Die Museumslandschaft in Heilbronn-Franken kann sich definitiv sehen lassen – von diversen Automobilmuseen über ein Jeansmuseum bis hin zum Weinbaumuseum gibt es viel zu entdecken und bestaunen. Auch das Hällisch-Fränkische Museum in Schwäbisch Hall hat faszinierende Exponate zu bieten.
Wir müssen uns damit abfinden: Wir können nicht in die Vergangenheit reisen. Es gibt weder eine Zeitmaschine dafür noch einen Zauberspruch noch einen Dschinni, der uns diesen Wunsch erfüllen könnte. Aber was es gibt, sind Museen, die eine Reise in frühere Zeiten ermöglichen – anhand von Exponaten, die betrachtet werden und als Gegenstand von Diskussionen und Kontemplationen fungieren können. Ein solcher Ort der vor den Augen des Besuchers lebendig werdenden Geschichte ist das Hällisch-Fränkische Museum (HFM) im Stadtkern von Schwäbisch Hall. Seit 1847 wird dort alles gesammelt, was mit der Historie der Siederstadt zu tun hat – begonnen mit Werkzeugen eiszeitlicher Jäger, den ältesten Ausstellungsstücken des gesamten Hauses, bis hin zu einer Schürze aus dem Stoff einer Hakenkreuzfahne, stammend aus den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg.
Historisch ist das Museum sogar in doppeltem Sinne. Denn es beherbergt nicht nur Stücke aus ehemaligen Epochen, sondern ist mit seinen sieben mittelalterlichen Gebäuden – im Zentrum der staufische Keckenturm aus dem Jahre 1240 – selbst absolut geschichtsträchtig. Das Besondere an der Keckenburg, die im Mittelalter ein Wohnturm der adeligen Familie von Keck war, ist die Tatsache, dass sie vom Keller bis zum Dach besichtigt werden kann. Zu sehen sind dort auf acht Ebenen Exponate bis 1802: etwa ein zirka vier Meter hoher Nachbau eines Tretradkrans, Werke aus Alabaster sowie Elfenbein des Bildhauers Leonhard Kern und Schützenscheiben, die Einblick in die Alltagskultur des 18. und 19. Jahrhunderts geben. Neuzugang ist ein restauriertes Retabel, ein verzierter Altaraufsatz gefertigt um 1460 in Antwerpen, aus der Marienkirche in Rieden.
Auf diese Dauerleihgabe des Landesmuseums Württemberg ist Museumsleiter Armin Panter besonders stolz: „Damals war das das Beste, was es gab.“ Doch die Zeit hinterlässt ihre Spuren, weshalb viel nachgebessert werden musste. „Da stecken sicherlich einige hundert Stunden Arbeit drin“, schätzt der 58-Jährige, der seit 25 Jahren im HFM arbeitet. Arbeit steckt auch im seit mehr als 160 Jahren praktizierten Sammeln der Exponate drin, die ganz unterschiedliche Herkünfte haben. „Sie sind zum Teil aus Kirchen erworben, zum Teil geschenkt, eingekauft oder auch geerbt“, erklärt Panter, wie die Stücke ins Museum gefunden haben könnten. Relevant sind lediglich solche mit Bezug zu Schwäbisch Hall oder der Region.
Im HFM sollte man sich Zeit nehmen. Denn die Keckenburg ist nicht das einzige Gebäude, das Artefakte der Stadtgeschichte beheimatet. Auch die Stadtmühle, eine mittelalterliche Malmühle, ist voller beeindruckender Schätze. Sie greift die Geschehnisse von der Französischen Revolution bis zum Ende des 20. Jahrhunderts auf. Zu bestaunen sind auch hier Schützenscheiben – insgesamt gibt es 200 im ganzen Museum –, Gemälde des Panoramamalers Louis Braun und der Künstlerin Marie Sieger sowie die Rekonstruktion eines keltischen Siedeofens zur Salzgewinnung aus Sole. Absolutes Highlight des Museums sind laut Panter jedoch die Synagogenvertäfelungen von Elieser Sussman. „Die Vertäfelung des Unterlimpurger Betraums ist das wichtigste Judaicum in Deutschland überhaupt.“ Es handelt sich um aufwendig mit vielen Blumenornamenten bemaltes Nadelholz von 1738/39. Die Vertäfelung befindet sich in erstaunlich gutem Zustand.
Mit mehreren tausend Exponaten auf einer Fläche von über 3000 Quadratmetern bietet das HFM eine Reise in die Vergangenheit, die keine Wünsche offen lässt – zumal auch noch der Eintritt frei ist. Allerdings ist dies erst seit 2016 der Fall. Panter erklärt, wieso: „Wir hatten die Wahl, den Preis zu erhöhen oder ihn ganz abzuschaffen und haben uns für Letzteres entschieden. Andere Museen in Hall verlangen auch kein Geld für den Eintritt.“
Olga Lechmann