Innovative Energienutzung: Ilsfeld macht vor, wie das Abwasser aus einer Kläranlage dazu verwendet werden kann, eine umweltfreundliche Wärmeversorgung von Wohnquartieren zu ermöglichen.
Beim Thema Erneuerbare Energie stehen oft Wind und Sonne im Fokus, doch auch das Wasser hat ein hohes Potenzial für eine nachhaltige und klimafreundliche Energieversorgung – und das nicht nur in Form von Wasserkraftwerken zur Stromerzeugung. Wie Wärmeenergie aus Abwasser für den Betrieb eines Nahwärmenetzes genutzt werden kann, zeigt die Gemeinde Ilsfeld südlich von Heilbronn.
Bereits 2013 hat die Kommune mit dem Aufbau eines Nahwärmenetzes begonnen, das von einem Gaskessel und zwei Blockheizkraftwerken gespeist wurde. Ziel war von Beginn an, das Netz so weit wie möglich mit erneuerbaren Energien zu betreiben. Mittlerweile kommen drei Wärmequellen zum Einsatz: erdgasbetriebene Blockheizkraftwerke des Schulzentrums in Ilsfeld, eine Biogasanlage im benachbarten Beilstein und das Herzstück des Konzepts: eine Abwasserheizzentrale. Sie ist ein von der EU gefördertes Leuchtturmprojekt und steht neben der Kläranlage, gut anderhalb Kilometer vom Ort entfernt.
Abwasser ist eine bislang unterschätzte, wenig genutzte Ressource zur Energiegewinnung. Ilsfeld hingegen nutzt dieses Potenzial, schließlich fließt tagtäglich geklärtes Abwasser in die Schozach. Mittels Wärmepumpen wird dem Abwasser aus der Kläranlage Wärme entzogen. „Das geklärte Wasser hat je nach Jahreszeit noch sechs bis sechzehn Grad“, erklärt Thomas Gessler, der in Ilsfeld für das Nahwärmenetz zuständig ist. „Das Heizwasser im Netz wird über zwei Wärmepumpen mit jeweils 300 Kilowatt Leistung bis auf 80 Grad erhitzt. Damit ist es bereit zur Beheizung der Gebäude.“ Den Strom für die Wärmepumpen liefern drei Blockheizkraftwerke. Ihre Abwärme wird ebenfalls ins Netz eingespeist.
Derzeit sind 480 Gebäude an das Ilsfelder Nahwärmenetz angeschlossen, das inzwischen 32 Kilometer lang ist. „Die Gesamtkapazität liegt derzeit bei zwölf Millionen Kilowattstunden Wärme, die auch in vollem Umfang abgenommen werden“, sagt Gessler. Die Erzeugerkapazität sei am Limit, daher können trotz hoher Nachfrage aktuell keine weiteren Anschlüsse an das Nahwärmenetz getätigt werden. Eine Erweiterung befinde sich aber in Planung. Als Ergänzung seien eine Pellet- und eine Holzhackschnitzelanlage für die Wärmeerzeugung im Gespräch.
Darüber hinaus werde auch das alte Blockheizkraftwerk der Kläranlage durch zwei neue Anlagen ersetzt. „Aus dem Klärschlamm wird in einem speziellen Faulgasturm Methangas gewonnen und für den Betrieb der Anlagen eingesetzt. Wärme und Strom, die über den Eigenverbrauch des Klärwerks hinausgehen, werden künftig auch ins Netz eingespeist“, erläutert Gessler.
Mithilfe der verschiedenen Energiequellen und des Nahwärmenetzes werden in Ilsfeld jährlich etwa 3000 Tonnen CO2 eingespart. Der Anschluss an das Nahwärmenetz lohne sich für die Nutzer auch finanziell. „Wenn man von einem durchschnittlichen Verbrauch von 25.000 Kilowattstunden im Jahr ausgeht, was in etwa 2500 Litern Öl entspricht, dann spart man bei einer Vollkostenrechnung mit der Nahwärme etwa 1000 Euro“, rechnet Gessler vor. Angesichts steigender Preise für fossile Energieträger ist das neben dem Klimaschutz ein weiteres überzeugendes Argument für die Nutzung von Nahwärme.
Dirk Täuber