlosen Transport garantieren zu können?

Gerber: Unsere Kunden sind in erster Linie Speditionen. Hier stehen wir für Qualität und Zuverlässigkeit. Wir bieten ihnen ein passgenaues Angebot an Luftfrachtlösungen. Für temperatursensible Güter haben wir zum Beispiel eine breite Auswahl an speziellen Containern im Programm, für Tiere bieten wir mit unserer Animal Lounge in Frankfurt eine der weltweit modernsten Tierstationen. Neben unserer eigenen Frachterflotte ist das dichte Lufthansa-Streckennetz in alle Welt eine unserer Stärken. Und das machen wir durch erfolgreiche Kooperationen sogar noch besser.

Was ist Ihren Kunden dabei am wichtigsten?

Gerber: Dass sie sich auf uns verlassen können.

Logistiksicherheit ist das A und O. Ihre Kunden setzen darauf, dass ihre Güter sicher und unversehrt ankommen. Können Sie beschreiben, wie Sie das garantieren?

Gerber: Mit langjähriger Erfahrung und unserem unbedingten Fokus auf Qualität. Wir werden niemals der billigste Anbieter sein können, wollen aber der beste bleiben.

Welche Länder fliegen Sie am häufigsten an? Und von welcher Frequenz sprechen wir hier?

Gerber: Die Verbindungen nach Asien und Amerika machen einen großen Anteil aus, in Afrika sehen wir einen erheblichen Wachstumsmarkt. New York fliegen wir mehrmals täglich an, manche Städte aber

auch nur an bestimmten Wochentagen. Zusätzlich bieten wir unseren Kunden selbstverständlich auch Charterflüge nach Wunsch an.

Welche Länder würden Sie gerne verstärkt erschließen? Woran scheitert dies bislang?

Gerber: Wir halten unsere Streckenplanung flexibel, sodass wir optimal auf die Wünsche unserer Kunden eingehen können. Dabei hilft, dass die Vorausbuchungsfrist für Luftfracht in der Regel nur wenige Tage bis Wochen beträgt. Fracht löst dabei meistens kein Rückflugticket, sodass eine vernünftige Auslastung der Maschinen auf allen Streckenabschnitten eine planerische Herausforderung ist. Zuletzt haben wir Ho-Chi-Minh-Stadt in Vietnam und Natal in Brasilien in unser Netz aufgenommen.

Eine Frage zum Schluss: Welche Auswirkungen könnte ein Streik der Lufthansa Cargo-Mitarbeiter auf die deutsche, europäische und internationale Wirtschaft haben?

Gerber: Je länger so ein Streik dauert, desto stärker werden die Effekte auf die Wirtschaft – bis hin zum Produktionsstillstand. Der einwöchige Arbeitskampf der Gewerkschaft UFO im November hat allein bei Lufthansa Cargo einen Millionenschaden angerichtet, die DIHK hat für die deutsche Wirtschaft eine Größenordnung von 25 Millionen Euro genannt. Dabei haben wir enormen Aufwand getrieben, um die Auswirkungen für unsere Kunden so gering wie möglich zu halten, etwa durch zusätzliche Frachterverbindungen.

Interview: Lydia-Kathrin Hilpert

Zur Person:
Seit Mai 2014 ist Peter Gerber Vorstandsvorsitzender der Lufthansa Cargo AG. Seine Karriere bei Lufthansa begann Gerber 1992 im Personalbereich und der Rechtsabteilung. Von Dezember 2004 bis Mai 2009 übernahm er die Bereiche Tarifpolitik und Soziale Sicherung des Lufthansa Konzerns.

Lufthansa Cargo:
Mit einem Gesamtvolumen von 1,6 Millionen Tonnen geflogener Fracht und Post hat Lufthansa Cargo im vergangenen Jahr ihre führende Position in Europa gehalten. Die Gesamtmenge nahm dabei in einem anspruchsvollen Marktumfeld leicht ab. Im Vorjahr hatte das Unternehmen rund zwei Prozent mehr Fracht befördert.