Miro Ruff hat im Jahr 2006 sein Abitur an der Haller Waldorfschule gemacht. Er hat gute Erinnerungen an seine Schulzeit, sagt aber auch: „Das ist keine Insel der Glückseligen.“ Wie ihn diese spezielle Schule geprägt hat, verrät er hier.
An diesem Tag ist er wieder seinen alten Schulweg gegangen, aus der Innenstadt, den Hofpfad hoch, zum Teurershof, in seine alte Schule, die Freie Waldorfschule Schwäbisch Hall. Viele Erinnerungen werden wach: An den gemeinsamen Schulweg mit seinem Freund, die Treffen um Viertel vor acht an der Brücke, den Schulhof, der damals noch nicht so schön gepflastert war.
Eines der kleinen Häuser, die auf der Wiese neben dem rosa gestrichenen Schulgebäude stehen, war sein Klassenzimmer. Acht Jahre lang. So lange bleiben Waldorfschüler im Klassenverbund bis zur so genannten Oberstufe, die mit Klasse Neun beginnt, zusammen – mit einem Lehrer. „Das kann gut sein oder auch schlecht, je nachdem wie man mit seinem Klassenlehrer zurecht kommt“, sagt Miro.
Es gibt bis dahin keine Noten. Versetzt wird man immer. Druck komme erst auf in der 13. Klasse. Wenn das Abi ansteht, dann muss vieles nachgeholt werden – ein anstrengendes Jahr, findet Miro Ruff. Dennoch hält er die entspannten vorhergehenden Schuljahre für wichtig.
Prägende Jahre
Sie waren auch geprägt von vielen Praktika, jährlichen Klassenfahrten, Theateraufführungen, Waldwochen, Projekttagen. Das gefiel dem 31-Jährigen, der heute Radiokoordinator beim Haller Radioseder „StHörfunk“ ist. Auch seine Nähe zur Natur, das Robustsein, dass er statt das Auto zu benutzen, viel zu Fuß geht oder Fahrrad fährt, das verdanke er wohl der Waldorferziehung.
Glückliche Schulzeit
Und wenn er Ehemalige trifft, dann spüren sie diese gewissen „Vibes“ immer noch. Sie hätten schon eine spezielle Schulzeit gehabt. Die Waldorfschule ist einzügig, jeder kennt jeden, auch zu den Lehrern hatte er ein gutes, persönliches Verhältnis. Da war es leicht, enge Bindungen zu seinen Klassenkameraden zu knüpfen.
Es wurden einem nicht die Lehren des Waldorfbegründers Rudolf Steiner indoktriniert. Ruff sagt aber auch, dass das für die Haller Waldorfschule gelte, andere könnten das anders praktizieren. Die Waldorfpädagogik basiert auf dem von Steiner in den 1920er Jahren entwickelten anthroposophischen Menschenbild. Namensgebend für die Schulen war übrigens die Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik in Stuttgart, deren Direktor die Kinder der Mitarbeiter pädagogisch betreuen lassen wollte und Steiner um Hilfe bat.
Aufgrund ihrer Andersartigkeit zu herkömmlichen Schulen ranken sich auch Vorurteile um Waldorfschulen. Den gerne benutzen Kommentar, dann könne er ja seinen Namen tanzen, hat Ruff oft gehört. Als Antwort tanzt er ihn dann einfach vor. Eurythmie war neben Geschichte und Sport sein Lieblingsfach. Schon allein weil man sich da bewegen konnte. Das kam ihm, mit einmal die Woche Sportunterricht, ein bisschen zu kurz.
Der Haller, der seine Schulzeit als sehr glücklich beschreibt und immer noch einen ganz tief verbundenen Kontakt zu vielen ehemaligen Mitschülern hat, ist durchaus auch kritisch. Die Waldorfschule sei „keine Insel der Glückseligen“. Auch bei ihnen habe es Streit, vielleicht könne man es sogar Mobbing nennen, gegeben. Waldorfschüler seien sehr draufgängerisch, selbstbewusst und laut. Im Bus konnte man klar erkennen, wer von der Staatsschule kam und wer von der Waldorfschule. Die Klassen waren mit rund 40 Schülern sehr groß, der Geräuschpegel oft hoch. Auch das konnte anstrengend sein.
Und doch, er kann es kaum verstecken, da ist auch Stolz: Auf dieser Schule gewesen zu sein, die ein bisschen anders ist, wo man durch viele verschiedene Aktionen gegangen ist, die einen als Gruppe zusammengeschweißt haben.
Bei allen guten Erinnerungen an seine Schulzeit an der Freien Waldorfschule Schwäbisch Hall resümiert der Radiokoordinator realistisch: „Nicht nur Schule macht einen zu dem, was man ist.“
Sonja Alexa Schmitz