Recruiting: Eigene interne Headhunter-Abteilung aufbauen

Um bei der Mitarbeitersuche langfristig erfolgreich zu sein, ist es wichtig, ein Netzwerk aufzubauen. Foto: Adobe Stock/peshkova

Die richtigen Mitarbeiter zu rekrutieren ist für viele Unternehmen der Region Heilbronn-Franken bedeutsam, um an der Spitze zu bleiben. Recruiting-Experte Peer Bieber gibt Tipps, wie die Personalakquise funktionieren kann.

Auf Ihrer Webseite sprechen Sie davon, dass Unternehmen die falschen Bewerber vermeiden sollen. Wie finden sie denn die richtigen Bewerber?

Peer Bieber: Bevor ich mit dem Recruiting anfange, sollten Unternehmen am besten eine Rückschau machen und schauen, welche Mitarbeiter sie in den letzten Jahren eingestellt haben und welche besonders häufig nach kurzer Zeit das Unternehmen wieder verlassen haben. Hier lassen sich oft Rückschlüsse ziehen, welche Kandidaten gut oder weniger gut geeignet sind. Wenn ich beispielsweise in den letzten Jahren viele Menschen aus anderen Branchen akquiriert habe und diese schnell wieder weg gingen, dann ist das keine Erfolgsstory. Ich rate Unternehmen daher, bereits am Anfang eine Analyse zu machen, was in den letzten Jahren erfolgreich war.

Neben dem Blick nach hinten, ist aber auch der Blick nach vorne sehr wichtig. Ich muss mich fragen, wo die Reise hingehen soll und wen ich eigentlich suche. Wir stellen immer wieder fest, dass die Zieldefinition oft viel zu unspezifisch ist. Häufig wird kein zielgruppenspezifisches Recruiting betrieben, sondern entweder nach dem Gießkannenprinzip gehandelt, was schnell zu Enttäuschungen führen kann, oder die eiersuchende Wollmilchsau gesucht wird, die es am Markt gar nicht gibt.  

Welche Taktiken haben sich für große Unternehmen als erfolgreich erwiesen?

Peer Bieber: Hier gibt es einmal das passive und aktive Recruiting. Beim passiven Recruiting bedeutet das zum Beispiel, auf den sozialen Plattformen mit Werbemaßnahmen unterwegs zu sein. Es reicht nicht mehr, nur auf Jobbörsen aktiv zu sein, sondern eben bewusst über Social Media Plattformen auch zu werben. Hierrüber erreicht man beispielsweise passende Kandidaten, die über Instagram eine passende Werbeeinblendung angezeigt bekommen, dass in ihrem Bereich und ihrer Region gerade eine Stelle zu vergeben ist. Das sind Maßnahmen, um die fast kein Arbeitgeber mehr herumkommt.

Und wenn man auf aktives Recruiting setzt?

Peer Bieber: Active Sourcing ist kein Trend mehr und für viele Arbeitgeber wichtig. Über LinkedIn oder Xing können beispielsweise aktiv Kandidaten angesprochen werden, die passen könnten. Eine weitere aktive Maßnahme, die nicht unterschätzt werden darf, ist die  Mitarbeiterempfehlung. Gerade mit Blick auf den Überfluss an Jobangeboten, bietet diese Methode riesige Chancen. Denn eine der größten Vertrauensbasis sind eben die Freunde, Bekannte oder ehemalige Kollegen. Dieses eher ältere Modell wird gerade im digitalen Zeitalter immer wichtiger, denn in der Regel lesen Menschen Nachrichten von Bekannten lieber wie beispielsweise die vorhin genannte Werbebotschaft auf Instagram.

Wie können Unternehmen erfolgreich über Business-Plattformen für sich werben?

Peer Bieber: Zuerst ist es wichtig, einzusehen, dass für richtiges Recruiting Ressourcen benötigt werden. Ich brauche Zeit für die Recherche und die Zielgruppen-Analyse. Unternehmen sollten mindestens 10 Stunden pro Woche einplanen. Eine klare Empfehlung ist dabei, sich erst einmal auf eine Plattform zu konzentrieren und dort ein Profi zu werden, bevor mehrere Netzwerke bespielt werden. Bin ich dann auf der Plattform und entdecke Kandidaten, die in Frage kommen, ist es wichtig, diese DSGVO-konform anzusprechen. Die Anbieter bieten hier kostenpflichtige Lösungen, die unter den Aspekten auch zu empfehlen sind. Sobald ich in den Kontakt trete, rate ich, keine allgemeinen Nachrichten zu versenden, wie jeder dritte Headhunter das macht.

Was genau meinen Sie damit?

Bieber: Ich muss mit konkreten Mehrwerten kommen und mir vorher schon überlegen, wie ich die potenziellen Arbeitnehmer locken kann. Das „Werben“ kann man dabei wie im Vertrieb sehen. Ich muss überzeugende Argumente liefern, immer wieder nachhaken, ohne Angst, den Leuten auf die Nerven zu gehen, um erfolgreich zu sein. Ganz wichtig ist es für einen langfristigen Erfolg, ein Netzwerk aufzubauen. Wenn zum Beispiel in der Region kontinuierlich Ingenieure gesucht werden, dann erstelle ich einen eigenen Talentpool auf mit Leuten, die vielleicht gerade kein Interesse haben, aber im nächsten Jahr mit uns wieder ins Gespräch kommen könnten. So baut man seine eigene interne Headhunter-Abteilung auf.

Welche weiteren Plattformen neben LinkedIn und Xing empfehlen Sie?  

Bieber: Instagram ist die Nummer 1 im Personalmarketing. Hier kann ich mich präsentieren und meine Marke aufbauen und gut über Content bespielen. Facebook hat zwar mehr Benutzer, ist aber in den letzten Jahren sehr inaktiv geworden, wodurch ich davon eher abrate. TikTok ist nach Instagram der zweitstärkste Kanal. Hier sind wir stark im Entertainmentbereich. Das ist interessant für Schüler und Berufseinsteiger unter 25 Jahren. Weitere Kanäle wie Snapchat oder Twitter sind für den Bereich eher weniger interessant. Was noch spannend sein kann ist der Videokanal Youtube.

Und worauf sollte man beim Bespielen der Kanäle achten?

Bieber: Bei allen Kanälen ist ein häufiger Fehler, dass sich im Vorfeld nicht überlegt wird, was man eigentlich erzählen möchte. Nur den Obstkorb oder Bürohund zu posten, reicht nicht aus, um Leute zum Abonnieren zu bringen. Hier braucht man eine richtige Content-Strategie, über die ich meine Arbeitgebermarke darstelle und zeige, wofür ich stehe.

Trotz der neuen Möglichkeiten ist die klassische Stellenanzeige nach wie vor beliebt. Wie können Unternehmen diese optimieren?

Bieber: Der Jobtitel ist das Wichtigste. Er ist das Erste, was die Menschen sehen. Wenn sie diesen nicht verstehen, dann klicken sie auch nicht.  Der Jobtitel sollte geprüft und SEO-optimiert sein. Hier rate ich immer die Frage zu stellen, wonach die Menschen wirklich suchen. Klicken sie auf den Job als File Manager oder doch auf den Sachbearbeiter im Rechnungswesen? Hier gibt es auch viele (kostenlose) Tools, beispielsweise Google Trends, über die jeder Arbeitgeber schauen kann, wonach gesucht wird.

Im Anschluss geht es um den Text. Nach neun Sekunden beurteilen Menschen, ob sie weiterlesen möchten. Daher ist ein kurzer Text über die Arbeitgebermarke wichtig. Die anschließenden Bullet Points müssen richtig überzeugen. Es geht schließlich darum, Menschen dafür zu begeistern, den Großteil ihrer Zeit für diese eine Stelle einzusetzen. Für die Aufgaben sollten nicht mehr als 4-5 Bullet Points angesetzt sein, denn Studien belegen, dass die meisten Arbeitsuchenden über das Smartphone kommen. Mein letzter Tipp ist es, die Benefits wirklich greifbar zu machen und transparent zu zeigen. Wenn es beispielsweise um Homeoffice geht, dann sollten Unternehmen am besten direkt mit anzugeben, wie viele Tage in der Woche im Homeoffice möglich sind.

Interview: Teresa Zwirner

Zur Person

Peer Bieber ist Gründer und Geschäftsführer der ArbeitgeberGold GmbH.