Talentschmiede ganz anders

Kam aus Kalifornien nach Heilbronn: Thomas Bornheim wechselte von Google in die Geschäftsführung der Programmierschule 42, weil ihn das Konzept überzeugt. Foto: 42 Heilbronn

Die Programmierschule 42 Heilbronn startet 2021, die Bewerbungsphase läuft bereits. Im Interview verrät CEO Thomas Bornheim, wie dort Bildung neu gedacht wird und was diese Ansiedlung für die Stadt und die Region Heilbronn-Franken bedeutet.

Sie waren 14 Jahre bei Google und sind aus dem Silicon Valley nach Heilbronn gekommen. Was reizt Sie daran, die Programmierschule 42 aufzubauen?

Thomas Bornheim: Es gibt Themen, in denen ich etwas bewegen will. Die Bildung ist eines davon. Schon während meiner Zeit bei Google habe ich überlegt, wie ich dabei helfen kann, die Welt in diesem Bereich ein wenig zu verbessern und jungen Menschen die Informationen zu liefern, die sie brauchen, um sich weiterzuentwickeln. Das Projekt 42 Heilbronn hat mich überzeugt, weil dabei Bildung in gewisser Weise neu gedacht wird. Es geht darum, nach vorne zu schauen und Menschen auszubilden für ein neues Zeitalter, für neue Anforderungen, mit einem innovativen, ganz neuen Lernmodell. Es geht darum, Menschen Wege aufzuzeigen, Dinge zu tun, die es so noch gar nicht gibt.

Was unterscheidet die Programmierschule 42 von anderen Bildungseinrichtungen?

Bornheim: Wer an der 42 Heilbronn lernen will, wie man programmiert, braucht keinen Abschluss und keine Vorkenntnisse. Die einzige Bedingung ist ein Mindestalter von 18 Jahren. Wir stehen allen kostenlos offen, die aus eigenem Antrieb und in Selbstorganisation lernen wollen – das ist die Vision. Ob jemand das Talent zum Coden hat, prüfen wir durch Logiktests und eine vierwöchige Vorauswahl. Es gibt keine Lehrer oder Dozenten, aber es gibt projektbasierte Aufgaben, die es zu lösen gilt. Die kann man sich ähnlich wie in einem Computerspiel aussuchen, nach der Lösung mit komplexeren Aufgaben weitermachen und dadurch Erfahrungspunkte sammeln und in höhere Level aufsteigen. Das dafür erforderliche Wissen muss man sich selbst aneignen, etwa durch Internetrecherche. Es gibt auch keine klassischen Prüfungen. Entweder funktioniert der Code – oder eben nicht. Das spielerische Lernmodell ist unkonventionell, aber sehr praxisnah. Das erprobte Konzept wurde von Pädagogen entwickelt und wird international in unserem Netzwerk an 32 Standorten in 20 Ländern eingesetzt.

Heilbronn ist neben Wolfsburg eine der ersten Deutschland-­Filialen des Netzwerks 42. Was spricht aus Ihrer Sicht für den Standort?

Bornheim: Ich persönlich finde Heilbronn super und habe den Eindruck, dass hier die richtigen Leute zusammenkommen, um etwas zu bewegen. Mit dem Bildungscampus und auch der Bundesgartenschau ging ein richtiger Innovationsruck durch die Stadt. Es ist ein tolles Umfeld für Studierende und es gibt hier sehr aktive Gründerinitiativen. Für uns als Schule ist auch die umliegende Region der Weltmarktführer mit ihren Hidden Champions und Sleeping Giants enorm spannend. Wir haben hier die Möglichkeit, einzigartige Praktika in Kooperation mit tollen Unternehmen anzubieten.

Inwiefern werden Heilbronn und die Region von der Schule profitieren?

Bornheim: Durch die 42 Heilbronn werden frische Köpfe in die Region kommen, aus allen Altersstufen. Wir stoßen da etwas Neues an und bieten talentierten Menschen eine Plattform. Ganz praktisch wird die Schule dazu beitragen, den hohen Bedarf an Programmierern zu decken. Es werden sicher auch viele Gründungen daraus hervorgehen. Zudem hoffe ich, dass sich durch neue Leute auch neue kulturelle Projekte ergeben, die über die Schule hinaus die Stadt und die Region bereichern werden.

Meilenstein für die Zukunftsfähigkeit der Region

Unterstützt wird die Programmierschule 42 von der Dieter Schwarz Stiftung. Dadurch wird ermöglicht, dass die Studierenden kostenfrei lernen können. Prof. Reinhold Geilsdörfer, CEO der Stiftung, sagt : „Als Dieter Schwarz Stiftung engagieren wir uns seit Jahrzehnten im Bildungsbereich. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Digitalisierung unserer Welt sehen wir heute eine besondere Dringlichkeit, dieses Engagement weiter auszubauen. IT-Fachkräfte werden für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft eine immer größere Rolle spielen. Deshalb ist es wichtig, dass wir jetzt in diesen Bereich investieren und neue, innovative Lehrangebote schaffen. Die Region Heilbronn ist in den vergangenen Jahren zu einem IT-Standort mit einem breiten Ausbildungsangebot herangewachsen. 42 Heilbronn ergänzt mit seinem einzigartigen Ansatz und einem starken internationalen Netzwerk das bestehende Angebot optimal. Wir sind von dem Konzept begeistert und sind uns sicher, dass Unternehmen und Nachwuchstalente gleichermaßen von dieser Kooperation profitieren werden.“

Interview: Dirk Täuber