Künstliche Intelligenz – ziemlich bester Freund?

Große Hoffnungen setzt die Wirtschaft in die Künstliche Intelligenz. Die Wissenschaft forscht dafür, unter anderem an der Hochschule Heilbronn und bald auch auf dem Heilbronner Bildungscampus. Doch es gibt auch Risiken und Gefahren für die Gesellschaft.

Gerade erst siedelte das Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation auf dem Heilbronner Bildungscampus ein neues Forschungs- und Innovationszentrum an. Es wird sich künftig mit „kognitiven Dienstleistungssystemen“ befassen.

Die Dieter-Schwarz-Stiftung finanziert zunächst sieben Jahre lang Personal- und Raumkosten für das Zentrum, wie die Stiftung Ende Mai bekannt gab. „Wir erhoffen uns Impulse“, sagt Pressesprecherin Stefanie Geiges, „und wir wollen ein ganzheitliches Angebot der Bildungskette machen“. Dies soll mit dem namhaften Forschungsinstitut geschehen, nachdem der Bereich Forschung auf dem Bildungscampus noch nicht besetzt war. Dabei seien Kooperationen mit der Hochschule und der TU München geplant, auch mit regionalen Unternehmen solle zusammen gearbeitet werden. So sollen auf dem Campus niederschwellige Angebote im Umgang mit Daten und Künstliche-Intelligenz-Verfahren (KI) für die mittelständisch geprägte Unternehmenslandschaft der Region Heilbronn-Franken entwickelt werden.

Schwerpunkte

Auch an der Hochschule Heilbronn wird in diese Richtung geforscht: Hier wurde vor kurzem das „Interdisziplinäre Lehr- und Forschungszentrum für Maschinelles Lernen“ (ZML) gegründet, in dem die drei Professoren Alexandra Reichenbach und Wendelin Schramm von der Fakultät Informatik sowie Nicolaj Stache von der Fakultät Mechanik und Elektronik fächerübergreifend Kompetenzen in der Methode des „maschinellen Lernens“ bündeln. Im Zentrum stehen dabei die Bereiche Automotive und Medizin, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über zwei Jahre mit einer Summe von 400.000 Euro gefördert werden.

Im Bereich Automobil ist die Hochschule Heilbronn Partner am Testfeld „Autonomes Fahren Baden-Württemberg“. Dabei müssen kritische Fahrsituationen erkannt werden, in denen der Mensch Überlastungsreaktionen zeigt, die messtechnisch erfasst werden. Maschinelles Lernen soll dazu verwendet werden, den Zusammenhang zwischen Verkehrssituation und Überlastungssituation eines Durchschnittsfahrers herzustellen.

Im Bereich der Medizin gibt es ein Forschungsprojekt, um das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Behandlungsmethoden besser abschätzen zu können. Bei lebenslangen Erkrankungen wie Diabetes, Asthma und zunehmend auch bei Krebs können Behandlungskosten und -ergebnisse nicht ausreichend lange beobachtet werden. Daher ist man für eine gesundheitsökonomische Bewertung auf Simulationsmodelle der KI angewiesen, die aufgrund der hohen Datenverfügbarkeit in der Medizin möglich sind.

Künstliche Intelligenz erlaubt Maschinen dank hyperintelligenten Algorithmen zu lernen, zu verstehen und dementsprechend zu handeln. Sie beeinflusst Leben und Arbeit der Menschen und bietet Möglichkeiten, die lange als unvorstellbar galten. Automatisiertes Fahren, Gesichtserkennung, medizinische Diagnosen, menschliche Roboter, digitale Sprachassistenten sind Anwendungen, die für die Wirtschaft interessant sind.

Logistik und Datenschutz

Im VW-Konzern wie auch bei Audi wird im eigenen „Data Lab“ geforscht: Es wird geprüft, wo selbstlernende Algorithmen eingesetzt werden können und diese werden dann weiter entwickelt. Die Einsatzgebiete sind breit gefächert: Lernende Systeme könnten Facharbeitern zum Beispiel helfen, verzweigte Logistik- und Produktionsprozesse noch besser zu steuern. Sie können komplexe volkswirtschaftliche Entwicklungen analysieren, um Experten in der Marktplanung umfassendere Entscheidungsgrundlagen zu liefern.

Roboter und Maschinen in der Werkshalle könnten lernen, ihre eigenen Wartungszyklen vorherzusagen und den Mitarbeiter darüber zu informieren. Ein besonders spannendes Thema: Lernende Systeme könnten auch Möglichkeiten schaffen, um den Datenverkehr von Unternehmen, der immer mehr ins Visier von Hackern gerät, wirksam zu schützen.

Veränderte Berufswelt

„Das Smartphone war erst der Anfang“, prognostiziert der Zukunftsforscher Ulrich Eberl, Pionier der KI-Forschung von der TU München. Smart Industry, Smart Building, Smart Transport oder Smart Health könnten folgen. Die KI werde alle Lebensbereiche des Menschen massiv beeinträchtigen, prognostiziert der Forscher. Was die Zukunft der Berufe betrifft, zeigt sich für Eberl ein gemischtes Bild. Kaufmännische Berufe wie Bankberater, Versicherungsvertreter oder Makler sind nach seiner Schätzung besonders leicht zu ersetzen. Soziale Berufe, Pädagogen oder Ärzte hingegen kaum.

Kreativer Einsatz

Die Künstliche Intelligenz ist in Fernost längst angekommen. Mini­drohnen können dort Bienen ersetzen und die Bestäubung von Blüten übernehmen. Mit GPS und künstlicher Intelligenz ausgestattet, wären sie vielleicht die Lösung, wenn es einmal zum Bienensterben kommt.

Uwe Deecke