Bis 2030 sollte jede dritte Tonne von Gütern klimaneutral transportiert werden. Das sieht zumindest ein Konzept vor, welches das Verkehrsministerium Baden-Württemberg erstellt hat. Professor Tobias Bernecker von der Hochschule Heilbronn erklärt es.
Güterverkehr hat eine wesentliche Funktion für die Gesellschaft. Gleichzeitig gilt er unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten als besonders anspruchsvoll. In diesem Kontext steht das im Sommer 2020 durch das Verkehrsministerium Baden-Württemberg vorgelegte neue Güterverkehrskonzept des Landes. Erstellt wurde es in einem zweijährigen Prozess durch ein Konsortium aus sieben wissenschaftlichen Partnern unter Federführung des Kompetenzzentrums Logwert an der Hochschule Heilbronn. Das Konzept zeigt Wege auf, wie trotz steigenden Verkehrsaufkommens bis 2030 in Baden-Württemberg jede dritte Tonne von Waren, Rohstoffen und anderen Gütern klimaneutral transportiert werden kann.
Hierfür hat das Projektkonsortium eine ganzheitliche Betrachtungsperspektive entwickelt, die alle Akteure der Lieferkette mit in die Pflicht nimmt. Ein wesentlicher Bestandteil der Konzeptentwicklung waren dabei acht regionale Workshops mit über 200 Teilnehmenden. Auch Heilbronn war unter den Workshop-Gastgebern. In den Fortbildungen wurden die großen Herausforderungen identifiziert, die es im Güterverkehr zu bewältigen gilt, und es wurden wesentliche Inhalte der letztlich empfohlenen Maßnahmen entwickelt und diskutiert.
Die resultierenden Empfehlungen erstrecken sich über zwölf Handlungsfelder. Die ersten vier sollen direkt angegangen werden. Mit entsprechenden Maßnahmen wurde bereits begonnen, beispielsweise im Bereich der nachhaltigen Stadtlogistik, bei der Automatisierung des Güterverkehrs und bei der Schaffung einer
Anlaufstelle für interessierte Schienengüterverkehrs-Neukunden. Weitere Maßnahmen sollen zeitnah folgen.
Für die Region Heilbronn-Franken eröffnet das Güterverkehrskonzept eine Vielzahl an Optionen. Einerseits kann die Region von zahlreichen Maßnahmen profitieren, die zur landesweiten Umsetzung vorgeschlagen sind. Andererseits enthält das Güterverkehrskonzept auch eine Reihe regionalspezifischer Vorschläge. So genießt im Rahmen des güterverkehrsrelevanten Infrastrukturausbaus bei den großen Straßenbaumaßnahmen in der Region insbesondere der durchgehend sechsstreifige Ausbau der A6 hohe Priorität. Parallel hierzu soll eine größere Anzahl neuer Lkw-Stellplätze entlang der Autobahnen, aber auch im Umfeld größerer Industriestandorte geschaffen werden.
Um mehr Güterverkehr auf der Schiene abwickeln zu können, sind sowohl die durchgehende Zweigleisigkeit der Frankenbahn als auch die Schließung der Elektrifizierungslücke auf der Hohenlohebahn als Maßnahmen im Konzept enthalten. Eine große Rolle kommt zudem der landesweiten Verbesserung der Bedingungen für die Errichtung und den Betrieb von Gleisanschlüssen zu. Als weitere zentrale Maßnahme nennt das Konzept die Sicherung von Gewerbe- und Hafenflächen für logistische Zwecke. Ein wichtiger trimodaler Umschlagpunkt im Land soll dabei auch zukünftig der Hafen Heilbronn sein, nicht zuletzt aufgrund seiner Bedeutung für den Schwerlastverkehr.
Die Dekarbonisierung des Güterverkehrs kann nur gelingen, wenn flächendeckend alternative Energieversorgungsinfrastrukturen für Nutzfahrzeuge unter Berücksichtigung aller erfolgswahrscheinlichen Technologieoptionen zur Verfügung stehen, also unter anderem Lkw-Schnellladesäulen und Wasserstofftankstellen. Das Güterverkehrskonzept Baden-Württemberg versteht sich dabei als Initialzündung für die Umsetzung dieser und zahlreicher weiterer Maßnahmen. Der Ball zur Umsetzung liegt nun bei den Akteuren im Güterverkehr, die Gestaltung einer tragfähigen Zukunft für den Güterverkehr kann nur gemeinsam gelingen.
Autor: Tobias Bernecker