Spagat zwischen Familie und Beruf

Für Frauen ist es oft nicht einfach, Job und Familie unter einen Hut zu bekommen. Für Alleinerziehende ist es noch schwieriger. Susanne Kapfhamer meistert diese Herausforderung. Die 48-Jährige kümmert sich um zwei Kinder und sorgt für den Lebensunterhalt – alleine.

Die Frau aus Rosengarten war jahrelang als Leiterin eines Kindergartens tätig – bis zu ihrem letzten und dritten Hörsturz im Jahr 2007. „Erzieherin war immer mein Traumberuf. Aber der Hörsturz war so heftig, das ging nicht mehr“, sagt sie. Noch heute trägt sie Hörgeräte, hat einen Tinnitus und ist teilweise sehr geräuschempfindlich. Eine Rückkehr in den Kindergarten war unvorstellbar. Während ihrer Zeit in einer Rehabilitationseinrichtung hat sie von Teilzeitausbildungen gehört. „Für mich war klar, wenn ich umschule, dann nur in Teilzeit.“ Finanziell war die Familie nicht auf das Geld angewiesen. Ihr damaliger Mann hat gut verdient. Ihr Arbeitgeber, die Stadt Schwäbisch Hall, war mit einer Umschulung zur Kauffrau für Bürokommunikation einverstanden. Ausbildung heißt aber auch Berufsschule: „Ich saß dann mit 16-Jährigen zusammen in einer Klasse. Manche Lehrer waren jünger als ich“, erinnert Kapfhamer sich. Aber sie sei gut aufgenommen worden, hätte Freundschaften geknüpft.

Die Trennung

Aber dann veränderte sich ihr Leben: Es war Anfang 2010, als sich das Ehepaar voneinander getrennt hat. „Das war für die ganze Familie eine Umstellung“, sagt die 48-Jährige, die mit den beiden Kindern Paul und Annaleen, mittlerweile 12 und 22 Jahre alt, im Haus geblieben ist. Auf einmal war sie alleine dafür zuständig, sich um den Alltag ihrer Kinder zu kümmern. „Ich habe meine Eltern in Schwäbisch Hall. Die haben viel geholfen und auch gute Freunde aus der Nachbarschaft sind immer wieder eingesprungen. Ohne die wäre es nicht gegangen“, sagt Kapfhamer. Umso besser war es, dass die Umschulung nur eine 50-Prozent-Stelle war. „Lernen war dann abends angesagt“, erinnert sie sich. Neben der emotionalen Belastung, der großen Verantwortung und der Umstellung hat sie 2011 ihre Ausbildung abgeschlossen. Danach wurde sie von der Stadt Schwäbisch Hall übernommen. Da ist sie auch heute noch in einer 70-Prozent-Stelle tätig. Mittlerweile ist sie sogar wieder im Fachbereich Jugend, Schule und Soziales

angekommen. Das hat viele Vorteile für die Alleinerziehende: Ihr Arbeitgeber bietet ein Gleitzeit-Modell. Sie arbeitet teilweise wieder mit ihren alten Kollegen aus ihrer Zeit im Kindergarten zusammen. „Und das Gute ist, jetzt kann ich im Feierabend abschalten“, erzählt die zweifache Mutter. Früher habe sie oft noch an die Arbeit gedacht – auch nach Feierabend – und sich selbst nachts Notizen gemacht. Außerdem erlauben ihre Arbeitszeiten auch ein gemeinsames Mittagessen mit ihren Kindern: „Mir ist es wichtig, dass wir regelmäßig zusammen essen. Dafür fange ich dann mal früher an“, erzählt Kapfhamer.

Keine Vollzeitstelle

Aber einen Nachteil hat der gesundheitsbedingte Jobwechsel für sie: „Ich verdiene deutlich weniger als vorher.“ Die Umschulung habe sie begonnen, als sie noch der Zweitverdiener der Familie war. Jetzt ist sie der Hauptverdiener. Nun muss sie haushalten. „Die finanzielle Situation ist meine größte Herausforderung. Ich muss irgendwann wieder 100 Prozent arbeiten“, sagt Kapfhamer, die ihren Kindern ermöglichen möchte, weiterhin in dem gemeinsamen Haus in Rosengarten zu leben. Aber dadurch gebe es eben die Monate, in denen sie gerade so mit Gehalt, Kindergeld und Unterhalt auskomme. „Ich war ein paar Jahre lang nicht im Urlaub“, sagt sie. Aber ihren Kindern versuche Kapfhamer viel zu ermöglichen. Wünscht sich Paul Markenschuhe, die eigentlich zu teuer wären, schauen sie gemeinsam im Internet nach reduzierter Ware. Das sei für beide ein guter Kompromiss.

Eine weitere Herausforderung kommt auf die Mutter zu, wenn ihr Sohn krank wird. Er ist jetzt zwölf Jahre alt und sie hat nun keinen Anspruch auf eine Krankschreibung, wenn er fiebrig ist. Umso besser, dass sie eine Kollegin hat, die dann auch mal kurzfristig einspringt. Durch das Gleitzeit-Modell lasse sich das so auch mit ihrer Arbeitszeit koordinieren. Aber es müsse eben organisiert werden. Nur so sei der Spagat zwischen Kindern und Beruf zu schaffen.

Anja Gladisch