(K)ein Betrieb wie jeder andere

Was 1967 in einem ehemaligen Straßendepot in Heilbronn auf Initiative einiger Eltern begann, ist inzwischen zur größten sozialen Einrichtung der Region Heilbronn-Franken geworden. Die Lebenswerkstatt, als beschützende Werkstätte gegründet, hat sich inhaltlich ständig weiter entwickelt. Dieser Weg geht unter dem neuen geschäftsführenden Vorstand Pfarrer Friedemann Manz weiter.

An acht Standorten im Stadt- und Landkreis Heilbronn sowie in Hohenlohe, Schwäbisch Hall und Crailsheim sind rund 2000 Mitarbeiter mit und ohne Behinderung im Arbeits- sowie im Förder- und Betreuungsbereich der Lebenswerkstatt tätig. Hinzu kommen rund 460 Wohn- und Betreuungsplätze. Auch in der eigenen Wohnung werden die Klienten unterstützt. Zusätzlich gibt es Freizeitangebote, Beratung und die Tagesstruktur für Senioren.

In den Werkstätten oder auf Wunsch auch vor Ort in den Betrieben werden Aufträge für Industrie, Handwerk und Handel, für die öffentliche Hand und für Privatpersonen erledigt. Das Leistungsspektrum reicht von einfachen manuellen Arbeiten bis hin zu komplexen Montagen und CNC-Bearbeitungen. „Letztlich funktionieren die Aufträge bei uns wie bei jedem anderen Betrieb auch“, erklärt Achim Schellenbauer, Standortleiter in Heilbronn-Böckingen. Die Schulungsmethoden für die Mitarbeiter seien aber intensiver. Ein Schlosser wisse einfach so, wie er ein Werkstück zu bearbeiten hat, in der Lebenswerkstatt werden die Mitarbeiter intensiv darauf vorbereitet. Viel läuft auch hier über automatisierte Prozesse wie in der Industrie. Produktionslinien werden dabei auf die Mitarbeiter angepasst, zusätzliche Hilfsvorrichtungen entworfen, gebaut und integriert. „Wir müssen wie jede andere Firma auch gleichbleibende Qualität liefern, nicht umsonst sind wir nach ISO-Norm und als Zulieferer für die Automobilindustrie zertifiziert“, betont Schellenbauer. Die Auftraggeber haben zusätzlich den Nutzen, dass die geforderte Schwerbehindertenabgabe reduziert werden kann.

Vorbereitung aufs Arbeitsleben

Im Ausbildungsbereich werden Schulabgänger auf das Arbeitsleben vorbereitet, sei es in der Werkstatt oder auf Außenarbeitsplätzen. Job-Coaches unterstützen diejenigen, die gerne außerhalb der Werkstatt arbeiten möchten. Ganz aktuell wurden im Rahmen eines Pilotprojekts von Bundesgartenschau (BUGA), Stadt und Landratsamt Heilbronn mehr als 15 Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung auf der BUGA geschaffen, die die Tür zum ersten Arbeitsmarkt öffnet. Die Menschen mit Handicap werden von den Job-Coaches intensiv begleitet und vorbereitet. Ab dem 17. April sind sie in Arbeitsbereichen wie Eventservice, Grau- und Grünflächenpflege tätig.

Ein weiteres aktuelles Projekt ist die Einführung einer standardisierten Form der Unterstützten Kommunikation (UK). Nicht jeder Mitarbeiter der Lebenswerkstatt kann sprechen. Die UK ist keine neue Erfindung, es gibt jedoch viele verschiedene Systeme. Dutzende Symbole für ein und dasselbe sind vorhanden und jeder nutzt das, was er mal auf einer Fortbildung gelernt hat. „UK ist ein unendlich großes Thema, denn Kommunikation ist ein Grundbedürfnis jedes Menschen“, erklärt Oliver Ertl, Leiter der bereichsübergreifenden Projektgruppe, die sich intern seit zwei Jahren mit dem Thema beschäftigt.

Unterstützte Kommunikation

Es gibt zahlreiche technische Geräte wie Vorlesestifte, Aufnahmegeräte oder Symboltafeln als Hilfsmittel. In Berufswegekonferenzen mit den Förderschulen, aus denen die Mitarbeiter kommen, wurde erforscht, welche Symbole diese verwenden, denn dort beginnt für Ertl die Arbeit. „Es bringt ja nichts, wenn die Menschen hier wieder von vorne anfangen.“ Auch mit den anderen Einrichtungen für Menschen mit Behinderung wird kooperiert, um einen einheitlichen Wortschatz zu erstellen. Dazu gibt es eine Kommunikationsbox mit Hilfsmitteln für jeden Standort. Die Angestellten werden entsprechend geschult.

Stefanie Pfäffle