Kleben geblieben

Verena Klingbeil ist Geschäftsführerin von Klingbeil Klebetechnik in Ilsfeld. Ihr Vater hat die Firma 1976 gegründet. Seit einem Jahr ist die 43-Jährige alleine auf dem Chefsessel. Uns hat sie erzählt, wie sie diese Herausforderung meistert.

Es war nicht der vorgezeichnete Weg, den Verena Klingbeil nahm. Sie wuchs zwar mit dem Geruch von Klebstoff auf, weil der Vater und seine Kleidung immer danach rochen, aber besonders interessiert hat sie sich als Kind und Jugendliche nicht für seine Firma. „Er war immer viel im Unternehmen“, erzählt die Tochter. „Was er genau machte, war mir in meinen jungen Jahren nicht ganz so wichtig“, verrät sie.

Als sie mit der Mittleren Reife die Schule abschloss, hatte sie noch keinen Berufswunsch. „Mach am besten eine Banklehre“, sagten ihre Eltern. Also ging sie den klassischen, den soliden Weg, den Erziehungsberechtigte gerne vorschlagen. Zu ihrer Überraschung entdeckte Klingbeil, dass ihr diese Arbeit Spaß machte. Zwei Jahre blieb sie nach der Ausbildung in der Bank in Heilbronn. Dann wuchs der Gedanke in ihr, eine Weiterbildung, vielleicht das Abitur zu machen. Oder eine interne Fortbildung innerhalb der Bank?

In diese Überlegungen hinein wurde eine Mitarbeiterin in der Firma ihres Vaters schwanger. Es kam die Frage auf, ob sie nicht ihre Vertretung übernehmen wolle – als Verkaufssachbearbeiterin. „Anschauen schadet ja nicht“, dachte sich die 43-Jährige. Also verbrachte sie mit ihrem Vater einen Sonntag lang in den Räumlichkeiten der Firma, ließ sich dies und jenes zeigen und stieg ein in eine Welt, die sie vorher nur vom Ferienjob her kannte. Die Ablage machen oder Prospekte kleben – das gehörte damals noch zu ihren Aufgaben. Vorübergehend war das in Ordnung. Es war ja nur von kurzer Dauer.

Der Neuanfang

Doch bei diesem Mal war es anders: Sie blieb. Nur einmal zog es sie, im Jahr 1999, für fünf Monate nach Kanada, wo sie eine Sprachschule besuchte. Und dann – das war schon für den Karriereweg in der eigenen Firma – verbrachte Klingbeil ein Jahr in Stuttgart. Dort machte sie den Handelsfachwirt bei der Industrie- und Handelskammer. Fortan war sie Assistentin der Geschäftsleitung und im Bereich Marketing, Vertrieb und Kalkulation beschäftigt.

2005 wurde sie an der Seite ihres Vaters Geschäftsführerin, übrigens nur ein Jahr bevor sie ihre Zwillinge zur Welt brachte. Der Austritt des Vaters aus der Firma kam dann 2016. Da wurde für die neue Chefin vieles anders. „Plötzlich war ich alleinverantwortlich.“ Sie stellte fest, dass ihr das Gestalten liegt und sie die Motivation anderer beeinflussen kann. Die sei heutzutage ein sehr wichtiges Kriterium. Früher hätte sich das Unternehmen ihre Mitarbeiter aussuchen können, heute ist es andersrum.

„Man muss etwas bieten können“, sagt Verena Klingbeil. Erst mal ließ sie die Räume renovieren und kreierte ein neues Logo. Sie brauchte mehr Frische, eine Umgebung, in der sie sich wohlfühlen kann sowie ein Büro, das hell ist und nach Lavendel riecht. „Schließlich verbringe ich dort viel Zeit.“ Bis in die späten Abendstunden ist sie oft im Betrieb beschäftigt. Den Samstag und Sonntag kann sie aber mit ihrer Familie verbringen. Ihr Vater war hingegen samstags nur selten zuhause. Als Ausgleich zum Büroalltag geht sie im Wald laufen und kocht. Das tut sie leidenschaftlich gerne: Hin und wieder denkt sie dann sogar: „Die Gastronomie, die hätte mir auch Spaß gemacht.“

Sonja Alexa Schmitz