Mautpflicht für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen ab 1. Juli 2024

Die generelle Mautpflicht wird zum 1. Juli 2024 auf Fahrzeuge mit einer technisch zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen erweitert. Für Kritik sorgt eine Reihe von Ausnahmen. Diese kommt unter anderem von der Hauptgeschäftsführerin der IHK Heilbronn-Franken, Elke Döring. Sie fordert Nachbesserungen.

Mautpflicht
Rund 220.000 Fahrzeuge über 3,5 und unter 7,5 Tonnen bundesweit werden ab 1. Juli 2024 mautpflichtig. Foto: Adobe Stock/ Jürgen Fälchle

Die zum 1. Juli in Kraft tretende Mautpflicht gilt für Fahrzeuge und Fahrzeugzüge über 3,5 bis unter 7,5 Tonnen technisch zulässiger Gesamtmasse (tzGm) auf Bundesstraßen und Autobahnen. Der Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) rechnet mit rund 220.000 zusätzlichen Fahrzeugen bundesweit, die dann mautpflichtig werden. Diese Fahrzeuge müssen für den Güterkraftverkehr bestimmt sein oder dafür verwendet werden, schreibt die Bergische IHK in einer Pressemitteilung. Demnach sind Fahrzeugkombinationen sind nur mautpflichtig, wenn die technisch zulässige Gesamtmasse des Zugfahrzeugs über 3,5 Tonnen liegt.

Des Weiteren ausgenommen sind teilweise auch Fahrzeuge, die zur Beförderung von Material, Ausrüstungen oder Maschinen genutzt werden. Das gilt allerdings nur dann, wenn die Ladung von den Fahrenden zur Ausübung eines Handwerks benötigt wird, die sogenannte „Handwerkerausnahme“. Eine Erweiterung des Ausnahmetatbestandes um weitere Berufe und Branchen wurde von der Bundesregierung trotz zahlreicher Initiativen von Seiten der Wirtschaft abgelehnt. So fallen beispielsweise Umzugsspeditionen oder Veranstaltungstechniker unter die neue Mautpflicht, so die Bergische IHK weiter.

Experten raten betroffenen Unternehmung zur Prüfung

Gerade aufgrund der zahlreichen Ausnahmen raten die Experten von der neuen Mautregelung betroffenen Unternehmen dringend, zu prüfen, ob ihre Fahrzeuge ab 1. Juli mautpflichtig werden oder Ausnahmen greifen.

Elke Döring, Hauptgeschäftsführerin der IHK Heilbronn-Franken, kritisiert die Erweiterung der Mautpflicht und fordert, die Einführung der neuen Maut zu verschieben. „Die Neuregelung muss unbedingt nachgebessert werden. In der jetzigen Form ist sie inakzeptabel. Die Ausnahmebestimmungen kamen viel zu spät, sind unfair und intransparent“, heißt es in einer Pressemitteilung der IHK Heilbronn-Franken.

Mautpflicht falsches Signal für die Wirtschaft

Umstritten ist demnach vor allem die Ausnahmeliste des Bundes, nach der Handwerksbetriebe beziehungsweise Gewerbe mit handwerklichen Tätigkeiten von der Maut befreit sind: „Diese Liste ist in Teilen absurd und belastet Unternehmen mit den gleichen Tätigkeiten ganz unterschiedlich. Viele sind gar nicht in der Lage, die entsprechenden Mautgeräte fristgerecht einzubauen.“, so Elke Döring.  Die Hauptgeschäftsführerin warnt davor, kleine und mittlere Unternehmen zusätzlich zur Kasse zu bitten. „Das ist das völlig falsche Signal. Statt die unter Bürokratie und Auftragsflaute leidenden Unternehmen zu entlasten, kommen jetzt höhere Kosten und noch mehr Bürokratie. Und sicher nicht alle werden das an ihre Kunden weitergeben können.“

Ähnliche Kritik kommt auch von der BWIHK: „Zahlreiche Betriebe hofften zurecht auf eine mögliche Ausnahmegenehmigung, wurden jedoch vom Bund zu lange im Unklaren gelassen. Das hat zur Folge, dass die Unternehmen sich nicht rechtzeitig auf den Stichtag vorbereiten konnten. Der Starttermin muss verschoben und bei der Umsetzung der Maut muss nachgebessert werden“, fordert Dr. Axel Nitschke, Hauptgeschäftsführer der IHK-Rhein-Neckar, die im BWIHK in Verkehrsfragen federführend ist.

Die geplante Ausweitung sei bürokratisch, schlecht vorbereitet und komme zur Unzeit, heißt es in der Pressemitteilung des BWIHK. Die Politik wolle vor allem diejenigen zur Kasse bitten, die die Straßen besonders intensiv nutzten. Service- und Werkstattwagen von Handwerkern und handwerksähnlichen Dienstleistern profitierten. Doch der Teufel stecke im Detail: „Die Idee ist zwar richtig, die Umsetzung jedoch mangelhaft. Wenn ein Garten- und Landschaftsbauer eine Sandsteinmauer saniert, muss dieser Maut zahlen. Ein Maurer, welcher dieselbe Tätigkeit ausführt, ist jedoch mautbefreit. Das ist schwer nachvollziehbar“, so Nitschke. Der Hintergrund: Die Abgrenzung zwischen handwerksähnlichen und anderen Tätigkeiten ist unklar. Eine Liste der von der Abgabe befreiten Tätigkeiten wurde erst vor wenigen Wochen finalisiert, viele Unternehmen konnten noch kein Mautgerät im Fahrzeug installieren lassen.

Zusätzliche Kosten belasten KMUs

„Inmitten einer Konjunkturflaute ist die Einführung zusätzlicher Kosten von 11 bis 25 Cent pro Kilometer eine erhebliche Belastung. Dies trifft kleine und mittelständische Betriebe besonders hart, die bereits heute mit zahlreichen Kostensteigerungen konfrontiert sind“, warnt Nitschke. „Viele Unternehmen sind nicht ausreichend informiert und werden überrascht sein, wenn sie nach dem 1. Juli erstmals kontrolliert werden.“

Der BWIHK fordert daher Nachbesserungen und eine Verschiebung des Mautstarts. Die Mautausweitung verursache viel Aufwand, bringe aber nur wenig Nutzen. „Unsere Infrastruktur ist marode und benötigt viel Geld. Die neue Maut leistet dazu im Vergleich zum Schwerlastverkehr einen vergleichsweise geringen Beitrag“, so Nitschke. Daher sei es sinnvoll, den Unternehmen in der aktuellen Rezession entgegenzukommen und bestehende Schwächen zu beheben. „Für die Wirtschaft käme eine Entlastung zur richtigen Zeit, die Politik muss sich bewegen“, appelliert Nitschke.

Übersicht zu Ausnahmen und Voranmeldung

Eine detaillierte Übersicht mit allen Informationen zur Handwerkerausnahme, der Bundesfernstraßenmaut sowie der Voranmeldung zur Handwerkerausnahme auf dem Portal von Toll Collect hat der Zentralverband des Deutschen Handwerks zusammengestellt.

red.