Viele tun es, aber sprechen nicht gerne darüber: Über Outsourcing – dem partiellen Auslagern von Fertigung, IT-Prozessen oder Dienstleistungen – wird im Unternehmen als strategisches „Tool“ zur betrieblichen Kostenoptimierung meistens lieber hinter verschlossener Tür diskutiert.
Redaktionen, die Firmen dazu bewegen wollen, über ihre Erfahrungen mit dem Auslagern von Produktionsabläufen oder IT-Schnittstellen zu sprechen, beißen oft auf Granit: Für die meisten Firmen scheint Outsourcing kein „sexy“ Thema zu sein. Die unternehmerischen Outsourcing-Aktivitäten als externes Kommunikationsthema freiwillig in die Öffentlichkeit transportieren, das möchte eigentlich kaum einer.
Verständlicherweise wollen sich Firmen nicht dabei über die Schulter blicken lassen, wo und bei welchem externen Dienstleister ihre großen und sensiblen Datenmengen gestemmt werden. In Zeiten von Hackerangriffen, Datendiebstahl, Industriespionage und der neuen Datenschutzverordnung sind die Sorgen um die eigene IT-Sicherheit sowohl bei kleinen als auch großen Unternehmen latent spürbar. Deshalb halten sich Firmen mit Auskünften über interne Geschäftsstrategien und Einsparmöglichkeiten durch das Auslagern von IT-Prozessen, Personaldienstleistungen oder Fertigungssegmenten lieber zurück.
Laut einer aktuellen Studie des Digitalverbands Bitkom sind bereits sieben von zehn Industriefirmen in Deutschland das Ziel von digitalen Angriffen geworden. Eine Zahl, die aufschreckt und die sich auch auf die Gedankenspiele von Unternehmen auswirkt, künftig weitere Produktionsschritte oder Dienstleistungen in fremde Hände zu geben.
Risiko IT-Outsourcing
Die Zeiten haben sich geändert: Bis kurz vor dem weltweiten Börsencrash im Jahr 2008 lagerten viele deutsche Unternehmen munter und ungebremst ihre IT-Prozesse und Web-Entwicklungen aus – IT-Outsourcing von Deutschland nach Asien boomte. Doch nicht nur die Finanzkrise um die US-Investmentbank Lehman Brothers brachte deutsche Firmen zum Umdenken und führte dazu, einige Verträge mit den Outsourcing-Partnern in Indien oder Indonesien aufzukündigen.
Es zeigten sich im Nachhinein zwei gravierende Nachteile des IT-Outsourcings in ferne Länder: Zum einen schienen sich deutsche Firmen auf die Kulturunterschiede nicht ausreichend genug vorbereitet zu haben. Zum anderen stellte sich im Laufe der Zeit heraus, dass die Steuerung von IT-Projekten zwischen Deutschland und Fernost trotz moderner Kommunikationstechniken auch Risiken barg.
So wie in der Liebe eine Fernbeziehung in der Regel schwer aufrechtzuerhalten ist, so war die große Distanz auch für die Firmen ein Problem: Auf Dauer lassen sich partnerschaftliche oder geschäftliche Wünsche und Ziele eben immer noch in einem persönlichen Gespräch am besten klären. Während der erste Boom um IT-Outsourcing auf dem asiatischen Markt etwas abzuebben schien, entdeckten deutsche Firmen in der Folgezeit plötzlich Osteuropa als möglichen Markt, um kostengünstig IT-Prozesse auszulagern.
Auch in der Kreativwirtschaft wird das Auslagern von IT-Prozessen gerne genutzt – insbesondere im Bereich „Cloud Computing“. Vor allem Werbeagenturen, die für ihre Industriekunden aufwendige 3D-Animationen erstellen, haben im Alltag oft mit riesigen Datenmassen zu kämpfen. Da die Datenberechnungsvorgänge bei Animationssequenzen die eigenen Speicherkapazitäten sprengen würden, nehmen Werbeagenturen oft Cloud-Services und Rechenzentren von sogenannten „Render-Farmen“ in Anspruch, die wahlweise in Berlin, Karlsruhe oder Paris sitzen.
Auslagern von Geschäftsbereichen, Dienstleistungen und Arbeitsschritten
Einige Firmen setzen aber auch auf das Auslagern von Geschäftsbereichen, Dienstleistungen und Arbeitsschritten direkt vor der Haustür. Speziell bei komplexen oder umfangreichen Bewerberverfahren greifen Firmen mit dünn besetzter Personalabteilung gerne auf die Expertise von erfahrenen und ortsnahen Personaldienstleistern zurück.
Manchmal kommt es aber vor, dass Unternehmen ihre Auslagerungsaktivitäten nach reiflicher Überlegung wieder verwerfen und künftig lieber eigene Lösungen für interne Prozessabläufe und hauseigene IT-Infrastrukturen entwickeln wollen. Vor Kurzem wurde publik, dass der Lebensmitteldiscounter Lidl mit Sitz in Neckarsulm zu seinem eigenen Warenwirtschaftssystem zurückgekehrt ist und auf dessen Weiterentwicklung setzt, statt von der externen Softwarelösung von SAP Gebrauch zu machen.
Trotz eines bereits getätigten Investitionsvolumens von 500 Millionen Euro war Lidl mit dem von SAP entwickelten Warenwirtschaftssystem offenbar nicht zu 100 Prozent zufrieden und stoppte daher die externe Kooperation mit dem Software-Giganten aus Walldorf.
Andreas Scholz