Wie steht die Wirtschaft im Landkreis Schwäbisch Hall nach dem Corona-Schock da? Wie kann es wieder aufwärts gehen? Ein Blick auf die Lage aus Sicht des Wirtschaftsförderers David Schneider.
Die Corona-Krise hinterlässt deutliche Spuren in vielen Branchen und Betrieben, keine Frage. Aber die regionale Wirtschaft im Landkreis Hall stehe verhältnismäßig gut da, so die Einschätzung von David Schneider. Als Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landkreises Schwäbisch Hall, kurz WFG, steht er mit seinem Team seit Ausbruch der Pandemie an vorderster Front.
Die WFG wird mit Anfragen von Firmen überhäuft. „Am Anfang kreisten die drängendsten Fragen um die Corona-Soforthilfen“, sagt Schneider. „Mittlerweile ist das übergegangen zu Fragen rund um die aktuellen Verordnungen. Was darf ich? Was ist erlaubt?“
Das hohe Informationsbedürfnis zu stillen, bestimme nach wie vor die tägliche Arbeit, doch es gebe erste Zeichen der Entspannung. „Der große Schock ist gewichen“, sagt Schneider. Von Krisenstimmung lässt er sich nicht anstecken, sondern bleibt optimistisch: „Wir sagen immer, wir haben einen krisenfesten Branchenmix. Jetzt hat dieser Duktus die Möglichkeit, sich zu beweisen.“
Kurzarbeit sichert Jobs
Ein Beleg sei die Arbeitslosenquote im Kreis. Diese ist zwar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 0,7 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent im Mai gestiegen, liegt aber immer noch unter dem Landesschnitt von 4,3 Prozent in Baden-Württemberg. Massiv gestiegen sind hingegen die Anzeigen für Kurzarbeit. „Wir sind jetzt bei gut 30 000 und haben 84 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Kreis. Da ist für mehr als ein Drittel Kurzarbeit angezeigt“, sagt Schneider. Dennoch sei das positiv zu werten, da das Instrument dazu diene, Arbeitsplätze zu erhalten. Die Zahl liege unter dem Durchschnitt von Heilbronn-Franken. Der Automobilsektor, der den Schnitt nach oben ziehe, spiele im Landkreis Hall eine untergeordnete Rolle.
Hauptarbeitgeber und Treiber sei der Maschinenbau im Landkreis. Und der Verpackungsmaschinenbau, vor allem im medizinisch-pharmazeutischen Bereich, erweise sich als ziemlich krisenfest. Fraglich bleibe dennoch, ob die Lieferketten halten und wie sich der Export entwickelt. „Die Maschinenbaubranche ist sehr exportgetrieben. Einige der großen Unternehmen haben eine Exportquote von 90 Prozent. Im Schnitt liegen wir bei
50 Prozent“, berichtet Schneider. „Die Auftragsbücher sind eigentlich voll. Das gilt auch für das Baugewerbe, eine weitere wichtige Branche im Kreis. Der Einzelfall mag immer mal anders sein, aber im Schnitt läuft es noch gut.“ Auch das Gesundheitswesen, eine weitere starke Säule im Branchenmix, bleibe in der Krise sehr gefragt.
Die Sorgenkinder seien die Bereiche Gastronomie, Tourismus und Hotellerie. Trotz Lockerungen stelle sich für viele Gastronomen und Hoteliers die Frage, ob unter Einhaltung der erforderlichen Abstandsregeln mit verringerter Kapazität ein wirtschaftlicher Betrieb möglich sei. Es gebe zwar Hilfs- und Förderzusagen seitens Bund und Land, doch aus seiner Sicht bewege sich da noch zu wenig.
Die Krise habe aber auch Gewinner hervorgebracht. „Einen Konjunkturboom erleben unsere Fahrradgeschäfte. Bei E-Bikes zum Beispiel sind die Lieferzeiten zwischenzeitlich wie bei Neuwagen“, meint Schneider.
Positiv sei auch, dass viele Unternehmen aus der Not eine Tugend machen und neue Lösungen finden, sei es durch Digitalisierung und Virtualisierung im Maschinenbau, sei es durch Produktionsumstellungen auf knappe Güter. „Das nährt natürlich die Hoffnung, dass man mit dem Erfindergeist im Ländle die Krise überwinden kann“, meint Schneider.
Dirk Täuber