Mit dem Girls‘ Day wollen Unternehmen, vorrangig aus der Industrie und dem Handwerk, dafür werben, dass sich junge Mädchen auch für ihre Branche interessieren. Dazu laden sie die Schülerinnen ein, für einen Tag das Arbeitsleben im Betrieb kennenzulernen. Wir haben mit Firmen aus der Region gesprochen, warum sie an dem Schnuppertag teilnehmen, was sie genau angeboten haben und wie ihre Erfahrungen bisher sind.
Obwohl gerade Männern oft Witze über Frauen machen, greift doch jeder gerne auf die positiven Eigenschaften von Frauen im eigenen Umfeld zurück – sei es die Verlässlichkeit der Partnerin oder die Fürsorglichkeit der Mutter. Allgemein gilt das weibliche Geschlecht als kreativ, verantwortungsbewusst und multitaskingfähig. Auf solche Eigenschaften seiner Beschäftigten will natürlich jeder Arbeitgeber zurückgreifen. Gerade in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen – den typischen Männerberufen – fehlt es aber an weiblichem Personal.
Dagegen soll der Girls‘ Day helfen: ein Aktionstag, an welchem Unternehmen, hauptsächlich aus der Industrie, dem Handwerk, aber auch Hochschulen deutschlandweit Mädchen ab der fünften Klasse für einen Tag einladen. Sie stellen ihre Berufsfelder vor und wollen die Schülerinnen für eine Karriere in ihrer Branche begeistern. Hinter dem Projekt stecken mehrere Bundesministerien sowie große Verbände von Arbeitgebern und -nehmern. Der diesjährige Girls‘ Day fand am 26. April statt.
Auch Firmen in der Region nehmen am Mädchenzukunftstag teil – viele schon zum wiederholten Male. „Würth-IT beteiligt sich bereits einige Jahre am Girls‘ Day“, berichtet Karin Beier, Ansprechpartnerin für duale Studiengänge bei dem IT-Dienstleister der Würth-Gruppe mit Sitz in Bad Mergentheim. Auch ihre Berufssparte kann nur wenig weibliches Personal vorweisen. Im gesamten IT-Bereich seien Frauen nach wie vor mit rund 20 bis 25 Prozent unterrepräsentiert. Mit dem Projekt wolle das Unternehmen „das Klischee des IT-Nerds auflösen“.
Deshalb hat Würth-IT auch in diesem Jahr 16 Schülerinnen eingeladen, einen Blick hinter die Firmentore zu werfen. „Der Girls‘ Day ist bei uns eine gute Mischung aus Unternehmensvorstellung, der Möglichkeit, den IT-Spezialisten und Auszubildenden über die Schulter zu schauen und selbst Hand anzulegen, etwa beim Programmieren“, erläutert Baier das Programm für den Aktionstag. Dass sich die Investitionen in das Projekt lohnen, zeigt die Tatsache, dass sich aktuell Mitarbeiterinnen in der Ausbildung befinden, die am Girls‘ Days teilgenommen und sich daraufhin bei Würth-IT beworben haben.
Wunsch nach Interesse am Beruf
Das erhofft sich auch die Rheinmetall Automotive AG am Standort Neckarsulm. Bisher blieb die Hoffnung allerdings unerfüllt. „Leider müssen wir feststellen, dass sich trotz des Girls‘ Days recht wenig Mädchen für eine technische Ausbildung interessieren“, fasst Norbert Roth, Leiter der technischen Ausbildung, zusammen. Das hindert den Automobilzulieferer aber nicht daran, weiter Schülerinnen zu sich einzuladen: „Bei uns erkunden technisch interessierte Mädchen den Betrieb und erproben ihre Fähigkeiten durch technische Übungen wie die Montage eines Würfels auf Kolben“, schildert der Ausbildungsleiter.
Es nehmen aber nicht nur Industriefirmen am Kennenlerntag teil. Klar ist das die Regel – es gibt aber auch Ausnahmen. Zum Beispiel die Polizei. Die Kurzzeitpraktikanten am klassischen Tagesablauf teilhaben zu lassen, ist aufgrund von Dienst- und Datenschutzvorschriften nicht möglich. Dennoch ermöglicht etwa das Polizeipräsidium Heilbronn einen Einblick in seine Arbeit. „Am Girls‘ Day bekommen die Teilnehmerinnen einen weitreichenden Einblick in den Polizeiberuf. Unter anderem stellen wir ihnen die Bereiche Polizeirevier, Verkehrspolizei, Kriminalpolizei und Polizeihundeführerstaffel vor“, beschreibt Polizeihauptkommissar Klaus Schweitzer, was die Schülerinnen auf dem Revier erwartet. Auch den Gesetzeshütern ist es wichtig, dass ihre Branche eine Option bei der Berufswahl der Mädchen sein wird.
Alexander Liedtke