Ihre Bücher wurden millionenfach verkauft, teilweise verfilmt: Im Interview erzählt Schriftstellerin Ulrike Schweikert, warum ihre Heimatstadt Schwäbisch Hall sie zu ihrem ersten Roman inspiriert hat und wie sich ihre Arbeit seitdem weiterentwickelt hat.

Ihr erstes Buch „Die Tochter des Salzsieders“ spielt im Jahr 1510 in Schwäbisch Hall. Wie würden Sie die Stadt zu dieser Zeit beschreiben?
Ulrike Schweikert: Schwäbisch Hall war damals eine sehr reiche Stadt mit weitreichenden Handelsbeziehungen. Eine freie Reichsstadt des Kaisers. Als der Wert des Salzes schwand, weil in der Nähe von Heilbronn Steinsalz gefunden und viel billiger abgebaut werden konnte, ging die Bedeutung der Stadt zurück, bis sie nur noch eine Kleinstadt in Württemberg war. Zum Glück, denn im Krieg war die Stadt nicht wichtig genug, um sie zu zerbomben. Heute hat die Innenstadt etwas an Charme und Individualität eingebüßt, wie viele andere Innenstädte im Zeitalter des Onlinehandels. Läden und Gaststätten verschwinden, Familienbetriebe schließen, stattdessen kommen große Ketten, die es überall gibt. Das finde ich sehr schade.
2015 wurde „Die Tochter des Salzsieders“ das erste Mal bei den Freilichtspielen in Schwäbisch Hall aufgeführt. Wie war das für Sie?
Schweikert: Für mich war es neu, aus dem Text eines Romans ein Theaterstück zu formen. Das war Teamarbeit mit dem Intendanten und dem Dramaturgen. Als die Szenen Gestalt annahmen, war es ein aufregender Prozess zu sehen, wie die Schauspieler meiner Fantasie Leben einhauchten. Ich bin zu vielen Proben gefahren und habe den Entstehungsprozess begleitet, weil dies eine sehr schöne Erfahrung im Vergleich zu meiner sonstigen einsamen Arbeitsweise war.
Der Einsamkeit konnten Sie auch mit Lesungen entkommen – zumal Sie doch sicher auch von Ihrer Leserschaft erkannt werden?
Schweikert: Natürlich habe ich in der Region ein noch zahlreicheres Fanpublikum und auch meine Lesungen sind dort immer sehr viel größer ausgelegt und sehr gut besucht. Gerade auch während der beiden Freilichtspiele-Saisons mit „Die Tochter des Salzsieders“ war ich bei den Leuten präsent und bin häufig angesprochen worden.
Lesen Sie auch jetzt noch in der Region?
Schweikert: Ich habe über die Jahre viele hundert Lesungen gemacht, sehr viele auch in der Region, doch seit einem Jahr kann ich aus gesundheitlichen Gründen keine Veranstaltungen mehr machen. Meine Stimme ist wegen Asthma nicht mehr für langes, lautes Lesen tauglich.
Aber Ihre Fans können Ihre Romane bestimmt in den Buchhandlungen der Region auf dem Büchertisch finden?
Schweikert: In den ersten Jahren und auch zu der Zeit, als „Die Tochter des Salzsieders“ auf der Freilichttreppe aufgeführt wurde, war das ganz sicher der Fall. Ob das jetzt auch noch so ist und bei jedem meiner neuen Bücher so sein wird, kann ich Ihnen nicht sagen.

„Man kann in Schwäbisch Hall viele Wege der Romanfiguren nachverfolgen und auf ihren Spuren wandeln.
– Ulrike Schweikert, Schriftstellerin
Ist Schwäbisch Hall der Schauplatz weiterer Ihrer Werke?
Schweikert: Neben „Die Tochter des Salzsieders“ und „Das Kreidekreuz“ spielt auch mein Buch „Das Jahr der Verschwörer“ in Schwäbisch Hall in der frühen Neuzeit.
Mittlerweile sind viele Ihrer Romane in anderen Städten verortet, etwa in Berlin wie „Berlin Friedrichsstraße“ oder „Charité“. Wirkt es sich auf die Handlung in Ihren Büchern aus, ob sie in der Hauptstadt oder einer kleineren Stadt wie Schwäbisch Hall spielen?
Schweikert: In Schwäbisch Hall ist alles überschaubar und man kann die ganze Stadt einbeziehen. In Berlin muss man sich Teile herausgreifen – zum Beispiel die Charité oder die Gegend um die Friedrichstraße. Der Geschichte auf den Grund gehen, akribisch arbeiten und viel Zeit in die Recherche stecken – das muss man überall.
Haben besondere Orte oder Geschichten in und aus Schwäbisch Hall als
Inspiration für Ihre Geschichten gedient?
Schweikert: Die Tradition der Salzsieder, die ja vor allem rund um das Pfingstfest noch immer zelebriert wird, hat mich ganz sicher inspiriert, aus diesem Milieu heraus eine Geschichte zu erzählen. Im „Jahr der Verschwörer“ ist es dann ein mit den Salzsiedern verwandter Beruf, der des Flößers, der näher beleuchtet wird. Aber eben auch die intakte Innenstadt mit ihrem mittelalterlichen Kern und den engen Treppengassen ist inspirierend. Man kann viele Wege der Romanfiguren heute noch nachverfolgen und auf ihren Spuren wandeln.
Das heißt, Ihre Verbundenheit mit Schwäbisch Hall hat Sie dazu gebracht, Ihr erstes Buch dort spielen zu lassen?
Schweikert: Schwäbisch Hall als mein Heimatort hat zuerst mein Interesse geweckt, einen Teil seiner Geschichte in Form von Romanen lebendig werden zu lassen. Danach habe ich mir dann andere Orte und Jahrhunderte im Süden Deutschlands vorgenommen und meinen Radius dann noch einmal deutlich erweitert. Inzwischen bin ich auch in der modernen Zeit angekommen und nehme mir Themen weltweit vor.
Und an welchen Ort geht es in Ihrem nächsten Buch?
Schweikert: Ich schreibe gerade an einem Roman, der zu großen Teilen in Ostafrika spielt und in dem ich auch auf mein Studium der Geologie zurückgreife.
Zur Person
Ulrike Schweikert wohnt in der Nähe von Pforzheim. Seit vielen Jahrzehnten sind ihre Bücher bei Lesern äußerst beliebt. Einige ihrer Werke wurden in insgesamt elf Sprachen übersetzt. Besonders bekannt ist ihre Romanserie „Die Erben der Nacht“, die sogar verfilmt wurde. Ihr Debütroman „Die Tochter des Salzsiedlers“, der in Schwäbisch Hall spielt, wurde bei den Freilichtspielen Schwäbisch Hall als Theaterstück aufgeführt.
Interview von Teresa Zwirner